Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
werde mich hüten, an einem Tisch zu verstauben wie die beiden Damen, die auch jetzt hier sitzen. Ich ziehe mich mit Vesna hinter den Plastikgummibaum zurück. – Ob sich Christoph wieder melden wird?
„Der Privatdetektiv hat sogar Fotos“, erzählt mir Vesna wenig später. „Sie sind sehr schlecht, aber besser als das, was Überwachungskamera zeigt. Geländewagen hat er nicht, dafür drei Gestalten mit Sack.“
„Er war bei Zuckerbrot. Hat er ihm die Bilder gezeigt?“
„Er sagt, nein. Er hat Meldung gemacht, aber Polizeichefinspektor hat ihn nicht respektiert. Also er ist wieder gegangen.“ Vesna grinst. „Er sagt, man behandelt Kollegen anders, wenn man hat Stil.“
„Kann sein, dass Zuckerbrot nicht auf die Idee käme, sich als Kollege des Privatdetektivs zu sehen. Ernst genommen hat er den Detektiv wohl wirklich nicht, zu mir hat er gesagt, der sei nicht gerade eine Leuchte seines Fachs.“
„Ich habe Detektiv gesagt, ich nehme das sehr ernst mit falschem Abfall“, fährt Vesna fort. „Er hat mir Fotos gegeben und dann gemurmelt, er kann natürlich nicht sagen, ob das Leute von ‚PRO!‘ selbst waren, die Müll herangeschleppt haben.“
„Und darüber, was in dem Sack gewesen sein könnte, hat er sich keine Gedanken gemacht?“
„Sieht nicht so aus. Ist mit Grund, warum ich Detektivausbildung nicht machen wollte. Sind viele Leute da, die gerne überwachen, aber nicht viel denken.“
Vesna zeigt mir ein paar Fotos. Im Espresso Uschi ist nicht eben viel Licht. Und die drei mit dem Sack haben weite Kleidung getragen. Aber mir scheint, als könnte der eine von ihnen sehr gut Zemlinsky gewesen sein.
Ich sitze, getarnt hinter meinen beiden großen Philodendren, und schreibe zusammen, was ich jedenfalls in meiner nächsten Reportage unterbringen muss. Zemlinsky ist verschwunden: Was kann das bedeuten? Tina Bogner ist in Warschau. Heißt es. Eigentlich könnte ich das überprüfen. Ich wähle auf dem Wertkartentelefon ihre Mobiltelefonnummer. Sie geht nach dem zweiten Freizeichen dran.
„Tut mir leid, dass ich Sie störe.“ Ich habe ein Papiertaschentuch zwischen meinen Mund und das Handymikro gelegt. Ich hoffe, das reicht, um meine Stimme zu verfälschen. Außerdem: So oft haben wir ja auch noch nicht miteinander telefoniert. „Wir haben etwas wiedergefunden, das die Genossenschafter von ‚PRO‘ vermissen. Aufzeichnungen der Überwachungskamera.“
„Was soll das? Wer sind Sie?“
„Das tut nichts zur Sache. Sie hatten jeden Grund zu vertuschen, was da abgeladen wurde.“
„Was ist das? Ein Erpressungsversuch? Vergessen Sie es! Wir lassen uns nicht erpressen!“
„Ich will Sie so schnell wie möglich treffen.“
„Ich bin in Warschau!“
„Und Ihr Freund Zemlinsky?“
„Mein Freund? Sind Sie verrückt? Woher soll ich das wissen? Dieser korrupte …“ Plötzlich Stille in der Leitung. „Oder versucht ihr, uns jetzt so mürbe zu machen?“ Sie brüllt. „Das wird euch nicht gelingen!“ Und dann ist die Verbindung unterbrochen.
Wen hat sie mit denen gemeint, die sie mürbe machen wollen? Die Windkraftgegner? Leute der Energie-Multis? Jedenfalls hat es auf mich nicht so gewirkt, als hätte sie eine besonders innige Beziehung zu Zemlinsky. Aber: Was war mit dem Treffen in Frankfurt?
Ich wähle die Nummer einer, der ich restlos vertraue. „Hast du Lust auf eine Party?“, frage ich Vesna.
„Ist heute richtiger Tag dafür?“, kommt es zurück.
„Ich kann mich einfach nicht entscheiden, was ich schreiben und was ich für die nächste Woche nachrecherchieren soll.“ Ein paar Bilder von dem Picknick bei der Gasstation in Pointenbrunn wären nicht übel. Eine Ergänzung zu einem großen Sack, einem Hummer im Gebüsch und Zemlinksy, der freiwillig oder unfreiwillig abgetaucht ist.
[ 14. ]
Fran ist schon dort“, erzählt Vesna, als wir zum „Cybersolar“-Picknick unterwegs sind. „Hat mir vor zwei Stunden SMS geschickt.“ Sie nimmt ihr Telefon und liest: „‚Bin in Pointenbrunn. Komm zur Gasstation, Gebäude links. Wichtig!!! Mira mitnehmen!!!‘ – Was da so wichtig sein soll, ich weiß es nicht.“
„Sei froh, dass er sich für etwas begeistern kann“, erwidere ich. „Außerdem: Vielleicht hat er irgendwas entdeckt. Das mit dem angeschossenen Aktivisten hat er sehr gut gemacht, er hat viel von dir.“
„Kann man nur hoffen“, knurrt Vesna, „dann er lasst sich auf keinen Blödsinn ein.“
Ich grinse: „Ich kenne da ein paar Situationen, da hast du dich
Weitere Kostenlose Bücher