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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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bienenemsig surrenden Rollstuhl, geschnürte Hände, geschnürte Brust, und wurde von den Sicherheitsbeamten durch die Korridore geschoben.
    »Wohin?« fragte Matuschek.
    Keine Antwort.
    Matuschek bewegte sich, rüttelte gegen die Armlehnen. Warnend zuckte der bläuliche Entladungsblitz einer Elektropeitsche an seinem Kinn vorbei. Die Luft roch nach frischgefrästen Metallspänen. Matuschek saß still.
    Die schwarzgestrichene Aufzugkabine wirkte wie ein Plastiksarg. »Nach unten?« fragte Matuschek.
    Ja, nach unten. Matuschek schloß die Augen, döste die Unruhe hinweg. Der Lift stoppte, stieß ihn und seinen Rollstuhl in einen der breiten Zentralkorridore, vorbei an gläsernen Türen, runden Tunneleingängen und gelbgrünen Pflanzenkästen, deren Gewächse sich hungrig den grellen Leuchtplatten entgegenreckten.
    Im Labor herrschte mildes Licht.
    Rescor rauchte wieder, grinste nikotingelb. »Die Wissenschaft benötigt viele Diener«, murmelte er zusammenhanglos. Die Würgemale an seinem Kehlkopf schillerten rötlich.
    Tribeau befestigte einen drahtdünnen Metallreifen an Matuscheks Stirn, spickte ihn mit Elektroden und Sonden, verstellte am Diagnoster einige Schieberegler, legte Schalter um.
    Klack! Klack! Klack!
    Es klickt wieder in mir, dachte Matuschek furchtsam. Und obwohl der blitzende Kranz an seiner Stirn bald warm und schmiegsam war, zitterten Matuscheks Lippen.
    »Alle Systeme positiv!« verkündete Tribeau erfreut.
    »Ich habe Kopfschmerzen!« sagte Matuschek heiser. »Himmel, mir zerspringt mein Schädel!«
    »Kein Grund zur Besorgnis«, beruhigte Rescor souverän. »Eine völlig ungefährliche, normale Nebenerscheinung!« Er drehte den Kopf, gab Tribeau ein Zeichen. »Wir beginnen!«
    Matuschek spannte die Muskeln an, wartete – worauf? In den Gesichtern der Analytiker glänzte atemlose Spannung.
    Rescor, Tribeau, das Labor, der Diagnoster, sie zerflossen.
    Klick!
    Matuschek überprüfte wiederholt die Berechnung des Bordcomputers. Konnte es tatsächlich möglich sein? Ein Fehler? Jetzt? Hier draußen? In dieser entscheidenden Phase?
    Es war nur eine winzige Abweichung, nicht einmal ein Tausendstel Grad, aber bei den Entfernungen …
    Wie war das nur möglich? Ein Versehen? Menschliches Versagen? Oder … oder wenn jemand die Koordinaten von Epsilon Eridani gefälscht hatte …?
    In seinen Achselhöhlen fühlte Matuschek feuchtwarmen Schweiß kochen.
    Aber wer? Eine derartige Manipulation des Flugprogramms konnte man nur an Bord vornehmen.
    Wer?
    Rescor? Unwahrscheinlich, der Mediziner verstand nicht genug von elektronischen Systemen.
    Blieb also nur – Tribeau! Der Techno! Matuschek ballte seine Hände zu Fäusten. Er hätte gleich darauf kommen müssen!
    Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen.
    Jene seltsamen, lauernden Blicke … Seine Nervosität … Die schleichenden Schritte, die Schweigsamkeit, das schabende Husten … Der scharfe, schneidende, höhnische, hinterhältige Ton seiner Stimme … Die hämischen Gesten … Die spitze, meuchelnde Nase … und harte Augen, keine Gefühle außer Haß …
    Matuschek verspürte eine panische Furcht, eine Hilflosigkeit, als sei er ein ängstlich strampelndes Insekt in dem unsichtbaren Netz einer metamorphierten Spinne.
    Aber – was bezweckte der Techno damit? Was hatte er vor? Warum versuchte er zu verhindern, daß die Expedition Epsilon Eridani erreichte? Nur ein Irrsinniger konnte beabsichtigen, das Forschungsschiff ziellos in den interstellaren Raum treiben zu lassen, ohne Treibstoffvorräte, ohne die Chance zur Rückkehr, verloren und verschollen für alle Zeiten … Nur ein Irrsinniger …
    Die Erkenntnis ließ ihn aufstöhnen. Matuschek sah, daß seine Finger bebten. Was tun? hasteten seine Gedanken. Wie reagieren? Das Herz in seiner Brust schien eisumpanzert.
    Rescor! Rescor mußte ihm helfen! Er mußte helfen, Tribeau zu überlisten, er mußte ihm eine Spritze geben, ihn zum Reden zwingen … Rescor! Wo war Rescor?
    Matuschek schaltete die Rundrufanlage ein, bemühte sich, seiner Stimme einen gelangweilten Klang zu geben, murmelte Rescors Namen in das Mikrofon.
    Keine Bestätigung.
    Was war geschehen? Was war nur geschehen?
    Mein Gott! Das durfte nicht sein! Hatte etwa Tribeau Rescor beseitigt? Ahnte der Saboteur etwas von seiner, Matuscheks, Entdeckung? Wenn ja, dann …
    Angst wuchs. Panik. Steinschwere, gelähmte Glieder, verspannte Muskeln, rauschendes Blut.
    Matuschek zuckte zusammen.
    Durch das geöffnete Schott schlich Tribeau gebeugt, den

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