Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Connors starrte nachdenklich aus dem Fenster, während Nick vor Nervosität fast verrückt wurde. Endlich hatten sie das Hotel erreicht, das Nick nur wenige Stunden zuvor verlassen hatte. Bevor Deputy Khazaeli den Wagen richtig zum Stehen gebracht hatte, sprang Nick schon heraus und stürmte in die Lobby des Hotels. Die wenigen Gäste, die sich dort aufhielten, betrachteten neugierig die vier Männer, die ohne nach links und rechts zu schauen, zum Aufzug gingen. Nick führte sie zum Zimmer Nummer 211.
»Auf die Seite!«, kommandierte Spooner und Deputy Khazaeli versetzte der Sperrholztür einen gezielten Tritt, so dass sie krachend gegen die Wand flog. Er und sein Kollege stürmten in den Raum, die Waffen im Anschlag. Sie durchsuchten das Badezimmer und die Wandschränke.
»Nichts«, Spooner sicherte seinen Revolver und steckte ihn zurück ins Schulterhalfter, »der Vogel ist ausgeflogen.«
Nick schüttelte fassungslos den Kopf. Alex war tatsächlich verschwunden. Das Bett, in dem sie sich in der vergangenen Nacht geliebt hatten, war noch zerwühlt.
»Sie scheint wohl ihre Meinung geändert zu haben«, bemerkte Connors. In seinem Tonfall lag ein Hauch von Sarkasmus. »So eine Riesenscheiße! Was sage ich jetzt den FBI-Leuten? Ich stehe da wie ein kompletter Idiot!«
Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und rieb sich die geröteten Augen. Nick stand wie betäubt in der Mitte des Raumes. Alex hatte versprochen, mit Jenkins und Harper zu sprechen. Wie konnte sie ihn so im Stich lassen? Sie wusste doch, was auf dem Spiel stand! Da fiel sein Blick auf das Bett. Er beugte sich über das Bett und berührte die Flecken mit dem Zeigefinger.
»Oh Gott«, murmelte er und ihn verließ alle Kraft. Das war Blut. Eindeutig.
»Was ist denn?«, fragte Connors.
»Hier ist Blut«, flüsterte Nick, »überall. Und es ist noch ganz frisch.«
Connors sprang wie von der Tarantel gestochen auf und die beiden US-Marshals kamen sofort näher. Sie hatten die Flecken auf dem geblümten Bettzeug und dem dunklen Teppichboden und die Splitter der Glasflasche nicht sofort bemerkt.
»Sie ist nicht einfach weggelaufen«, Nick versagte die Stimme. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, Panik überfiel ihn wie heftiger Schüttelfrost. Er konnte das Zittern nicht unterdrücken.
»Stimmt«, Khazaeli nickte, »dann hätte sie den Koffer mitgenommen.«
Er bückte sich und zog den Koffer unter dem Bett hervor. Jemand hatte achtlos Alex’ Sachen hineingeworfen, damit es auf den ersten Blick den Eindruck machte, sie sei ausgezogen. Während Connors anfing zu telefonieren, die Spurensicherung ins Portland Square Hotel beorderte und die US-Marshals überall herumkrochen um nach weiteren verräterischen Spuren zu suchen, stand Nick wie gelähmt da. Alex war in der Gewalt von Vitali. Er musste herausgefunden haben, wo sie war, und hatte abgewartet, bis er das Zimmer verlassen hatte, um zuzuschlagen. Nun gab es keine Hoffnung mehr. Niemals würde Vitali Alex lebend gehen lassen. Nick ballte die Hände in hilflosem Zorn. Er hätte am liebsten geschrien und getobt, sich auf das Bett geworfen und geweint wie ein kleiner Junge, aber das nützte alles nichts mehr. Es war zu spät.
***
Bereits eine Stunde nachdem man festgestellt hatte, dass Alex Sontheim verschwunden war, lief eine der größten Fahndungsaktionen an, die New York City jemals erlebt hatte. Gordon Engels schickte seine besten Leute los, die alle Gäste und das Personal des Portland Square Hotels befragten. Hundertschaften der Polizei durchkämmten die Lagerhäuser an den Docks von Brooklyn, Jersey City und Staten Island. Auf allen Brücken und vor allen Tunnels, die aus Manhattan herausführten, wurden Straßensperren errichtet und jedes verdächtig aussehende Fahrzeug wurde kontrolliert. Immer wieder wurde der Fahndungsaufruf nach Alex Sontheim im Rundfunk und auf allen lokalen Fernsehsendern durchgegeben. Im Büro des Staatsanwalts war die Zentrale des Krisenstabes untergebracht; hier liefen alle Informationen zusammen, obwohl Polizeipräsident Jerome Harding heftig dagegen protestierte. Aufgebracht marschierte er gegen Mittag in Connors’ Büro, nachdem er von einem Mitarbeiter nach einem gemütlichen Sonntagsbrunch, den er mit Sergio Vitali eingenommen hatte, davon unterrichtet worden war.
»Das ist allein Sache des NYPD!«, fuhr er den Staatsanwalt an. »Warum mischt ihr euch in unsere Arbeit ein?«
Sein Gesicht war gerötet und er war so zornig, dass er die anderen Männer zuerst
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