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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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aufeinander abgestimmten Zusatzteilen …«
    »… vollautomatische Kinderwiege, individuell einstellbarer Wiegerhythmus, Schlummerbeleuchtung, Zwölf-Melodien-Spieluhr, kindersichere Stromzuführung …«
    »… elektrisch heizbare Skimontur mit wiederaufladbarem Akkumulator …«
    »… mehr Licht fürs Heim durch Verberks kombiniertes Mobil-Leucht-System. Der richtige Schimmer für jedes Zimmer! Glühbirnen inklusive …«
    Holzmann seufzte, verfluchte die Fußgängerzone der Innenstadt, die ihn dazu zwang, sein Auto zu verlassen und zu Fuß zu gehen, begleitet vom Hyänengeheul der Werbelautsprecher und Abschlepper und dem Glanz der Leuchtstoffröhren und Reklameflächen, auf dem die suggestiven Lichtpunkte tanzten und wirbelten, einen wilden Reigen aufführten.
    Und dann die Menschen, stumme Käfer, rastlos und hektisch, uhrenabhängig, ja, vor allem uhrenabhängig, denn tickten die Zeiger, tickten die Stechuhren.
    In den Betonbecken mit ihren Gras- und Blumengewächsen begannen die elektrischen Sprenkler zu arbeiten, spritzten gedüngtes Wasser.
    Holzmann rollte mit den Förderbändern, rollte durch das Labyrinth der Kaufhäuser und Einzelhandelsgeschäfte, rollte vorbei an den Schaufensterauslagen die Blicke geradeaus gerichtet, aber die Retina bombardiert von den tiefenpsychologischen Lichtreizen, den semantischen Schlüsselwörtern aus den Lautsprechersystemen. Holzmann rollte, passierte die elektrischen Rasenmäher, Kaffeemühlen, Waschmaschinen, Dosenöffner, Heizgeräte, Mixer, Bügeleisen, Frisierstäbe, Flaschenwärmer, Eierkocher, Klimaanlagen, huschte entlang an den vollautomatischen, elektrischen Entsaftern, Fleischwölfen, Kühlboxen, Grillgeräten, Fischentgrätern, Bügelmaschinen, Fruchtentsteinern, Thermostaten, Schuhputzmatten, rollte rollte vorbei an den Heizkissen, Haarschneidemaschinen und an all den tausend anderen Automaten.
    Erleichtert betrat er den Aufzug des Hotelgebäudes, fuhr empor, hinauf in das neunzehnte Geschoß, hinein in den langen, breiten, teppichbelegten, taghellbeleuchteten, fensterlosen Gang, horchte auf das leise Fauchen der Klimaanlage und der Luftumwälzpumpen, wartete, bis sich sein nervös pochendes Herz beruhigt hatte und öffnete dann mit einem Knopfdruck die doppelflüglige Tür des großen Konferenzsaales.
    Erwartungsvoll betrachteten ihn die Männer und Frauen. Da und dort brandete Beifall auf, wurden freundliche Willkommensrufe laut.
    Der Gastgeber kam Holzmann mit ausgestreckten Armen entgegen, schüttelte enthusiastisch seine Hand und murmelte eine gestelzte Begrüßungsrede.
    Auch hier das Summen der Klimaanlagen, das klarheitschaffende Licht der Deckenleuchten, die fensterlosen Wände.
    Holzmann trat zur Rednertribüne, deutete eine Verbeugung an. Das Gemurmel der Stimmen verstummte allmählich.
    »Meine Damen, meine Herren«, begann Holzmann seine Rede – zum wievielten Male eigentlich die gleichen Worte, die gleichen Betonungen? fragte er sich –, »heute morgen wurde mir wieder deutlich bewußt, wie unverzichtbar für unsere Gesellschaft der stetige Zuwachs an Energie ist und welches Chaos, welche Katastrophe es auslösen würde, wenn man dem Verlangen naturschwärmerischer Sonderlinge und sonstiger zweifelhafter Gruppierungen nachgäbe!
    Darum in aller Entschiedenheit und gleich zu Beginn ein klares, ein notwendiges Wort: Ohne Energie ist unser Lebensstandard, ist unser Wohlstand nicht aufrechtzuerhalten! Und ohne Atomkraftwerke keine Energie!
    Nur die nukleare Technologie sichert uns die Megawatt, die wir benötigen, um menschenwürdig, modern und bequem zu leben …«
    Holzmann redete nahezu eine Stunde, so, wie er es immer tat.
    Und seine Argumente – so fand er – ließen sich nur schwer widerlegen.

 
     
Matuscheks Welten
     

Matuschek beäugte träge den hellen Lichtfleck an der Wand. Es war ein merkwürdiger Fleck: handtellergroß, unförmig und aufgedunsen, mit unzähligen Ecken und Kanten und Einbuchtungen, mit Vorsprüngen, Löchern und fransigen Rändern.
    »Was sehen Sie?« fragte Rescor mit seiner eintönig dahinplätschernden Stimme.
    Matuschek blinzelte, schloß die schmerzenden Augen. Wenn doch nur dieser Druck endlich nachließe! »Ein Segelschiff«, sagte er schließlich. Unwillkürlich nickte er. Ja tatsächlich! Jetzt konnte er es genau erkennen! Ein schwerer, ächzend und mit klatschenden Segeln vorwärtsschwankender Schoner, umspült von salzbeißenden Brechern und naß und klamm gefroren in der eiskalten

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