Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
nickte, »gute Nacht, Chef.«
»Gute Nacht«, Nick legte die Hand auf die Türklinke und lächelte, »wir werden uns von denen nicht unterkriegen lassen.«
»Nein«, Howard erwiderte sein Lächeln, doch es erlosch, als der Bürgermeister das Zimmer verlassen hatte. Schade. Schade um diesen Mann. Männer wie Nick Kostidis gab es nur sehr selten. Aber nun war er einem mächtigen Mann zu sehr auf die Füße getreten. Für ihn gab es keine Zukunft mehr und es war eindeutig besser, auf der Seite des Mannes zu stehen, der noch eine besaß. Der Bürgermeister von New York City hatte nur noch höchstens 24 Stunden zu leben.
***
Ein strahlendblauer Himmel wölbte sich über den Wolkenkratzern der City und verhieß einen weiteren heißen Tag, als Alex mit einem Taxi zum LaGuardia Airport fuhr. Der gestrige Abend hatte ein eigenartiges Gefühl in ihr hinterlassen. Bisher hatte sieNick Kostidis verdächtigt, sie lediglich als Mittel für seine Zwecke benutzen zu wollen, aber dessen war sie sich nun nicht mehr sicher. Gestern hatte sie ihn von einer Seite kennen gelernt, die ihr durchaus sympathisch war, und das erfüllte sie mit Unsicherheit, aber gleichzeitig mit Neugier. Sie bedauerte, dass sie ihr Gespräch mit Nick nicht hatte fortsetzen können, denn sie hätte gerne gewusst, was er ihr hatte sagen wollen. Zweifellos hatte er sich mehr Gedanken über sie gemacht, als sie angenommen hatte, und sein Interesse hatte sie berührt. Er war nicht der besessene Fanatiker als den Sergio ihn bezeichnete, er war menschlich und ungekünstelt, ganz im Gegensatz zu den meisten Leuten, die sie in New York kennen gelernt hatte, und die ihre Mitmenschen nur unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit betrachteten. Nick Kostidis war anders und Alex musste sich eingestehen, dass sie ihm Unrecht getan hatte. Das Taxi hielt vor dem Flughafengebäude. Sie zahlte und stieg aus. Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie Oliver am Schalter von Delta-Airlines stehen sah. Mehr als ein Jahr war vergangen, seitdem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Alex nahm ihren ganzen Mut zusammen und ging zu ihm hinüber.
»Hi«, sagte sie, als sie endlich vor ihm stand.
»Hi, Alex«, seine grauen Augen hinter den runden Brillengläsern musterten sie aufmerksam. Er wirkte so gelassen und unerschütterlich wie immer. Auf einmal merkte sie, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Sie lächelte schüchtern und da lächelte er auch. Er breitete die Arme aus und sie fiel ihm um den Hals.
»Bist du noch sauer auf mich?«, flüsterte sie und Oliver schüttelte stumm den Kopf. »Es tut mir schrecklich leid, was dir passiert ist. Ich hatte keine Ahnung, bis Mark mir davon erzählt hat.«
»Ich hab’s überlebt.« Oliver hielt sie für einen Moment fest an sich gedrückt, dann blickte er sie prüfend an. »Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«
»Ich wünschte, ich hätte auf dich gehört«, Alex stieß einen Seufzer aus, »aber jetzt stecke ich viel zu tief in allem drin. Danke, dass du mir hilfst.«
»Ich lass mich doch nicht von so ein paar Mafia-Schlägern einschüchtern«, sagte er leichthin und Alex wusste nicht, ob sielachen oder weinen sollte. Aber mit einem Mal erschien ihr die Angst, die ihr ständiger Begleiter geworden war, ein wenig erträglicher.
»Ich hab dich vermisst, Alex«, sagte Oliver leise und nahm ihr Gesicht in seine Hände, »und ich hab mir große Sorgen um dich gemacht.«
»Ich hab dich auch vermisst.« In ihrer Kehle saß ein dicker Kloß und sie wischte sich mit dem Handrücken eilig eine Träne ab, als sie Mark durch die Halle kommen sah. Oliver ergriff ihre Hand und drückte sie fest.
Um Viertel vor neun bestiegen sie die Frühmaschine nach Boston. Während des Fluges sprachen sie über ihren Verdacht. Oliver erklärte Alex und Mark, wie die Registrierung einer International Business Corporation auf den British Virgin Islands vor sich ging, und was er durch seinen Freund Justin zu erfahren hoffte. Am Flughafen in Boston mieteten sie ein Auto bei Budget und fuhren nach Cambrigde, wo sich das weltberühmte Massachusetts Institute of Technology befand. Justin Savier erwartete sie am Eingang des Wiesner Building, einem futuristischen Gebäude, in dem sich das Media Lab befand. Justin war nicht der weltfremde Computerfreak, mit dem Alex gerechnet hatte, sondern ein hagerer, sonnenverbrannter Mann mit einer Masse dunkler Rastazöpfe, der Jeans, Turnschuhe und ein ausgewaschenes T-Shirt trug. Nachdem die drei Männer sich herzlich begrüßt
Weitere Kostenlose Bücher