Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
kleinenBrüste unter dem grauen T-Shirt und ihr wohlgeformtes Hinterteil in der hautengen Jeans.
»Halt!« Sharon Capriati drehte sich unvermittelt um und winkte zwei Männern, die große Mauerteile mit einem Hubwagen transportierten. »Der Pavillon kommt da drüben hin! Neben den Tannenwald!«
Sie wandte sich wieder Sergio zu, lächelte entschuldigend und machte eine Notiz auf ihrem Klemmbrett.
»Vielleicht hätten Sie Ihre Gäste in die Karibik einladen sollen«, sagte sie, »das wird eine teure Angelegenheit.«
»Das macht nichts«, Sergio zuckte die Schultern, »die Leute sollen bis zum nächsten Jahr davon sprechen. Ich habe die besten Bands engagiert und das Essen wird allen die Sprache verschlagen. Was ist mit dem Champagnerbrunnen?«
»Er wird direkt in der Mitte des Saales stehen«, antwortete die Frau und klemmte sich gedankenverloren ihren Bleistift hinters Ohr. Sergio musterte sie eingehend.
»Sie machen Ihre Arbeit gut«, bemerkte er. »Hätten Sie Lust, heute Mittag mit mir zum Lunch zu gehen?«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, Sharon Capriati blickte auf und lächelte dasselbe unpersönliche Lächeln, das Alex so meisterhaft beherrscht hatte, »aber ich habe noch sehr viel zu tun. Immerhin wollen Sie in knapp 24 Stunden hier feiern.«
»Dann vielleicht ein anderes Mal?«
Die junge Frau sah ihn an und Sergio verspürte ein prickelndes Gefühl der Erregung in sich aufsteigen. Sie war ein ganz anderer Typ, aber irgendwie erinnerte Sharon Capriati mit ihrem ausgeprägten Selbstbewusstsein und ihrer Professionalität an Alex. Diese kühle Distanz, diese Sicherheit. Unvermittelt kam ihm die Idee, sie als seine Begleiterin mit auf den Ball zu nehmen. Er trat näher an sie heran.
»Ich habe vor Weihnachten wahnsinnig viel zu tun«, sie blickte nicht einmal von ihrem Klemmbrett hoch und hob bedauernd die Schultern, was ihn ärgerte. War sie eine Lesbe?
»Dann begleiten Sie mich doch morgen Abend auf mein Fest«, sagte er, »vielleicht könnten wir miteinander tanzen.«
Statt Begeisterung erntete er für seine Einladung höfliche Gereiztheit.
»Hören Sie, Mr Vitali«, Sharon Capriati blickte auf und ihr Tonfall ähnelte dem einer Kindergärtnerin, die mit einem geistig zurückgebliebenen Kind sprach. »Sie haben mich engagiert, weil ich die beste Innenarchitektin und Dekorateurin der Stadt bin. Ich mache meinen Job und Sie bezahlen mich dafür. Dabei sollten wir es belassen.«
Diese deutliche Zurückweisung verschlug Sergio für einen Augenblick tatsächlich die Sprache.
»Okay«, er nickte und hob die Augenbrauen, »wenn Sie meinen. Dann will ich Sie nicht länger stören.«
»Alles klar«, sie lächelte kurz, war aber in Gedanken schon wieder ganz woanders, als sie sich abwandte und zu einer Gruppe Elektriker hinüberging, die Scheinwerfer für die Bühne anbrachten.
»Dumme Zicke«, murmelte Sergio gekränkt. Er ging die Treppe hinauf, die vom Foyer in den Ballsaal führte und drehte sich auf der obersten Stufe um. Der erste Eindruck war so kolossal wie der zweite. Zweifellos würde es den ganzen Aufwand wert sein, denn das Fest würde ein Erfolg werden, das wusste Sergio schon jetzt. Es war der Höhepunkt der Ballsaison in New York und die beinahe tausend geladenen Gäste kamen aus den ganzen Vereinigten Staaten und sogar Europa. Neben der New Yorker Prominenz wurden Politiker aus Washington, Filmstars aus Hollywood, berühmte Sportler und große Wirtschaftsbosse erwartet. Die Gästeliste las sich wie ein Who-is-Who der feinen und erfolgreichen Gesellschaft, und niemand hatte abgesagt. Allerdings würde er allein zu seinem Fest gehen, denn er hatte in diesem Jahr keine Begleiterin. Constanzia war und blieb verschwunden, und Alex, die ihn im vergangenen Jahr begleitet hatte, war tot. Sergios Gesicht verdunkelte sich beim Gedanken an sie und er drehte sich so abrupt um, dass er beinahe mit Luca zusammengeprallt wäre.
»Was ist los?«, fragte Sergio, den die Zurückweisung der Innenarchitektin noch immer wurmte. Er warf Luca einen Blick zu. Der sonst so ruhige und kaltblütige Mann wirkte aufgeregt.
»Ich habe gerade einen Anruf bekommen«, Luca sprach leise und schnell, »von Sandro Girardelli, er arbeitet in der Verwaltung des Goldwater Memorial.«
»Und?« Sergio verspürte plötzlich ein flaues, leeres Gefühl im Magen und ihn überkam eine düstere Vorahnung.
»Vor drei Tagen wurde nachts eine Frau eingeliefert«, fuhr Luca fort. »Sie wurde sofort auf die Privatstation einer
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