Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
ihrer Facebookseite kein Bekenntnis zum Feuerwerk. Vielleicht hat Fran recht und die „Cyberfriends“ sind bloß eine Randgruppe der „Cybersolar“-Leute. Keine Hierarchie … Woran soll man sich dann halten? – Das sind alte Gedanken, uralte, Mira. Und ausgerechnet von dir, der Befehlsstrukturen immer verdächtig waren. Aber: Wenn man keinen hat, gegen den man kämpfen kann? Ich grinse. Dumme Sache. Vor mir liegt der Zettel, den ich gestern vom Friedhof mitgenommen habe: „
Es geht auch anders.“
Was ist das? Eine Drohung? Gegen wen? Von wem? Im Netz stehen einige neue Aufrufe, sich zu Protestpicknicks zu treffen. Kann man dadurch tatsächlich den CO 2 -Ausstoß reduzieren oder gar die Welt retten?
Ich überlege gerade, zu Droch rüberzugehen und ihm von der Friedhofssache zu erzählen; erstens hat er für skurrile Aktionen etwas übrig – zumindest Spott –, und zweitens möchte ich ihn um seine Einschätzung bitten. Da läutet mein Telefon und dran ist Oskar. Ob ich nicht Lust hätte, in seine Kanzlei zu kommen? Man könnte wieder einmal Sushi essen. An Essen kann ich eigentlich nach diesem üppigen Frühstück noch gar nicht denken. Ich habe beim Abräumen die ganze Eierspeise und das meiste vom Schinken verputzt. Ist einfach so passiert. Aber wenn er mich zu sich einlädt …
„Oder hast du keine Zeit?“, fragt er beinahe schüchtern nach.
„Klar habe ich Zeit, ich wollte bloß gerade zu Droch. Ich komme. Und nicht zu viele Sushis bitte.“
Seine Sekretärin sieht mich an, als wäre ich ähnlich willkommen wie des Ebolavirus. Oskar schwört, dass sie alle, die hier reinkommen, so anschaut, aber ich bin überzeugt davon: Dieser Blick ist exklusiv für mich. Sie ist laut Oskar einfach eine Perle, unersetzbar, also müsse er gewisse Eigenheiten eben tolerieren. Ich grüße sie so freundlich wie möglich, öffne Oskars Tür und verseuche ihren heiß geliebten Chef mit meiner Anwesenheit.
Oskar gibt mir einen Kuss auf den Mund und drückt mich an sich. Ganz zur Normalität sind wir noch nicht übergegangen. Üblicherweise tut es ein kürzerer Kuss ohne allzu viel Körperkontakt auch. Wird eben so, wenn man schon jahrelang zusammen ist. Auf seinem Besprechungstisch stehen Sushis, Wasser und Weißwein. Ich werde verwöhnt. Weil es mich gibt. So supertoll bin ich ja gar nicht. Gut, dass das die anderen nicht wissen.
„Worüber lächelst du?“, will Oskar wissen.
„Es war ein innerer Monolog. Ich freu mich, weil ich verwöhnt werde.“
„Du findest das kindisch?“ Besorgter Dackelblick.
„Oskar, du kannst dich entspannen! Ich finde es nicht kindisch, sondern total nett. Ich hab mir nur gerade gedacht, so toll bin ich ja gar nicht, was für ein Glück, dass das die anderen nicht wissen.“
„Ja dann“, lacht Oskar und zieht die Sushis weg von mir.
„Ich wollte dich einfach sehen, aber es hat noch einen Grund, warum ich wollte, dass du kommst“, sagt Oskar nach dem ersten Sushi. „‚Pure Energy‘. Man hat mich angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, einer ihrer Anwälte zu werden.“
„Die wollen dich aushorchen. Oder mich unter Druck setzen“, erwidere ich.
„Ich weiß gar nicht, ob ihnen klar ist, dass wir zusammen sind. Sie wollen in Österreich expandieren und sie wissen von meiner Partnerkanzlei in Frankfurt. Frankfurt ist ihr Hauptsitz.“
„Ihre Konzernzentrale ist in Zypern“, murmle ich nachdenklich. „Die wollen in Österreich expandieren? Was haben sie vor?“
„Mira, es war bloß ein erstes Telefongespräch.“
„Mit wem? Mit Hohenfels?“
„Nein, mit diesem Stepanovic, von dem Carmen erzählt hat.“
„Hat das Ganze vielleicht mit ihr zu tun?“, überlege ich.
„Kann ich mir nicht vorstellen.“
„Einen Vorteil hätte es, wenn du einer ihrer Anwälte wärst: Du wüsstest, was dort vorgeht.“
„Du glaubst aber nicht im Ernst, dass ich dir das dann sagen würde? Schon einmal was von beruflicher Verschwiegenheitspflicht gehört?“
„Ich will ja nicht, dass du mir offiziell etwas erzählst.“ Ich nehme ein Sushi mit Garnele und viel Wasabi. Mit zu viel Wasabi habe ich Oskar schon einmal dazu gebracht, für mich zu spionieren. Nein. Keine Wiederholungen. Ganz abgesehen davon, dass der arme Oskar nach der damaligen Aktion ganz schön lädiert war. „Willst du den Auftrag eigentlich?“
„Ich weiß nicht“, überlegt er. „Für Jana und Fran gehören die von ‚Pure Energy‘ zu den Bösen. Ich glaube nicht, dass man die Welt derart
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