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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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den anderen sagt Pierre-Charles: »Ich erkenne an, daß ihr das erste Recht auf das Tier habt. Mein Bruder Jean hat euch darum gebracht.
    Nicht aus Habsucht, sondern aus Jagdleidenschaft. Ich werde euch entschädigen.«
    Die Mienen der Wüstensöhne hellen sich bei der in Aussicht gestellten Entschädigung sichtlich auf.
    »El-Fransi wird uns helfen, den so frech in unsere Herden eingebrochenen Löwen zu erlegen. Er und seine Begleiter sind unsere Gäste und werden mit uns zu den heimatlichen Zelten ziehen.«
    Ein Schlaukopf, der Scheik. Mit der Einladung verknüpft er gleich die Aufforderung zur Teilnahme an dem Zug gegen den Herdenräuber.
    »Gern, mein Freund! Es wird uns freuen, euch einen kleinen Dienst erweisen zu können«, nimmt Pierre-Charles an.
    Damit hat El-Fransi auch die Freundschaft der ihm bisher noch unbekannten Männer des Stammes gewonnen.
    Sie kennen den kühnen Jäger nur aus den Erzählungen ihres Scheiks und von anderen Berichten her. Nun wird der Löwe bestimmt erlegt, dem man schon mehrfach erfolglos aufgelauert hatte. El-Fransi ist wirklich das, was der Ruhm vor ihm her trägt: ein treuer, hilfsbereiter Freund.
    Der Sturz vom Pferd hat Luigi keinen ernstlichen Schaden verursacht. Einige Prellungen und große blaue Flek-ke sind alles, was er sichtbar hinterläßt. Schlimm sind dagegen die überall spürbaren Schmerzen.
    »Nimm dich zusammen, du bist der Bruder El-
    Fransis!« raunt ihm Pierre-Charles zu, da Luigi die in Arabisch geführte Unterhaltung nicht verstanden hat und nicht weiß, worum es ging. Er gibt sich Mühe, keinen Schmerzenslaut auszustoßen, als man ihn nach einiger Zeit aufs Pferd hebt. Selim hat inzwischen mit Hilfe einiger der Beduinen den Strauß abgehäutet.
    Glücklicherweise reitet man im Schritt. Die Jagd ist beendet, die Menschen drängt nichts mehr.
    Viele Male blickt Parvisi in die Runde, ob sich nicht bald die Zelte zeigen. Immer wieder ist er enttäuscht, bis sich endlich nach Stunden die schwarzen Behausungen der Araber vom Gelb des Sandes abheben.
    Große Freude herrscht im Lager über die Beute. Die Federn werden gut bezahlt; man wird mit dem Erlös viel Wichtiges tauschen oder kaufen können.
    De Vermont erhandelt einige Hammel und lädt die Jagdgesellschaft zum Essen ein.
    Ja, El-Fransi ist wirklich ein Freund, das stellen die Männer bei der Schmauserei erneut fest. Sogar an die Frauen hat er gedacht und auch ihnen ein Tier schlachten lassen.
    Nach Sonnenuntergang fordert Pierre-Charles Parvisi zu einem Gang vor die Zelte auf.
    Die Sternbilder des nördlichen Himmels erstrahlen in unwirklichem Glanz. Draußen in der Wüste kämpfen Hyänen um ein Aas.
    Luigi ist froh, daß sich de Vermont bald auf einen Stein hockt und damit anzeigt, daß er nicht weit gehen wollte.
    Man soll nur nicht von den Zelten aus der Unterhaltung folgen können.
    »Ich bin zufrieden mit dir, Luigi«, beginnt er auch schon. »Du wahrscheinlich aber nicht mit mir. – Laß, ich weiß es. – Da treibt dich der Freund quer durch die Regentschaft, denkt gar nicht an den Zweck der Reise. Du hast angenommen, daß wir geradeswegs nach Medea reiten würden, um Livio zu holen. Das war unmöglich.
    Jetzt ist es anders. Um den Jungen sofort zu befreien, hätten Selim und ich es allein versuchen müssen. Du wolltest aber dabeisein. Dieser Wunsch wäre nicht aus-schlaggebend gewesen, dafür etwas anderes. Sicher ist: Dein Kind wird, wenn immer sich die Möglichkeit dazu bietet, der Sklaverei entrissen. Aber nicht ich, sondern du selbst mußt es tun, Luigi.«
    Pierre-Charles macht eine Pause. Dann spricht er weiter:
    »Du warst ein Neuling in diesem gefährlichen Land.
    Kanntest etwas von ihm durch meine“ Aufzeichnungen, aber eben nur durch sie, die sich meistens auch noch auf Altertümer bezogen. Es genügte jedenfalls bei weitem nicht. Mit eigenen Augen mußtest du Land und Menschen sehen. Ganz und gar unfähig aber war dein Körper zu einem Unternehmen, wie es vor dir liegt. Es galt, dich zuerst zu stählen. Ich habe Wege gewählt, die mit Müh-salen und Anstrengungen übersät waren. Mit voller Absicht und dem Ziel der Rettung deines Sohnes.«
    Parvisi ist mit immer zunehmender Aufmerksamkeit den Worten de Vermonts gefolgt. Jetzt reißt er stürmisch die Hand des Freundes an sich und drückt sie heftig.
    Pierre-Charles hat recht getan.
    »Und nun?« forscht Luigi.
    »Der Aufforderung Scheik Mohammeds, an der Lö-
    wenjagd teilzunehmen, müssen wir als Gäste des Lagers unbedingt nachkommen.

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