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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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Auch du darfst dich nicht aus-schließen.«
    »Ich bin dabei, Pierre-Charles!«
    »Dann wird Livio gesucht. Selim und ich werden ihn sicherlich finden. Du mußt versteckt bleiben und schnellstens mit dem Kind fliehen. Ohne uns; wir decken deine Flucht. Einzelheiten schon jetzt besprechen zu wollen, ist unsinnig. Nur das eine will ich dir nicht ver-hehlen: Es ist keine leichte Sache, Luigi; doch nehme ich an, daß du in der Zwischenzeit noch mehr lernen wirst.«
    »Stelle mir Aufgaben, Pierre-Charles, fordere, was nö-
    tig ist. Ich werde die Zähne zusammenbeißen, mich an-spornen. Livio muß frei werden!«
    »Er wird es!« bestätigt de Vermont.
    Wenn El-Fransi so fest davon überzeugt ist, ist es schon so gut wie Gewißheit. Parvisi vertraut felsenfest auf die Fähigkeiten und die Erfahrungen des Freundes. -
    Der Franzose jagt am Harbene-Fluß. Oft zusammen mit Selim, dann aber auch ohne den treuen Begleiter, der bei Luigi bleibt und ihn in den Landessprachen unterrichtet.
    Abends sitzt El-Fransi mit den Eingeborenen unter Feigen- und Olivenbäumen, lauscht ihren Jagdgeschichten, hört Klagen und Sorgen an, gibt hin und wieder Ratschläge, erbietet sich zur Hilfe und fragt dabei die Menschen über den Bey von Titterie aus. Von einem europäischen Kind erfährt er nichts. Er fragt auch nicht danach.
    Einmal wird die Sprache schon von selbst darauf kommen, wenn nicht der Zufall eine unmittelbare Begegnung mit Livio herbeiführt.
    Kehrt dann der Freund zu Luigi zurück, so versucht der Italiener schon auf die Entfernung, das Ergebnis des Tages in seinen Mienen zu ergründen. Wieder nichts! Welche Qual, diese Ungewißheit Tag für Tag!
    Später hält es de Vermont für angebracht, das Jagdge-biet vorübergehend zu wechseln. Zu lange schon befindet man sich in der nächsten Umgebung Medeas.
    Parvisi ist enttäuscht. Alles Suchen und Forschen nach Livio war bisher vergeblich. Niemand hat etwas von ihm erwähnt; dabei muß es doch eine Sensation sein, wenn ein Christenkind in die Hand der Türken gerät. Und wenn der Junge sich gar nicht bei dem Bey von Titterie befindet? Furchtbares Ergebnis des Grübelns. Man kann den Gedanken nicht wieder davonjagen, ihn auslöschen.
    Immer wieder schleicht er sich heran, bohrt sich tiefer und tiefer in die Hoffnung und zerfrißt sie. Wenn die in Algier erhaltene Nachricht falsch war! Aber warum das alles, warum? Gibt es denn einen Gott? Einen Gott, der solches Leid den Menschen auferlegen kann? Oder sind die Menschen schuld – die, die nicht selbst von solchen Leiden und Ängsten und Qualen betroffen sind und deshalb den Dingen ihren Lauf lassen? Müßte nicht die gesamte Menschheit Sturm laufen gegen die Verbrechen, die der Dey von Algier an ihr begeht! Sie müßte es, müßte ihre Stimme erheben, müßte Himmel und Erde in Bewegung setzen und sich von der Sklaverei befreien!
    Es hat ja keiner das Recht, den Bruder, die Schwester zu Sklaven zu machen! Einzelne haben es sich angemaßt, nicht die Völker, die unter dem Joch nicht weniger stöhnen.
    »Geduld, Luigi!« mahnt der Franzose bei diesen Ausbrüchen des verstörten Vaters.
    »Geduld, immer nur Geduld, während vielleicht Livio irgendwo geschlagen wird, ohne Pflege krank liegt, nach einem Schluck Wasser schreit, auf den Knien darum bettelt!«
    Aber es nützt nichts. Noch hat man das Kind nicht gefunden. Parvisis Grübeleien haben die Möglichkeit gezeigt, daß man unter Umständen den Jungen nicht in Medea findet. Der Machtbereich des Beys ist groß, reicht bis hinunter in die Sahara, löst sich dort ohne Trennungsstrich auf, schwankt, ist unbestimmt wie die Form der Wanderdüne,,
    Die Freunde ziehen, immer am Steilabfall des Teil-Atlas bleibend, ein Stück nach Westen. De Vermont hat seine Forschungstätigkeit wieder aufgenommen und führt den Italiener in sie ein. Manchmal schickt er ihn mit Selim in Seitentäler, während er selbst allein die Hauptrichtung durchstreift. Parvisi ist wie ein Eingeborener gekleidet. Die beiden Männer vermeiden dann, wenn immer es möglich ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Obwohl Luigi nun schon Arabisch und gro-
    ße Brocken der von der einheimischen Bevölkerung gesprochenen Sprachen versteht, kann er erst wenig sprechen. So führt immer der Neger die Unterhaltung. Der Herr, so erzählt Selim, ist auf Pilgerreise nach Kaituan, der heiligen Stadt in Tunis. Seine Gedanken sind ganz auf Allah gerichtet; er befaßt sich nicht mit alltäglichen Dingen.
    Ein Pilger, ein frommer Mann? Man

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