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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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gepreßt. Der Alte streicht zärtlich über das blonde Haar. Wie eine Mutter spricht er leise auf sie ein.
    Die Europäer lieben ihre Kinder und Kindeskinder sehr.
    Es scheinen doch nicht alle schlechte Menschen zu sein, stellt Omar bei sich fest. Und er überlegt: Der Paß ist in Ordnung. Ich habe kein Recht, den Segler zu kapern.
    Ach was! Was kümmert mich das Recht. Ich bin der Herr des Meeres!
    Schon will er endgültig wiederholen, daß das Schiff als Prise zu betrachten sei, als ihm einfällt, daß es dann auch um dieses unglaublich schöne und tapfere Geschöpf geschehen wäre. Plötzlich steht vor seinem Auge anklagend der alte Sklave Benedetto.
    Was tun?
    »Kapitän«, wendet er sich an Jöguurd, »der ,Kong Karl’ folgt dem ,A1-Dschezair’. Ich lege keine Prisen-mannschaft an Bord; denn du kannst mir nicht entschlüpfen. Ich habe Zeit. Wir werden nachts nicht segeln.«
    Ohne Gruß verläßt er die beiden unglücklichen Menschen. Für den alten Kapitän hat das Leben sowieso nur noch eine Handvoll Jahre. Daß man sie als Sklave bei den Barbaresken verbringen muß, ist bitter, aber viel, viel schrecklicher, grausam ist der Gedanke, daß das blühende Leben der Enkelin in Schmutz und Verderben vergehen wird.
    Omar ist ein Teufel.
    Es scheint dem Korsaren darum zu tun zu sein, seine Beute schnellstens nach Algier zu bringen. »Al-Dschezair« hat direkten Kurs auf das Raubnest gesetzt.
    Der Piratenführer kümmert sich nicht um Segel, die am Horizont auftauchen.
    In wenigen Stunden wird die Freiheit, die man jetzt noch genießt, der Vergangenheit angehören. Da ist Kap Matifou, Algier in Sicht. Warum hält der Korsar nicht auf den Hafen zu?
    »Was denkst du von der Sache, Nils?« fragt Jöguurd seinen alten Freund, den Steuermann. »Weiß nicht, Gustaf.« Nach einer Weile lacht Nils laut auf.
    »Du lachst?« Der Kapitän ist ärgerlich. In dieser ge-fährlichen Lage zu lachen, erscheint ihm ein Frevel.
    »Mir ist da ein Gedanke gekommen, so abwegig, absonderlich, lächerlich, daß ich nicht anders kann als eben lachen.«
    »Sooo?« Jöguurd ist neugierig geworden. Da aber der Alte weiterhin bei seiner Heiterkeit bleibt, ohne etwas zu sagen, ist sein Freund gekränkt und kann sich nicht dazu finden, nach dem Grund zu fragen.
    »Stell dir vor, Gustaf«, spricht dann der Steuermann doch, »der gefürchtete Omar gibt dem ,Kong Karl’ sicheres Geleit bis in den Atlantik!«
    »Quatsch, Nils. Paß auf, gleich wird er abdrehen.«
    »Weiß ich natürlich, daß es Zeit ist. Der Bursche macht aber keine Anstalten dazu.«
    Die beiden Männer schütteln nur verwundert die Köpfe.
    Welche Teufelei hat Omar da wieder ausgeheckt?
    Zur Nacht – es ist kein Befehl zum Stoppen gekommen
    – segeln die Schiffe in den Atlantischen Ozean. Am Morgen ist der Korsar verschwunden.
    Omar hat den Segler »Kong Karl« mit dem Mädchen Anna Jöguurd, das zwei Jahre älter ist als er, beschützt.
    Weil es die gleichen Anklagen erhoben hatte wie der Mann in Osmans Lager, und weil es so wundervolle Augen und ein herrliches blondes Haar und viel Mut hat. Er wußte nicht mehr aus noch ein. So blieb das schwedische Schiff unbehelligt.
    Ein Glück, daß man den Zauber abstreifen konnte. Über das Deck des »Al-Dschezair« hallt ein wilder, befreien-der Jauchzer. Omar ist wieder der kühnste der Korsarenkapitäne, und der erfolgreichste.
    Trotzdem, mit dem Gefangenen im Palast Osmans muß er nochmals sprechen…
    »Ich bin begeistert. Ein wunderbares Schiff!«
    Omar fangt diesen Gesprächsfetzen auf, als er aus der Stadt zurückkehrt, um sich auf den »Al-Dschezair« zu begeben.
    Die beiden Männer, die ihm den Rücken zukehren, der eine in einen weiten, weißen Burnus gehüllt, daß man den linken Arm nicht sieht, der andere ein Neger, haben von seinem Schiff gesprochen, es bewundert. Der Pirat freut sich darüber. Kein Mensch kann sich des beste-chenden Eindrucks erwehren, den das schönste und beste Schiff der Deyflotte, sein »Al-Dschezair«, ausstrahlt.
    Schade, daß man den Mann nicht angesprochen hat.
    Umkehren? Aber die beiden sind nicht mehr zu sehen.

    Er hätte seinem Vater ins Antlitz geblickt, Luigi Parvisi dem Sohn gegenübergestanden.
    Parvisi denkt nicht mehr an den Sohn. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt im Augenblick dem gefährlichsten und schönsten Raubschiff Algeriens.

    ZUM TODE VERURTEILT
    Ich muß mit dem Gefangenen sprechen. Bald! Wie oft faßt Omar diesen Entschluß, wenn sein Schiff untätig kreuzt. Immer aber ist er

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