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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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sich mit Wenns und Abers herumzuschlagen. Nun galt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Fakten zu akzeptieren. Er musste sich schleunigst absichern. Auch, wenn er jeden anderen dafür opfern musste.
    ***
    Die Maschine der Delta Airlines aus Miami landete um halb zehn abends auf dem Flughafen Newark in New Jersey. Alex holte ihren Koffer am Gepäckband ab. Bevor sie hinaus in die Ankunftshalle ging, verschwand sie auf der Toilette. Sie hatte nicht vor, Sergios Leuten in die Arme zu laufen, deshalb entledigte sie sich rasch ihrer Kleidung, schlüpfte in ein Hemd und einen grauen Anzug, band sich eine Krawatte um den Hals und zog die Herrenschuhe an, die sie, wie alles andere, am Flughafen in Miami gekauft hatte. Dann band sie ihr Haar straff zusammen und stopfte es unter die blonde Kurzhaarperücke. Ein Schnauzbart zum Ankleben vervollständigte ihr Kostüm. Alex betrachtete sich im Spiegel. Sie sah aus wie ein Mann, zumindest auf den ersten Blick. Als sie die Damentoilette verließ, erntete von einer Frau am Waschbecken einen erstaunten und missbilligenden Blick. Die Verkleidung war also in Ordnung. Alex erblickte Sergios Leute sofort. Zwei Männer standen an verschiedenen Ecken der Ankunftshalle und beobachteten scharf alle Leute, diedurch die automatischen Türen hinein kamen. Sie bemerkte, wie sie ein kurzer Blick streifte, und ihr Herz klopfte erleichtert. Es hatte geklappt! Vor dem Terminal nahm sie sich ein Taxi. Vom Atlantik wehte ein eisiger Sturmwind und peitschte den Schneeregen fast waagerecht über das Land.
    »Ganz schön ungemütlich, was?«, fragte der Taxifahrer. »Wo kommen Sie her, Sir?«
    »Aus Florida«, erwiderte Alex, »da war’s auch nicht viel wärmer.«
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Nach Manhattan. Kennen Sie ein preiswertes Hotel im Theater-Distrikt?«
    »Ja. In der 47. Straße, zwischen der 6th und 7th Avenue. Portland Square Hotel. Billig, aber sauber.«
    »Hört sich gut an. Fahren Sie mich dorthin.«
    Das Taxi setzte sich in Bewegung. Alex hatte sich lange überlegt, wo sie hingehen sollte, wenn sie wieder in der Stadt war. Zuerst hatte sie eines der großen, anonymen Luxushotels in Erwägung gezogen, aber da würde man sich wundern, wenn sie ihre Rechnung bar bezahlte. Da sie ihre Kreditkarten nicht benutzen konnte, schien es ihr unauffälliger und sicherer, in ein kleineres Hotel zu gehen. Alex sehnte sich nach einer heißen Dusche und einem Bett. In den letzten 48 Stunden war sie in so vielen Flugzeugen und Flughäfen gewesen, dass sie das Zeitgefühl völlig verloren hatte. Schweiz, Deutschland, Frankreich und dann Miami. Sie war todmüde und gleichzeitig hellwach. Im Radio liefen Nachrichten und plötzlich zuckte Alex hoch.
    »Könnten Sie das Radio lauter drehen?«, bat sie den Fahrer, der ihrer Bitte sofort nachkam.
    »... Whitewater, der seit 1982 oberster Bundesrichter des Staates New York war, wurde heute am späten Vormittag in der Garage seines Hauses in Patchogue auf Long Island tot aufgefunden. Spekulationen, nach denen er sich das Leben genommen haben soll, wurden bisher von der Staatsanwaltschaft weder bestätigt noch dementiert ...«
    Das Blut rauschte in Alex’ Ohren. Clarence Whitewater gehörte auch zu den Männern, die Sergio bestochen hatte. Sie hatte den stattlichen, weißhaarigen Mann, der einen tadellosen Rufbesaß, in Sergios Haus getroffen. Hatte der Richter sich umgebracht, weil er fürchten musste, seine Beziehung zu Vitali würde ans Licht kommen? Nick hatte die Kontoauszüge der Staatsanwaltschaft übergeben und offensichtlich war die nicht untätig gewesen. Das Taxi passierte den Holland Tunnel und erreichte wenig später Manhattan. Jetzt war es zu spät, um umzukehren. Alex atmete tief durch. Hoffentlich würde die Lawine, die sie selbst losgetreten hatte, sie nicht mit in den Abgrund reißen.
    ***
    Es war kurz nach zehn als Nick nach Gracie Mansion zurückkehrte. Er hatte den Abend auf einer Wohltätigkeitsgala im Waldorf Astoria verbracht, die er nach dem offiziellen Teil schnell verlassen hatte. Ihm war nicht nach lachenden Menschen und getuschelten Gerüchten zu Mute. Hauptgesprächsthema hinter vorgehaltener Hand war der Tod von Clarence Whitewater, über den niemand etwas Genaues aber jeder Etwas wusste. Nick wünschte den Sicherheitsbeamten eine gute Nacht und ging in den Seitenflügel des Hauses, in dem sich seine Privaträume befanden. Wie an jedem Abend, an dem er in das Haus zurückkehrte, das ohne die Anwesenheit von Mary so fremd und

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