Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
ihm. Bis zu diesem Augenblick hatte er nicht gewusst, wie sehr er sich nach ihr gesehnt hatte. Ein paar Sekunden sahen sie sich schweigend an, suchten nach passenden Worten. Beiden fiel nichts mehr von dem ein, was sie den anderen eigentlich hatten fragen wollen.
»Du bist ja völlig durchnässt«, murmelte Alex.
»Es schneit draußen«, erwiderte Nick benommen.
»Du … du musst die nassen Sachen ausziehen, du erkältest dich sonst.« Sie zog ihm die nasse Lederjacke aus und er ließ es geschehen. Ihre Blicke trafen sich und plötzlich verlor Alex ihre eiserne Selbstbeherrschung. Die Tränen strömten aus ihren Augen und sie überließ sich ihrer Angst und Verzweiflung. Nick legte die Arme um sie und hielt sie fest an sich gedrückt. Er murmelte tröstende Worte, ihr Gesicht lag an seiner Wange, er spürte die Wärme ihres Körpers. Danach hatte er sich gesehnt, in den vielen Nächten, die er wach in seinem Bett gelegen hatte. Es hatte ihm ein schlechtes Gewissen bereitet, dass seine Sehnsucht nach Alex die Trauer um Mary verdrängt hatte, aber gleichzeitig hatte er sich so lebendig gefühlt wie lange nicht mehr. Irgendwann versiegten Alex’ Tränen, aber sie hielten einander fest umschlungen und sahen sich stumm und befangen an.
»Ich bin froh, dass du hier bist«, flüsterte Nick rau.
»Ich bin auch froh«, erwiderte Alex. »Es ist alles so schrecklich, aber jetzt, wo du bei mir bist, habe ich keine Angst mehr.«
Sie schlang ihm die Arme um den Hals, zögerte noch einen Moment, aber dann küsste sie ihn beinahe schüchtern.
Sein Herz schlug schneller, als er ihren Kuss erwiderte. Sie schmiegte sich in seine Arme, drängte sich an ihn, ihre Hände glitten unter sein Hemd und streichelten sanft seinen nackten Rücken. Die Berührung durchzuckte ihn scharf und süß. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und betrachtete sie einen Moment, bevor er sie zärtlich küsste. Es war ihm egal, ob das, was er tat, richtig oder falsch war. Es interessierte ihn nicht, was die Medien mit ihm machen würden, sollte bekannt werden, dass er, der Bürgermeister von New York City, mit einer Frau geschlafen hatte, die wegen Mordes gesucht wurde. Er sehnte sich mehr nach Alex, als er sich je zuvor nach einer Frau gesehnt hatte. Ohne ihren Kuss zu unterbrechen, entledigten sie sich ihrer Kleider, sanken auf das durchgelegene Bett, während der Schneefall vor dem Fenster dichter wurde und der Wind an den Fensterscheiben rüttelte. Sie wollten nicht reden, nicht nachdenken, nicht vernünftig sein. Dazu war später Zeit genug. Ihr Herzen klopfte aufgeregt, als sich wieder und wieder küssten und liebkosten, sich miteinander vertrautmachten und erforschten. Da war keine Raserei, keine irrsinnige Ekstase, keine wütende Lust, sondern etwas anderes, unendlich Zärtliches, das ihnen beiden die Tränen in die Augen trieb. Sie liebten sich leidenschaftlich und hingebungsvoll, wie es nur zwei Menschen können, die einander vertrauen und sich ehrlich mögen, sie wandten keinen Blick voneinander, während ihre Körper aufeinander reagierten wie zwei Magneten, die zueinander gehören und durch irgendwelche unerklärlichen Umstände viel zu lange voneinander getrennt gewesen waren. Zwischen ihnen war keine Scheu wie bei Fremden, nein, es war seltsam vertraut und doch aufregend neu. Tief in Alex’ Bauch begann ein Pulsieren, das in Wellen durch ihren Körper floss, ein überwältigendes, lustvolles Gefühl, ein sehnsüchtiger Trieb, sich zu vereinigen und etwas zu erzeugen. Sie bewegte sich mit ihm, fand denselben Rhythmus wie er, spürte, wie eine Woge der Lust sie gemeinsam zum Höhepunkt katapultierte. Auf dem Gipfel der Leidenschaft hielten sie inne und sahen sich an, beinahe erstaunt darüber, wie ihre Körper und ihre Seelen für einen großartigen, atemlosen Augenblick zu einem einzigen Ganzen verschmolzen. Ein heißes wundervolles Gefühl des Glücks und des Entzückens stieg in ihnen auf und sie schämten sich ihrer Tränen nicht. Eng umschlungen lagen sie da, lächelten sich atemlos an und warteten, bis sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hatte. Alex erkannte in Nicks Augen, dass er dasselbe empfand wie sie selbst. In dem Moment, als er eben vor ihr in der Tür gestanden hatte, war ihr bewusst geworden, dass sie ihn liebte. Sie hatte sich nach seiner Berührung gesehnt und davon geträumt, ihn zu küssen und mit ihm zu schlafen.
»Halt mich ganz fest«, flüsterte sie und Nick schloss sie noch fester in seine Arme. Sie schmiegte sich
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