Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
falsche Namen zu geben?« St. John ballte zornig die Faust.
»Wie kommen Sie dazu, auf ihrem Schreibtisch und in ihrem Computer herumzuschnüffeln, und ihr das auch noch auf die Nase zu binden?«, entgegnete Levy ärgerlich. Durch einen Fehler, wie Zack ihn begangen hatte, konnte das ganze lukrative System auffliegen. Alex war zu clever, und wenn sie einmal misstrauisch wurde, konnte das gefährliche Folgen haben.
»So eine blöde Zicke«, sagte Zack, »ich könnte sie ...«
»Sie führen sich wie eine eifersüchtige Primadonna auf«, unterbrach Levy ihn scharf.
»Ich bin nicht eifersüchtig!«, stritt der Managing Director von LMI ab.
»Wie auch immer«, Levy warf einen Blick auf seine Uhr, »ich halte es angesichts der Umstände für angebracht, dass wir uns ein Druckmittel gegen Alex beschaffen.«
»Ein Druckmittel?« Zack blickte erstaunt auf.
»Ja«, der Präsident von LMI klang spöttisch, »dank Ihrer hysterischen Reaktion ist es möglich, dass sie Verdacht schöpft. Und sie ist intelligent genug, um alles zu durchschauen.«
Er öffnete seine Schreibtischschublade, nahm einen deutschen Reisepass heraus und warf ihn vor Zack auf die Schreibtischplatte.
»Das ist ihr Pass. Sie werden noch heute Nachmittag mit einer jungen Dame, die auf Alex’ Namen reisen wird, nach Nassaufliegen. Dort werden Sie ihr behilflich sein, ein Konto bei der Filiale der Schweizer Bank Teignier & Fils zu eröffnen. Sie zahlen
200.000 Dollar in bar ein und reisen wieder ab.« Zack riss die Augen auf, dann grinste er. »Das ist ja wirklich teuflisch gut! Diese Idee könnte glatt von
mir sein!«
Levy zuckte die Schultern und reichte ihm zwei Flugtickets.
»Perfekt. Das haben Sie sich gut ausgedacht, Vince«, Zack rieb sich die Hände. Seine Verärgerung war wie weggefegt, er war wieder ganz oben auf.
»Diese Idee stammt nicht von mir«, antwortete Levy steif.
»Das hätte ich mir denken können«, Zack bedachte seinen Chef mit einem verächtlichen Blick, ergriff die Tickets und den Pass, »so viel Fantasie besitzen Sie nicht.«
»Ich verbitte mir Ihre unangemessenen Kommentare«, sagte Levy. »Vergessen Sie nicht, weshalb Sie im Vorstand von LMI sind. Ein weiterer Fauxpas wie dieser und Sie können die Post sortieren.«
Zacks Gesicht verdunkelte sich und in seinen Augen erschien ein hasserfüllter Ausdruck.
»Übrigens, Zack«, Levy lächelte leicht, »am Montag fliegen Sie nach L. A. Sie werden dort bleiben, bis sich hier die Wogen etwas geglättet haben. Wir können es uns nicht leisten, Alex zu verärgern.«
»Wie Sie befehlen, Sir «, Zack deutete eine übertrieben devote Verbeugung an. »Ich habe übrigens erfahren, dass unsere hochgeschätzte M & A-Leiterin am nächsten Donnerstag einen Termin mit Michael Whithers von Whithers Computers in Dallas hat. Könnte eine große Sache werden, wenn Sie sich nicht blöd anstellt.«
»Blöd angestellt hat sich bisher nur einer«, Levy lächelte kühl, »und das waren Sie, mein Bester.«
Zack zog eine Grimasse. Alex würde ihr blaues Wunder erleben, und dieser arrogante Idiot von Levy auch, wenn er ihn weiterhin so abfällig behandelte. Er wusste genug, um den ganzen Laden hochgehen zu lassen.
***
Pater Kevin O’Shaughnessy zögerte keine Sekunde, als Frank Cohen ihn um Hilfe bat. Er war erst tags zuvor aus Europa zurückgekehrt und hatte ohnehin mit dem Gedanken gespielt, seinen alten Freund zu besuchen. Im Mount-Sinai-Krankenhaus erfuhr er, dass die Ärzte seinen Besuch als einen letzten Versuch ansahen, bevor sie ihren prominentesten Patienten auf die psychiatrische Station verlegten. Er saß auf dem Stuhl am Fenster und starrte auf seine Hände.
»Guten Abend, Nicholas«, sagte Pater Kevin. Nick hob den Kopf, in seinen Augen glomm ein Funke des Interesses auf, der aber sofort wieder erlosch.
»Guten Abend, Pater«, erwiderte er gleichgültig. Das Herz des Jesuitenpaters wurde schwer vor Mitleid, als er erkannte, was das Schicksal diesem einst so energiegeladenen und furchtlosen Menschen angetan hatte. Vor ihm saß ein gebrochener Mann. Nick Kostidis lebte, aber er war nicht mehr der, der er gewesen war. In seinen dunklen Augen standen das Grauen und Entsetzen, das er erlebt hatte und das ihn noch immer verfolgte. Kevin O’Shaughnessy kannte diesen Ausdruck nur zu gut. So hatten viele der Soldaten ausgesehen, die aus Vietnam heimgekehrt waren. Manche von ihnen hatten das Trauma des Krieges niemals überwinden können, sie konnten die Toten und die Gräuel, die sie
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