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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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heimkehrst.«
    Omar reißt die Augen auf. Er ist sprachlos.
    Aber schon spricht Mezzo weiter: »Noch einmal wiederhole ich: Bleibe Korsar!« Benedetto nähert sich dem Landsmann, zwingt ihn, ihm fest ins Antlitz zu blicken.
    »Aber sei Korsar – gegen Korsaren! Werde Herr ohne Herren, Livio Parvisi!«
    »Ich verstehe dich nicht«, stammelt der andere.
    »Du glaubst, Sohn meines toten Herrn, nicht ohne den Kampf leben zu können. Ich bin nicht mehr jung genug, um solche Ansichten zu haben, obwohl die Last der Jahre mich nicht drückt, nur das Erlebte mich zum alten Mann gemacht hat. Sei es, wie es sei. Mach dich frei von Hussein Pascha. Du kannst es, Livio! Laß Wahrheit werden, wessen man dich anklagte: Vernichte die Piratenschiffe Algiers! Korsarenjäger werde! Damit löschst du aus, was war. Hilf Europa, unsere, deine Brüder von dem unermeßlichen Druck, der seit Jahrhunderten auf ihnen liegt, zu befreien. Algier hat kein Recht, kein Staat hat das Recht, ein fremdes Volk zu peinigen und ihm seinen Willen aufzuzwingen, sei es mit Waffen, sei es mit Schiffen oder sonstwie. Schlag ein, Korsarenjäger Omar!«
    Benedettos tollkühner Plan hat Omar vom Diwan hoch-gerissen. Er keucht. Die Hände sind zu Fäusten verkrampft, die Augen nur noch Schlitze. Er bietet den Anblick eines zum todbringenden Sprung ansetzenden Raubtiers.
    Das Leben des alten Italieners hängt an einem Faden.
    Er fühlt es.
    »Du bist verrückt! Ein Teufel!« zischt der Korsar. Die Worte haben den Krampf gelöst. Mit großen Schritten durchmißt Omar den Raum. Auf und ab – auf und ab.
    Zehnmal, zwanzigmal.
    »Bring mir einen, der vorgibt, vom ,A1-Dschezair’ angegriffen zu sein. Sofort!« befiehlt er. Und er fügt, ruhiger geworden, hinzu: »Dem Mann geschieht nichts. Ich werde ihn belohnen, mag er berichten, was immer er wolle. Nimm vorerst das mit zum Zeichen, daß ich nichts Böses im Schilde führe.« Er schiebt einige Maria-Theresien-Taler, eine in ganz Nordafrika anerkannte Münze, zu Benedetto hin.
    Es ist Mitternacht. Aber Omars Wunsch muß erfüllt werden, wenn Benedetto auch noch nicht sieht, wohinaus der Freund will. Er macht sich mit dem Neger auf den Weg.
    Sie kennen einen, der bei dem Überfall dabei war. Er ist nicht mehr in Algier, bereits wieder mit einem anderen Korsaren unterwegs. Sie erfahren jedoch vom Bruder des Mannes einen anderen Namen. Glücklicherweise ist dieser Pirat zu Hause, jedoch er weigert sich, mit zu Omar zu gehen. Selbst das Geld kann seine Ablehnung nicht ändern. »Wendet euch an den«, und ein weiterer Name wird genannt.
    »Bedenke, Freund, mein Herr wird dich reich belohnen«, versucht der Neger den Mann umzustimmen.
    »Ich brauche sein Geld nicht!« Es bleibt bei der Weigerung. Der dritte, den man zu so ungewöhnlicher Stunde aufschreckt, ist zu dem Gang bereit. Als vorsichtiger Mann unterrichtet er die gesamte Familie und heißt sie, ganz Algier auf die Beine zu bringen, sollte er bis zur Morgendämmerung nicht heil und gesund wieder hier in diesem Raum stehen.
    »Ich danke dir, daß du dir die Mühe gemacht hast, noch jetzt zu mir zu kommen«, begrüßt Omar den Eintretenden. »Hier nimm!« Er drückt dem an allen Gliedern zitternden Mauren einen kleinen Beutel mit Talern in die Hand. »Und nun erzähle mir bitte genau, wie es bei dem Überfall durch den ,A1-Dschezair’ war.«
    Der Besucher tut es und schließt seinen Bericht: »Ich spreche die Wahrheit, Omar, so unsinnig sie dir auch erscheinen mag. Es war wirklich der ,Al-Dschezair’, der über uns hergefallen ist.«
    »Kapitän Ismail hat bezeugt, daß er meinem Schiff zur gleichen Zeit weit entfernt von Tripolis begegnet ist«, weist Omar die Behauptung des Mauren zurück.
    »Es war der ,A1-Dschezair’!« Der Mann bleibt dabei.
    »Aber es ist doch unmöglich, zur selben Stunde an zwei viele Tagereisen voneinander entfernten Orten zu sein.
    Du mußt dich irren!«
    »Es war der ,A1-Dschezair’!« Omars Augen künden einen Wutausbruch. Benedetto tritt wie unbeabsichtigt zwischen die beiden Männer. »Beschreibe das Schiff.
    Erinnere dich aller Einzelheiten«, bittet er den Mauren.
    »Sahst du Omar an Bord?«
    Lange Zeit angestrengten Überlegens vergeht. Dann spricht der Mann: »Um deine Frage zuerst zu beantworten: Ich habe Omar gesehen!« Im übrigen gibt er eine bis ins einzelne getreue Beschreibung des »Al-Dschezair«.
    »Was hat man dir bezahlt, daß du so berichten sollst?«
    fährt Omar dazwischen.
    »Niemand hat mich bestochen, Kapitän.

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