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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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froh, daß der kurze Aufenthalt zwischen zwei Kaperfahrten nicht zu einer Reise in die Felizia-Berge ausreicht. Er will nochmals mit dem ehemaligen Sklaven sprechen und fürchtet auf der anderen Seite eine solche Unterhaltung. Es ist ihm, als drohe von dort Gefahr. Worin sie bestehen könnte, weiß er nicht.
    Aber er fühlt etwas Überraschendes von diesem Mann kommen.
    Auf einem französischen Segler haben inzwischen Luigi Parvisi, der Neger Selim und ein junger Italiener den Atlantischen Ozean überquert.
    Die Worte des Mädchens Anna und des Gefangenen lassen den Korsarenkapitän nicht mehr los. Haben diese beiden Menschen recht mit ihren Anklagen? Ist sein Beruf wirklich schändlich, zu verwerfen?
    Wenn ihm ein Segel gemeldet wird, dann stürmt er selbst hinauf in den Ausguck. Ob es der »Kong Karl«
    ist? Nein, wieder nicht. Vielleicht hat der alte Schwede die Mittelmeerfahrt ganz aufgegeben? Omar wartet auf das schwedische Schiff. Sicherlich fürchtet man sich vor ihm, dem wilden und grausamen Omar. Unsinn, Kapitän Jöguurd, dir, deinem Kahn und deiner Mannschaft würde nichts geschehen!
    Omar ist bereit, von sich aus dem Schweden einen Schutzbrief auszustellen. Wehe dem Piraten, ob Algerier, Marokkaner, Tunesier oder Kapitän des Paschas von Tripolis, der sich dann auf den »Kong Karl« stürzen würde. In Omar erstände ihm ein furchtbarer Rächer.
    Zwei Sommer vergehen, dazwischen liegt eine stille Winterzeit für die Seeräuber. Wild bewegt für Omar, der mit sich im Kampf ist: Soll ich den Gefangenen aufsu-chen? Soll ich? Soll ich nicht?
    Endlich rafft er sich bei Anbruch des zweiten Winters seit der Begegnung mit Anna auf, die so oft geplante und dann in letzter Minute verworfene Reise zu dem ehemaligen Sklaven zu machen. Nur von einem Neger als Diener begleitet, stürmt er in die Berge.
    Wie El-Fransi mit seinem Selim, stellt er lächelnd unterwegs fest. Andere wagen es nur in einer größeren Gesellschaft, die Ebene Metijiah und die Berge zu durch-ziehen, andere, die eben keine Omars sind, nicht so kühn und furchtlos sind wie er, der beste Kaperkapitän des Deys.
    Es fällt ihm nicht schwer, von Osman die Erlaubnis zu einer Unterhaltung mit dem Gefangenen zu bekommen.
    Längst schon ist sein Ruf auch in das Innere der Regentschaft und ans Ohr des Sklavenhalters gedrungen. Diesen Mann kann man natürlich nicht unverrichteterdinge wegschicken.
    Benedetto freut sich aufrichtig, den jungen Freund wie-derzusehen. Was mag er wollen?
    Omar berichtet von seinen letzten Heldentaten, sonnt sich in den alle anderen Korsaren überflügelnden Erfolgen.
    Ist Omar deshalb gekommen, will er mir durch seine Taten beweisen, daß ihm meine Worte von damals nichts bedeuten? fragt sich der Italiener. Es scheint so. Aber es darf doch nicht sein. Er muß heraus aus dem Sumpf, in dem er eben wegen dieser Erfolge eines Tages ersticken wird.
    Nur mit halbem Ohr folgt Benedetto den Erzählungen Omars. Wie kann ich ihm helfen? Worte allein wirken auf ihn nicht, sinnt der Gefangene.
    Anna? War es nicht so? Sprach Omar nicht soeben diesen europäischen Mädchennamen aus?
    »All das, was du mir sagtest, hat auch sie mir entge-gengeschleudert.«
    »Verzeih, Omar, meine Gedanken waren mit einer anderen Sache beschäftigt. Ich habe nicht verstanden, was du berichtetest. Wiederhole!«
    So also ist das! Meine Vorhaltungen hat er übergangen, die des Mädchens lassen ihm keine Ruhe. Er ringt mit ihnen, verwirft sie, stürzt sich in den Kampf, um sie zu betäuben, und ist ihnen bald danach wieder ganz ausgeliefert. Zwei Jahre geht es nun schon so. Auf, ab – auf, ab. Die Erfolge stehen einer wirklich klaren und endgültigen Entscheidung im Wege. Nun will er aus meinem Mund das Urteil hören. Gut.
    Omar hat nicht gefragt: Hat das Mädchen recht, ist falsch, was es gesagt hat? Dazu ist er zu stolz.
    »Seit Jahrhunderten«, spricht Benedetto, »versetzt ihr die Seefahrer Europas in Angst und Schrecken, führt ihr Menschen in die Sklaverei, erniedrigt ihr sie. Warum?«
    Omar schweigt.
    »Ich will es dir sagen, mein Freund: Um euch Schätze zu rauben, die andere erarbeiteten. Du weißt selbst, wie schwer es die Bewohner Algeriens haben, täglich satt zu werden. Die Saat ist gut aufgegangen, da tritt eine Zeit großer Hitze und Dürre auf. Die werdende Frucht ver-dorrt auf dem Halm, oder Heuschreckenschwärme fressen alles ratzekahl – oder das oder jenes Unvorhergese-hene geschieht. Alle Mühen waren vergeblich. Man hungert bis zur nächsten

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