Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
und das werde ich ihr niemals verzeihen! Sergio Vitali wird von seiner Frau verlassen! Das ist ungeheuerlich!«
In Wirklichkeit war es nicht seine Frau, über die er sich ärgerte. Was ihn wirklich rasend machte, war die Tatsache, dass Alex, dieses hinterhältige Biest, ihn belogen hatte! Sie hatte ihm erzählt, sie sei mit den Downeys auf Long Island, dabei schlich sie sich hinter seinem Rücken zu Kostidis!
»Silvio«, sagte Sergio nach einer Weile mit ruhigerer Stimme, »du sorgst dafür, dass Constanzia hierher zurückkommt. Es ist mir gleichgültig, wie du das anstellst. Aber wenn ich auch nur eine einzige Zeile darüber in der Zeitung lesen muss, bist du gefeuert! Capito ?«
Silvio nickte gleichmütig. Er war an die Wutausbrüche seines Chefs seit langen Jahren gewöhnt.
»Moment!« Auf Sergios Gesicht lag ein grausames Lächeln. »Ruf Luca an. Für ihn habe ich noch einen Spezialauftrag.«
Silvio nickte und ging hinaus.
»Was hast du vor, Papa?«, fragte Massimo besorgt. »Was willst du mit Mama machen?«
»Nichts«, Sergio machte eine verächtliche Handbewegung und ging zur Bar, um sich einen Whisky einzuschenken, »ich will nur, dass sie in dieses Haus zurückkehrt.«
»Und dieser Spezialauftrag?«
»Das hat mit deiner Mutter nichts zu tun.« Er trank den Whisky in einem Zug aus. Diese verfluchte Alex sollte ihn kennen lernen! Erst tat sie so, als könne sie es kaum noch erwarten, ihn zu heiraten und mit ihm zu leben, und dann traf sie sich heimlich mit seinem Todfeind!
***
Sie war um kurz vor fünf fertig mit Packen. Ihre gesamte Habe befand sich in 22 Umzugskartons. Nicht gerade viel für eine Frau, die an der Upper West Side wohnt, dachte Alex spöttisch. Sämtliche Möbel, Bilder und Teppiche hatten sich bereits in der Wohnung befunden, als sie eingezogen war. Sie blickte sich ohne einen Anflug von Wehmut um. Es gab keine schönen Erinnerungen, die sie mit dieser Wohnung verband, ganz im Gegenteil. Vielleicht war es naiv anzunehmen, sie könne Sergio entrinnen indem sie die Wohnung wechselte, doch zumindest war sie ihm dann nicht länger verpflichtet. Alex blickte auf die Uhr. Um halb vier wollten die Männer vom Umzugsunternehmen kommen. Ein letztes Mal trat sie hinaus auf die Terrasse, zündete sich eine Zigarette an und blickte zum Central Park hinüber. Ihre Gedanken schweiften zum vergangenen Sonntag zurück. Es hatte sie tief berührt, dass Nick aus Rücksicht auf ihre Sicherheit ihre Informationen nicht benutzen wollte. Sie hatte angenommen, er werde alles tun, um sich am Mörder seiner Frau und seines Sohnes zu rächen, aber der Bombenanschlag und der Schuss auf dem Friedhof hatten ihn zum Nachdenken über die Folgen eines Rachefeldzuges gebracht. Das hatte er ihr gesagt, als er sie am späten Montagnachmittag angerufen hatte. Er hatte sich nach ihrem Befinden erkundigt und sie hatten beinahe eine Viertelstunde miteinander telefoniert, aber er hatte mit keinem Wort erwähnt,was Alex ihm am Sonntag erzählt hatte. In dem Augenblick klingelte es an der Tür. Es konnte ihr nur recht sein, wenn die Umzugsleute früher kamen. Alex ging quer durch die Wohnung und öffnete die Tür. Sie erstarrte. Vor ihr stand Constanzia Vitali.
»Entschuldigen Sie, dass ich hier einfach so auftauche«, sagte Sergios Ehefrau. »Darf ich kurz hereinkommen?«
»A... aber natürlich«, Alex war erstaunt und gleichzeitig verlegen. Hatte Sergio etwa tatsächlich die Scheidung eingereicht? War seine Frau gekommen, um ihr eine Szene zu machen? Constanzia Vitali blieb in der Eingangshalle stehen und blickte auf die Kisten.
»Das sieht ja so aus, als wollten Sie ausziehen.«
»Ja«, Alex lächelte nervös, »das habe ich auch vor.«
»Aber warum? Die Wohnung ist doch wunderschön!«
Alex hatte Sergios Frau nur einmal gesehen, und das lag anderthalb Jahre zurück. Sie war in dieser Zeit sichtlich gealtert. Tiefe Falten hatten sich um ihren Mund in ihr Gesicht gegraben, sie hatte Tränensäcke unter den braunen Augen und konnte nicht verbergen, dass sie sehr unglücklich war. Sie hatte ihren Sohn verloren und Alex glaubte nicht, dass Sergio seiner Frau in dieser schweren Zeit ein Trost gewesen war.
»Es wird Sie nicht erstaunen, wenn ich Ihnen sage, dass die Wohnung Ihrem Mann gehört«, sagte Alex nun, »und da ich ihn nicht mehr sehen möchte, ziehe ich um.«
»Sie verlassen ihn?« Constanzia hob überrascht die Augenbrauen.
»Das habe ich vor«, entgegnete Alex.
»Nun«, Constanzia lächelte mit boshafter
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