Unter Korsaren verschollen
nächsten Umgebung des Beys zu Dank verpflichtet.
»Gut, ich werde euch helfen«, entscheidet Pierre-Charles. »Unterlaßt alle feindseligen Handlungen gegen die Reiter. Ich werde mit ihnen sprechen und ihre Rache von deinem Haupt nehmen. Selim!«
De Vermont raunt dem Neger etwas zu. Die anderen können es nicht verstehen. Es befremdet sie auch nicht weiter, daß der Schwarze sich dann immer in ihrem Rük-ken hält. Es ist ihm so befohlen worden, damit er Unbe-sonnenheiten der Mauren während der Unterredung El-Fransis mit den Verfolgern verhüten kann. Leicht und bequem wäre es, die der Vermittlung arglos folgenden Fremden aus der Entfernung zu erledigen. Der Franzose traut es den Leuten zu.
El-Fransi reitet ein Stück vor und erwartet dann die her-anjagenden Reiter. Einer löst sich aus dem Pulk, die anderen bleiben außer Schußweite.
Ob der fremde Reiter den Freund über den Haufen reiten will? De Vermont rührt sich nicht von der Stelle, drängt sein Tier um keinen Finger breit zur Seite. Die Flinte hat er quer vor sich liegen. Einen Schritt vor ihm reißt der Berber das Pferd auf die Hinterhand. Eine prächtige Leistung – eine elende Tierschinderei. Die Eingeborenen sind stolz auf ihre Reitkünste, auch wenn sie das Pferd dabei zugrunde richten. »Selam!« grüßt er.
»Aleikum«, dankt Pierre-Charles.
»Was willst du, Herr? Mein Name ist Omar ben Achmed. Ich bin der Amin des Dorfes, das du erreichst, wenn du die Schlucht hinauf reitest.«
»Ich danke dir, Omar. Man nennt mich El-Fransi. Ich möchte mit dir sprechen.«
»El-Fransi?« Der Amin blickt de Vermont verwundert an. »Man spricht viel von dir. Leider habe ich noch nicht die Freude gehabt, dich von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Was wirst du mir sagen?«
»Dieser Maure und seine Begleiter« – Pierre-Charles weist zurück; der Berber hält es nicht für nötig, auch nur einen Blick auf die Gruppe zu werfen – »haben El-Fransi um Schutz und Hilfe gegen dich und deine Leute gebeten. Die Gründe, die sie angeben, mögen richtig oder falsch sein, ich kann es nicht beurteilen. Sie sind in Be-drängnis. Wenn du von mir gehört hast, so weißt du, daß ich niemals eine solche Bitte unerhört lasse. Ich werde ihnen helfen, aber ich möchte auch euch nicht kränken.
Bitte erzähle mir, was geschehen ist.«
Da der Franzose ganz ruhig gesprochen hat, die Waffe sogar immer lässiger in der Hand hält, der Berber aber ein furchtloser Mann ist, wirft er die Flinte über den Rücken und kommt der Aufforderung nach.
»Sie kamen zu uns, um Pferde zu kaufen. Das ist nicht verwunderlich; denn wir sind bekannt für unsere Pferde-zucht. Wenn es auch keine edlen Renner der Wüste sind, so haben unsere Tiere andere Vorzüge, die sich vor allem in den Bergen zeigen. Wir waren zu dem Geschäft bereit, da sie sich als Abgesandte des Scheiks der Beni Halifa ausgaben. Freunde, die gerade bei uns zu Gast waren, erkannten sie aber als Leute des Beys von Titterie, mit dem wir nichts zu tun haben wollen, obwohl wir in seinem Machtbereich wohnen. So lehnten wir schließ-
lich den Verkauf ab. Sie leugneten, schworen beim Barte des Propheten, daß unsere Gäste falsch redeten. Da sie damit nichts erreichen konnten, schmähten sie uns, und in ihrem Zorn entdeckten sie sich uns selbst als Verräter: Sie drohten mit der Rache des Beys. Wir haben vielleicht zu scharf gesprochen; möglich, daß auch einzelne von uns zu den Waffen gegriffen haben, ich kann es nicht genau sagen. Plötzlich war alles ein großes Durcheinander. Sie warfen sich auf ihre bereitstehenden Pferde und ergriffen die Flucht. Das ist die Wahrheit, El-Fransi.«
Der Bericht klingt glaubhaft. Omar ben Achmed hat sich nicht gescheut, zuzugeben, daß seine Leute auch nicht ohne Schuld sind.
»Nun wollt ihr euch für die Beleidigungen rächen?«
fragt er den Berber.
»Würdest du es nicht tun? Wir müssen sie in unsere Gewalt bringen, um den Bey zu zwingen, seine Gewalt-tätigkeiten gegen uns und andere Dörfer aufzugeben. Ich bitte dich, El-Fransi, laß die Hände von diesen Menschen, nun, da du den richtigen Sachverhalt kennst.«
»Ich kann es nicht, Omar.«
»Dann ist der Ruf falsch, der dir vorangeht, oder du bist nicht El-Fransi. Wir müssen dich als unseren Feind betrachten!« Der Amin reißt die Waffe herab und will auf Pierre-Charles anlegen.
»Laß das, Mann!« donnert der Franzose los. »Ehe du den Finger am Hahn hast, fährt dir die Kugel meines schwarzen Begleiters in den Kopf. Sein
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