Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
bewahrheitet. Ich habe mich so leise wie möglich in unser großes Doppelbett geschlichen. Jetzt höre ich Lärm. Ich blinzle zum Digitalwecker. Gleich acht. Ich sollte mich umdrehen und noch eine Stunde schlafen. Da kann mir nichts und niemand … Ich habe einen Gedanken, der mich schlagartig munter macht: Was, wenn Oskar packt? Wegen einer SMS? Vielleicht hat er ohnehin nur mehr nach einer Ausrede gesucht. Blödsinn, Mira, dafür gab es wirklich keine Anzeichen. – Und wenn ich sie übersehen habe? Ich muss ihn zurückhalten. Kann ich das? Ich will. Da bin ich mir sicher. So ein Flirt, das ist doch nichts im Vergleich zu meiner Beziehung mit Oskar. Das ist etwas Dauerhaftes. – Habe ich gedacht.
Die Schlafzimmertür geht auf. Oskar. Was tue ich jetzt? Was sage ich jetzt?
„Ich hab Frühstück gemacht“, murmelt er und verschwindet wieder.
Ich springe nahezu auf, wickle mich in meinen warmen, wenn auch nicht besonders erotischen Frotteebademantel und bin in der Küche.
„Du warst so lang weg“, sagt Oskar. „Wer weiß, ob du gestern Abend etwas Ordentliches zu essen bekommen hast.“
Ein Versöhnungsangebot. Und was für eines. Es gibt Schinken und Eier und Speck und Käse und alles, was man sonst zu einem prächtigen Frühstück braucht. Ganz abgesehen davon, dass mir in der Früh Kaffee reicht. Aber ich werde die Versöhnungsgeste würdigen. Ich setze mich und baggere Ei und Speck auf meinen Teller.
„Wie war es?“, fragt Oskar und kaut.
Irgendwie ist unser Dialog noch etwas schwerfällig.
„Seltsam. Ein Feuerwerk um Mitternacht auf einem Dorffriedhof. Und dann sind Feuerwehr und Polizei gekommen. Wir konnten gerade noch rechtzeitig abhauen.“
„Und ihr macht den Kids von Vesna Vorhaltungen.“
„Ich war als Journalistin dort, aber das der Polizei zu erklären … Jana haben wir übrigens getroffen. Die dachte, sie hat eine Erscheinung, als plötzlich ihre Mutter dagestanden ist.“
Oskar lacht. Ich stehe auf und gehe zu ihm. Wie sehr ich ihn liebe. „Es tut mir leid“, murmle ich und wickle meine Arme um seinen kräftigen Oberkörper. „Es war einfach nur blöd, dass ich nicht dazu gekommen bin, dir von dem Abend zu erzählen.“
„Ach Mira“, erwidert er. „Ich war so eifersüchtig. Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren.“
Ich drücke meinen Kopf an seinen, er dreht sich um und gibt mir einen langen Kuss. Vielleicht ist ein kleiner Flirt gar nicht so übel, wenn man danach wieder sieht, was man am eigenen Mann hat. Ich verbanne den Gedanken rasch und empört.
„Ich habe gestern noch mit Valentin telefoniert“, gesteht Oskar. „Er hat erzählt, dass dieser Generalleutnant einer der charmantesten Menschen sei, die er kenne. Und klug sei er auch. Und dann hat er gemeint, dass du mich nie wegen ihm verlassen würdest. Das sei einfach völlig klar. Und ich solle ja nicht spinnen und dich womöglich in etwas hineinhetzen, das du gar nicht möchtest.“
„Ich dachte, Valentin war mit Geschäftsfreunden essen“, erwidere ich. Etwas Besseres fällt mir nicht ein.
„War er. Er hat mich gefragt, ob ich nachkommen möchte. Um mich abzulenken und wieder klar denken zu können. Er hat übrigens eine Idee gehabt: Am besten wär es, ich würde Unterberger kennenlernen. Er will uns einladen. Und dazu eben noch seinen Freund.“
O du liebe Güte. Hoffentlich wird das nicht doch ein wenig kompliziert. Aber es zu sagen, wäre jetzt wohl grundfalsch. „Eine gute Idee“, erwidere ich daher. „Ich glaube, er wird dir gefallen. Und: Er versteht etwas von gutem Essen. Wir sollten ganz dringend in dieses kleine zypriotische Lokal gehen. Wollte ich dir schon seit Tagen vorschlagen.“
Oskar sieht auf die Uhr. „Es ist höchste Zeit für mich.“
Ich nicke, ganz brave Ehefrau. „Ich räume schon ab.“
An der Tür umarmen wir uns, als ginge mein tapferer Held auf Weltreise. „Ist er wirklich so charmant?“, will er noch wissen.
„Und wie“, grinse ich. „Aber du bist größer.“
In der Redaktionskonferenz berichte ich nur ganz allgemein über die Hochspannung zwischen Energieleuten und Aktivisten. Dass ich gestern Nacht bei der Friedhofsaktion dabei war, erwähne ich nicht. Ich habe die Agenturmeldungen durchforstet und bin bloß auf eine kleine Nachricht gestoßen. „In der Nacht verwüsteten Randalierer den Friedhof von Loidesbach. Einige der Täter konnten noch vor Ort gefasst werden, die Polizei ermittelt.“ Kein Hinweis auf einen Zusammenhang mit „Cybersolar“. Auf
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