Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Ecke Hudson in TriBeCa gibt es ein kleines griechisches Lokal. Es heißt Alexis Sorbas. Es liegt ziemlich versteckt in einer kleinen Gasse.«
»Ich werde es finden«, erwiderte Alex.
»Um neun?«
»Ja. Gerne.«
»Also, bis heute Abend.«
Sie legte auf und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Hatte Nick es sich anders überlegt? Seine Stimme hatte fast so wie früher geklungen, aber Alex empfand nicht mehr den Wunsch, ihm widersprechen zu müssen. Durch Sergio war sie gegen Nick voreingenommen gewesen, doch spätestens seit ihrem Gespräch mit ihm in Gracie Mansion hatte sie ihre Meinung geändert. Seine Verletzlichkeit und Menschlichkeit, die er ihr an jenem Sonntag auf dem Friedhof offenbart hatte, hatte ihre anfängliche Abneigung gegen ihn in tiefen Respekt und Zuneigung verwandelt. Sergio hätte keine Sekunde gezögert, wären ihm solche Informationen angeboten worden. Es hätte ihn herzlich wenig interessiert, ob jemand in Gefahr geriet, wenn er selbst nur einen Vorteil dadurch bekäme. Nick dagegen verzichtete auf seine Rache, weil er sich um ihre Sicherheit sorgte. Das war einfach unglaublich. Es klopfte an der Tür und Mark trat ein.
»Ich habe gerade die Quartalszahlen von Database reinbekommen«, verkündete er, »willst du sie dir anschauen?«
»Später. Danke.«
Mark legte die Mappe auf ihren Schreibtisch und wollte wieder hinausgehen, aber Alex hielt ihn zurück.
»Setz dich bitte einen Moment«, sagte sie. Mark tat wie ihm geheißen und blickte sie abwartend an. Sie zögerte noch. Mark war in den letzten Monaten ein wirklicher Freund geworden.
»Ich treffe mich heute Abend mit Bürgermeister Kostidis«, sagte sie schließlich.
»Aha.«
»Ich denke darüber nach, seitdem wir in Boston waren«, fuhr Alex fort, »und ich bin zu dem Entschluss gekommen, ihn über das zu informieren, was wir herausgefunden haben.«
»Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?«
»Ich weiß es nicht«, Alex seufzte, »aber ich kann so nicht weitermachen. Ich weiß genug über Vitali, um vor ihm panische Angst zu haben. Dieser Mann ist zu allem fähig.«
Plötzlich kämpfte sie mit den aufsteigenden Tränen.
»Verdammt, Mark, ich stecke viel tiefer drin, als du ahnst! Es geht nicht mehr um Recht oder Unrecht, um gekränkte Eitelkeit oder gebrochenes Vertrauen – es geht um mein Leben!« Sie biss sich auf die Lippen. »Wenn Vitali erfahren sollte, was ich weiß, dann bin ich so gut wie tot! Ich weiß, dass er Gilbert Shanahan hat umbringen lassen, und zwar aus dem Grund, weil der aussteigen wollte.«
»Oh mein Gott«, flüsterte Mark entsetzt, »hast du Oliver das erzählt?«
»Er vermutet es doch schon die ganze Zeit«, erwiderte Alex resigniert. »Bei unserer ersten Begegnung im Battery Park hat er doch schon darauf angespielt. Ich hätte ihm glauben und LMI verlassen sollen.«
Es war ganz still in ihrem Büro, der Lärm aus dem Handelsraum drang nur gedämpft durch die dicken Glasscheiben.
»Ich werde hier kündigen«, sagte Alex, »das wollte ich dir eigentlich sagen. Und ich wollte mich für alles, was du getan hast, bei dir bedanken. Vor allen Dingen für deine Loyalität und dafür, dass ich dir immer vertrauen konnte.«
»Ich habe es gern getan«, ein trauriges Lächeln flog über Marks Gesicht, »ganz sicher bist du die beste Chefin, die ich jegehabt habe. Wenn du in deinem neuen Job einen Assistenten brauchst, dann lass es mich wissen.«
»Klar«, Alex versuchte ein Grinsen. Sie sahen sich an und Alex überlegte, ob sie Mark von ihrem Gespräch mit Carter Ringwood erzählen sollte. Er hatte verdient, die Wahrheit zu erfahren, denn er hatte mindestens so hart wie sie an dem Whithers-Geschäft gearbeitet. Schließlich gab sie sich einen Ruck und sagte ihm, was sie getan hatte.
»Oh«, Mark schien nicht wirklich schockiert, »ich hoffe, du weißt, was du tust. Wenn das rauskommt, bist du erledigt.«
»Zweifellos«, Alex nickte, »ich bin mir auch nicht sicher, ob es richtig war, aber ich habe es getan.«
»Du lässt den Deal platzen, um Vitali, Levy und St. John eins auszuwischen, stimmt’s?«
Alex nickte wieder. Da beugte Mark sich über den Schreibtisch und ergriff ihre Hand.
»Egal, was passiert, Alex, ich halte zu dir. Ich glaube, ich war auch lange genug bei diesem Laden. Vielleicht kündige ich auch.«
»Danke, Mark. Aber triff keine übereilten Entscheidungen. Ich sitze ziemlich tief in der Tinte, aber du nicht. Du hast noch eine Zukunft.«
»Eine M & A-Abteilung wird’s
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