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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Alex hatte ihn voller Empörung angerufen und er hatte sich zwingen müssen, ihr ruhig zuzuhören, denn am liebsten hätte er sie angeschrien. Sie war am Samstagabend in Gracie Mansion beim Bürgermeister zu Gast gewesen! Spielte sie ein doppeltes Spiel oder weshalb hatte sie ihm nichts von dieser Einladung erzählt? Worüber hatte sie mit Kostidis geredet? Ahnte sie, dass er hinter dem Bombenanschlag steckte, der seit Tagen das Hauptgesprächsthema in der Stadt war? Er durfte Alex auf gar keinen Fall unterschätzen. Sie war zu clever, als dass er sich einen Fehler erlauben durfte, und im Moment kam es ihm beinahe so vor, als ob sie ihn genau dazu provozieren wollte. Und durch St. Johns Dummheit konnte sie hellhörig werden.
    »Wir müssen irgendetwas gegen sie in der Hand haben«, überlegte Levy gerade, »aber was?«
    Sergio räusperte sich. Er hatte seit Tagen darüber nachgedacht und wusste, dass Levy Recht hatte. Seitdem er erfahren hatte, dass Alex in Gracie Mansion gewesen war, misstraute er ihr ganz und gar.
    »Wir werden ein auf ihren Namen lautendes Konto eröffnen und dort Geld einzahlen, das aus Geschäften stammt, die sie für LMI macht. Wir schicken jemanden auf die Bahamas, eine Frau, die ihr ähnlich sieht, buchen einen Flug auf ihren Namen und wenn sie dort ein Konto hat, haben wir sie in der Hand.«
    »Hm«, Levy runzelte nachdenklich die Stirn, »das hört sich ganz gut an.«
    Sergio griff in die Innentasche seines Jacketts.
    »Hier ist ihr Pass«, sagte er, »ich habe im Moment viel um die Ohren. Kümmere du dich um St. John und sieh zu, dass Ruhe einkehrt. Das Letzte, was ich jetzt brauchen kann, sind unnötige Probleme.«
    »Aber ... ich ...«, Levy zögerte.
    »Ja?«
    »Äh ... ich weiß, dass Alex und du ... nun ... äh ...«
    »Ich vögele sie hin und wieder«, Sergio verzog keine Miene. »Na und? Das heißt noch lange nicht, dass ich deshalb irgendein geschäftliches Risiko eingehe. Tu, was du für richtig hältst. Meinen Segen hast du.«
    ***
    Das Zimmer war groß und hell. Vom Fenster aus, das mit einem maschendrahtdünnen Gitter versehen war, hatte man einen herrlichen Blick über den Central Park, doch Nick sah weder die grünen Blätter und den silbrig schimmernden See, noch hörte er die fröhlichen Kinderstimmen und das Hundegebell, das aus dem Park durch das halbgeöffnete Fenster drang. Er saß zusammengesunken auf einem Stuhl und starrte blicklos auf die Wand. Die Hände, mit denen er sonst so lebhaft gestikulierte, waren verbunden und lagen schlaff in seinem Schoß. Die Brandwunden in seinem Gesicht wirkten gegen die tödliche Blässe seiner Haut blutrot. Frank Cohen kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen, als er seinen Chef so sah. Derjenige, der Mary, Christopher und Britney Edwards in der Absicht, Nick zu erwischen, getötet hatte, hatte sein Ziel erreicht. Der Nick Kostidis, den Frank gekannt hatte, war in jener Sekunde, in der seine Familie zu Asche verbrannte, gestorben. Dies hier war nur noch der Schatten des Mannes, der er einmal gewesen war. Frank hätte so gerne etwas Tröstliches gesagt, etwas Mitfühlendes, Verständnisvolles, etwas, was Nick in einer solchen Situation gesagt hätte, aber ihm fiel nichts ein.
    »Hallo«, sagte er befangen. Nick drehte sich langsam um und Frank erschrak, als er den stumpfen, erloschenen Blick aus blutunterlaufenen Augen sah. Die Brand-und Fleischwunden an seinem Körper würden verheilen, aber wie es mit den seelischen Verletzungen sein würde, konnte wohl niemand sagen.
    »Frank«, Nicks Stimme klang heiser und fremd. Die Medikamente hatten ihn in eine abgrundtiefe, stoische Ruhe versetzt, die an dem sonst so lebhaften und agilen Mann erschreckend wirkte.
    »Christophers Auto sprang nicht an«, sagte er unvermittelt. »Ich habe vorgeschlagen, dass sie meinen Wagen nehmen. Wegen der Hitze wollten sie nicht zu spät losfahren.«
    Frank biss sich auf die Lippen, um nicht zu weinen.
    »Ich habe darauf bestanden. Ich konnte ja nicht ahnen …«, Nick brach ab und holte gequält Luft, »jetzt sind sie tot. Und ich bin daran schuld.«
    »Das sind Sie nicht«, widersprach Frank leise.
    »Doch. Ich habe diese Briefe nicht ernst genommen. Ich habe nicht auf Mary gehört. Ich bin schuld, dass sie sterben mussten.«
    Nicks Gesicht war ausdruckslos. Er schien weder verzweifelt noch einem Nervenzusammenbruch nahe zu sein. Er war vollkommen emotionslos, und das war beängstigend.
    »Ray war der Maulwurf, den ich gesucht habe. Er wusste von der

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