Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Dr. Summers gebracht und bis heute wurde der Verwaltung nicht mitgeteilt, wer sie ist und weshalb sie sich im Krankenhaus befindet. Niemand vom Krankenhauspersonal darf in ihr Zimmer, ja, es darf eigentlich niemand wissen, dass sie überhaupt da ist.«
»Weiter ...«, forderte Sergio ihn mit versteinertem Gesicht auf.
»Zwei US-Marshals bewachen rund um die Uhr das Zimmer«, sagte Luca, »aber die Frau hat jede Nacht Besuch. Und zwar von Bürgermeister Kostidis höchstpersönlich.«
»Du hast mir gesagt, ihr hättet sie in den Fluss geworfen!« Sergio musste sich bemühen, seine Stimme zu dämpfen. Alex war tot! Er hatte mit eigenen Augen gesehen, dass sie nicht mehr geatmet hatte. Es war unmöglich, sie konnte nicht mehr leben.
»Meine Männer haben sie an den Brooklyner Docks in den East River geworfen, an einer Stelle, wo die Strömung am stärksten ist«, bestätigte Luca. »Sie war tot.«
»Wenn diese Frau im Goldwater Memorial Alex ist«, erwiderte Sergio grimmig, »dann war sie es wohl nicht.«
Ihm stand plötzlich kalter Schweiß auf der Stirn, die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf.
»Ich muss Jenkins anrufen«, sagte er und biss sich auf die Unterlippe. Er ging schnell durch das große Foyer des St. Regis, dann blieb er stehen und drehte sich zu Luca um.
»Ein Krankenhaus ist ein wunderbarer Ort, um jemanden verschwinden zu lassen«, sagte er. »Du gehst selber, Luca. Du und Silvio. Ich will nicht, dass noch einmal etwas schiefgeht. Ihr geht zu ihr hinein und legt sie um. Und diesmal wünsche ich keine schlechten Nachrichten zu bekommen, capito ?«
»Ja, Boss«, Luca nickte, »wir erledigen das sofort.«
***
Harvey Brandon Forrester war es gewöhnt, Menschen nachzuspüren, die bereits vor langer Zeit verschwunden waren. Vor 20Jahren hatte er eine kleine Privatdetektei gegründet und sich auf aussichtslose Fälle spezialisiert. Seine vier Partner beschränkten sich lieber auf die einfacheren Sachen, wie die Überwachung untreuer Ehepartner oder die Auffindung säumiger Zahler, aber Forrester bevorzugte anspruchsvolle Aufgaben. Genau genommen war er weniger ein Privatdetektiv als ein Kopfgeldjäger und durch seine guten Verbindungen zur Staatsanwaltschaft und vielen renommierten Rechtsanwaltskanzleien in New York konnte er nicht über Langeweile klagen. Die Suche nach dem Augenzeugen des Mordes an einem Gangster namens Stefano Barelli im März des Jahres 1963 entpuppte sich jedoch als schwierig. Schwierig deshalb, weil Forrester keine Nachforschungen in Little Italy anstellen durfte, denn sein Auftraggeber wollte unter allen Umständen verhindern, dass etwas über die Ermittlungen in einem mehr als 30 Jahre alten Mordfall bekannt wurde. Zwei Tage lang hatte Forrester die Polizeiakten studiert, die man ihm zur Verfügung gestellt hatte, er hatte Vernehmungsprotokolle und Anklageschriften gelesen, Fotos betrachtet, den Tathergang rekonstruiert und war schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass es nicht nur einen Augenzeugen, sondern mindestens sechs oder sieben geben musste. Die Staatsanwaltschaft suchte allerdings einen bestimmten Mann und zwar den Schwiegersohn des damaligen Inhabers der kleinen Trattoria, in dem Barelli erschossen worden war. Er hieß Vincente Molto und war seit diesem Tag verschwunden. Forrester durchforstete die Unterlagen und Computer des Einwohnermeldeamtes, um sich über die Identität des Mannes klar zu werden, den er finden musste. Vincente Molto war am 24. Juli 1940 geboren worden, er hatte am 11. Mai 1962 Lucretia Amato geheiratet und war am 28. Mai 1963 mit seiner Frau aus New York mit unbekanntem Ziel weggezogen. Der Mann musste heute also 54 Jahre alt sein. Forrester stöberte im Polizeicomputer und hatte Glück. Vincente Molto war im Jahre 1961 straffällig geworden, schwere Körperverletzung. Es gab ein Foto und Fingerabdrücke. Außerdem gab es in seiner Polizeiakte den Hinweis, dass man ihn damals für ein Mitglied der Genovese-Familie gehalten hatte. Harvey Brandon Forrester schlief drei Tage und drei Nächte nicht, zapfte sämtliche Quellen an, sprach mit verlässlichen Informanten und reiste schließlichnach Florida, wo er tatsächlich fündig wurde. In Tarpon Springs, einem kleinen Städtchen in der Nähe von Tampa fand er Valentine Mills, der in einem kleinen Häuschen mit Blick auf den Golf lebte. Forrester beobachtete den Mann einen Tag lang, aber er war sicher, dass er den Richtigen gefunden hatte. Seitdem das Foto auf einem New Yorker
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