Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
dafür sorgen, dass es nicht mehr so ist!«
»Ich habe Angst«, sagte sie leise, »ich habe Angst um dich.«
»Ach was«, er stand auf, »du brauchst keine Angst zu haben. In zwei Stunden bin ich zurück.«
Die Aussicht, über Vitalis Sohn an den Vater heranzukommen, elektrisierte Nick. Er dachte an die vielen Male, in denen er ihm durch die Finger geschlüpft war, an die verschwendeten Stunden, Tage und Wochen, die er und seine Leute darauf verwandt hatten, ihm seine kriminellen Taten nachzuweisen. Und er dachte seltsamerweise an Alex Sontheim, diese schöne und schwer einzuschätzende Frau, die ihm seit ihrer ersten Begegnung im City Plaza Hotel nicht mehr aus dem Kopf gegangen war. Nick zogsich rasch an. Statt in Anzug und Krawatte schlüpfte er in ein weißes T-Shirt und nahm die Lederjacke aus dem Schrank. Mary blickte ihm traurig und besorgt nach, als er die Treppe hinunterlief, ihr Herz krampfte sich vor Angst zusammen. Wohl zum tausendsten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, ihr Mann wäre nur irgendein kleiner Postbeamter in einem winzigen Kaff, weit weg von dieser brutalen und gewalttätigen Stadt, die sie mittlerweile hasste. In dem Augenblick, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, begann sie zu weinen.
***
Es war vier Uhr morgens, als der Wagen vor dem festungsartigen Gebäude des 41. Polizeireviers in der Simpson Street hielt. Vor den Stufen des Gebäudes drängten sich Reporter im durchdringenden Nieselregen. Trotz seiner Tarnung mit Lederjacke und Jeans erkannten sie den Bürgermeister sofort. Blitzlichter flammten auf, zwei Kamerascheinwerfer erhellten das Dunkel der Nacht und die Reporter stürzten sich auf Nick.
»Stimmt es, dass der Sohn von Sergio Vitali verhaftet worden ist?«
»Wissen Sie, ob der verletzte Polizist noch lebt?«
»Was sagen Sie dazu, dass Vitali heute Nacht niedergeschossen wurde?«
»Glauben Sie, das Attentat hat etwas mit dem Drogenfund im Hafen zu tun?«
Nick drängte sich stumm durch die Schar der Presseleute und holte tief Luft, als er den Wachraum des 41. Reviers betrat.
»Was für ein Attentat?«, zischte er Frank zu.
»Ich weiß es auch nicht«, Frank zuckte die Schultern. Captain Tremell, der Kommandeur des 41. Reviers, kam mit besorgtem Gesicht auf sie zu, gefolgt von Lucas Morgan, dem stellvertretenden Polizeichef von New York City. Nick war erstaunt, Morgan zu sehen, denn es war höchst ungewöhnlich, dass dieser Mann einmal seine Behörde verließ. Im Gegensatz zu Jerome Harding war Morgan kein Mann der Straße, sondern ein echter Beamter, der sich beharrlich und wenig spektakulär die Karriereleiter emporgearbeitet hatte und nun darauf wartete, einesTages Hardings Job zu übernehmen. Nick begrüßte die beiden Männer.
»Die Presseleute erzählen, dass Vitali heute Nacht niedergeschossen wurde«, sagte er, »stimmt das?«
»In der 51. Straße gab es kurz nach Mitternacht eine Schießerei«, bestätigte Morgan, während die Männer in das Büro des Captains gingen. »Anwohner haben uns informiert, aber es gab keine Verletzten. Allerdings hat die Spurensicherung Einschüsse in der Mauer gefunden und die Eingangstür eines Restaurants wurde zerstört. Augenzeugen berichteten, man hätte aus einem fahrenden Auto mit einer Maschinenpistole auf drei Männer und eine Frau geschossen, die aus dem Bernardin gekommen sind.«
Drei Männer und eine Frau! Alex! Nick dachte an seine Befürchtung, Vitali habe etwas mit der Drogensache in Brooklyn zu tun.
»Und?«, fragte er.
»Die Männer und die Frau verschwanden mit einer Limousine. In keinem Krankenhaus der Stadt gab es heute Nacht eine eingelieferte Schussverletzung, die auf die Beschreibung dieser Leute zutreffen würde.« Morgan hob die Schultern. »Wir wissen nicht, ob es sich tatsächlich um Vitali gehandelt hat. Der Inhaber vom Bernardin konnte sich nicht daran erinnern, ob Vitali zum Essen da gewesen war.«
»Informieren Sie mich, wenn es neue Erkenntnisse gibt«, sagte Nick. Er war erleichtert, dass Alex, wenn sie es denn gewesen war, nicht verletzt war.
***
»Mr de Lancie?«
Der Bundesstaatsanwalt von Manhattan klemmte sich den Telefonhörer zwischen Schulter und Ohr und tastete verschlafen nach seiner Brille und dem Lichtschalter.
»J ... ja«, er räusperte sich, »wer spricht da?«
»Hier ist Massimo Vitali.«
Sofort fiel alle Schlaftrunkenheit von John de Lancie ab und sein Herz begann zu klopfen.
»Hören Sie, de Lancie«, sagte Massimo Vitali mit barscher Stimme, »man hat heute
Weitere Kostenlose Bücher