Unter goldenen Schwingen
zog sich mit einem grauenhaften, schleimigen Geräusch in das Innere des Mannes zurück, um dem goldenen Lichtschein zu entkommen. Der Mann stolperte rückwärts auf seine Freunde zu, deren Kreaturen sich ebenfalls kreischend zurückzogen, und die Männer drängten zurück in den Schatten.
Nathaniel trat strahlend neben mich. Er war so in Rage, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Gleißende Flammen schlugen wie Sonneneruptionen auf seiner Haut aus, so hell, dass sie das Wrack und die Böschung bis zur Friedhofsmauer mit Licht fluteten.
Die Männer wurden von den widerlichen Kreaturen zurück in die Dunkelheit gedrängt, und das wütende Kreischen der hässlichen Wesen wurde leiser, je weiter sie sich von uns entfernten.
Nathaniel streckte seine Hand nach mir aus. Ich ergriff sie zitternd und ließ mich von der Motorhaube ziehen. Seine Haut brodelte wie flüssiges Gold, doch ich spürte keine Hitze, und das gleißend goldene Strahlen verletzte mich nicht. Sein Gesicht war so voller Zorn, und gleichzeitig so unwiderstehlich schön – ich starrte ihn atemlos an, als er mich an sich zog, seine mächtigen Schwingen ausgebreitet wie glitzernde Schilde.
Niemals war er mir schöner erschienen, als in diesem Augenblick. Er sah mir in die Augen, seine Hand umfasste meinen Nacken, und zog meinen Kopf langsam zu sich heran. Ich hielt den Atem an, als ich das Prickeln seiner flammenden Haut auf meinem Gesicht spürte. Langsam, ganz langsam näherte er sich mir. Mein Herz schlug wie verrückt.
Er blickte in meine Augen, erwartete schweigend mein Einverständnis, bevor er seine Lippen auf meine senkte, unendlich zärtlich und sanft. Die Berührungseiner Lippen raubte mir den Atem. Ich erwiderte seinen Kuss, und als er meine Reaktion spürte, wurde er leidenschaftlicher, fordernder. Er war stürmisch und zugleich zärtlich, seine Finger gruben sich in mein Haar, und er hielt mich in seiner kraftvollen Umarmung. Es war der vollkommene Kuss.
Im nächsten Augenblick stürzte die Welt ein.
Nathaniel wurde gewaltsam aus meinen Armen gerissen, sein goldenes Licht erlosch, und Dunkelheit brach über mich herein wie der Untergang der Welt. Ich hörte Nathaniel schreien – ein Schrei, der mir durch Mark und Bein ging.
Um mich herum erschienen Hunderte Inferni aus dem Nichts, und die hässlichen, geflügelten Kreaturen krochen wieder aus den Körpern der Männer und kreischten vor Begeisterung, während sie sich auf mich stürzten.
Es war Lazarus, der mich zuerst erreichte. Ich stand wie erstarrt an der Stelle, an der Nathaniel mir entrissen worden war, und es fühlte sich an, als hätte man mir die Seele aus dem Leib gerissen. Gelähmt vor Entsetzen, unfähig, auch nur ein Wort zu sprechen, hob ich meinen Blick und sah in Lazarus‘ triumphierendes Gesicht. Seine roten Augen glühten und seine Lippen verzerrten sich zu einem grausamen Lächeln.
Er beugte sich zu mir und flüsterte nur ein Wort.
» Danke .«
Im nächsten Augenblick stürzten sich die Inferni auf mich. Ich trat und schlug nach ihnen, griff nach Lazarus, krallte meine Finger in seine Flügel, schrie vor Angst und Schmerz und Verzweiflung.
»Victoria!«
Ich schlug mit beiden Fäusten gegen sein Gesicht, doch er griff meine Handgelenke mühelos und zwang meine Arme zur Seite.
»Ich bin es!«
Seine Stimme ließ mich erstarren. Ich blinzelte keuchend und sah mich panisch um.
Meine Umgebung hatte sich verändert. Das Licht der Straßenbeleuchtung schien in mein Zimmer. Etwas Goldenes schimmerte dicht vor mir.
Kalter Schweiß stand auf meiner Stirn und ich atmete heftig. Ich brauchte einige Augenblicke, um mich zu beruhigen.
»Schon wieder …?«, murmelte ich schließlich. Meine Stimme war ein heiseres Krächzen. Ich wehrte mich nicht länger gegen seinen Griff, sondern ergab mich matt in seine Gewalt.
Nathaniel gab meine Handgelenke frei. »Ich fürchte, ja.« Er blickte mich sorgenvoll an.
Ich hob meine zitternden Hände und legte sie an sein Gesicht. »Geht es dir gut?«, fragte ich heiser. Die Panik in meiner Stimme ließ sich nicht verbergen. »Bist du verletzt?« Ich fühlte, wie sich Nathaniels Kiefermuskeln verspannten.
»Er hat es schon wieder getan?« Sein Körper glühte vor Zorn. Er musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Es geht mir gut. Hab keine Angst.«
Ich verbarg mein Gesicht an seiner Brust. Mein ganzer Körper zitterte. Nathaniel schloss mich in die Arme. Er breitete seine Flügel
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