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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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menschenleer war.
    »Wir trennen uns«, schlug Harris vor. »Durchsucht den Komplex. In vier Stunden treffen wir uns wieder hier.«
    Die anderen verschwanden. Harris und Ylyssa sahen sich an, und der Kommandant wurde wieder von der unaussprechlichen Schönheit des außerirdischen Mädchens fasziniert.
    »Beginnen wir«, murmelte Ylyssa. Sie wandten sich den Kellerräumen zu und standen fünf Minuten später vor der Schaltanlage, die seltsamerweise nicht desaktiviert war. Im Hintergrund führte ein Tunnel in die Tiefe. Rötliches Leuchten glimmte daraus hervor.
    Neugierig ging Ylyssa darauf zu, gefolgt von Hugh. Plötzlich bückte sich das Mädchen und hob einen Zettel auf. Alarmiert glättete Harris das zerknüllte Papier und überflog die handschriftliche Botschaft:
    IN DER EWIGKEIT LIEGT DIE HOFFNUNG – SUCHT DAS LEBEN IN DER ZEIT!
    Verwirrt steckte Hugh die Notiz in seine Hosentasche. Er konnte sich keinen Reim auf die Worte machen. Auch Ylyssa zuckte verständnislos die Achseln, und Harris konnte auf ihren formvollendeten Schenkeln eine leichte Gänsehaut erkennen.
    Harris näherte sich dem Tunnel. Ein kühler, aber nicht unangenehmer Lufthauch streifte ihn. Er kam aus dem Tunnel.
    »Hugh!« schrie Ylyssa plötzlich voller Angst. Aber es war zu spät.
    Harris wurde von unsichtbaren Kräften in die Höhe gehoben und auf den Tunnel zugetragen. Der Mann fühlte, wie das Leben aus ihm wich. Dann war er verschwunden …
    Nathaniel Fletcher schüttelte verwirrt den graubehaarten Kopf und löste sich zögernd aus Harris’ Persönlichkeit. Das Bild des Mädchens verblaßte vor seinen Augen und hinterließ nur einen aufgewühlten Nebel aus Grün und Dunkelblau. Fletcher seufzte entsagungsvoll und zwinkerte Trusk freundlich zu.
    »Sagen Sie, Robert, dieses Mädchen … Existiert es wirklich? Eine Schauspielerin?«
    Trusk zwinkerte zurück. »Nein, Nat, leider nicht.« Er lachte, und es schien, als vibriere seine faltenreiche Haut wie der ausgedörrte Kokon einer schlüpfenden Insektenlarve. »Wir haben nach den psychologischen Gutachten unserer Experten eine idealisierte Person zusammengemixt. Nach den Analysen dürften neunzig Prozent der männlichen und achtzig Prozent der weiblichen Zuschauer mit dieser fiktiven Gestalt sympathisieren. Eine fast ideale Identifikationsfigur.«
    Fletcher bewegte nachdenklich den Schädel. »Bedauerlich. Ich hätte sie gern kennengelernt.«
    DeBorre schnitt eine Grimasse. »Haben Sie doch, oder?«
    Fletcher riß verblüfft die Augen auf. »In der Tat! Aber« – er grinste – »etwas näher … Sie verstehen?«
    DeBorre schnalzte wissend mit der Zunge. »Warten Sie ab, Nat! Szene sieben beispielsweise … Kann Ihnen sagen …«
    »Schon gut, Marcel«, unterbrach ihn Fletcher hastig und sah auf seine Armbanduhr. »Das ist im Moment nicht so wichtig. Für meine Zwecke genügt bereits diese Aufnahme. Aber sobald sie perfekt im Kasten ist, können wir uns über diese siebte Szene noch einmal unterhalten!«
    Trusk erhob sich ächzend von der grellgemusterten Couch und trat an das große Panoramafenster von Fletchers Büro. Zwanzig Stockwerke tiefer, fast winzig aus dieser Perspektive, breiteten sich die Ateliers von Cornings Cinema Ltd. über den ebenen Boden aus; niedrige, langgestreckte Betonschuppen, zwischen denen die wie hingetupfte Farbkleckse wirkenden Menschen emsig hin und her hasteten.
    »Habe ich Sie richtig verstanden, Nat?« knurrte Trusk unwillig. »Soll ich Ihren Worten entnehmen, daß Sie an der Neufassung etwas auszusetzen haben? Schließlich hat Mister Cornings persönlich die letzten Korrekturen angeordnet; Korrekturen, die Punkt für Punkt von Marcel und mir vorgenommen worden sind.«
    »Aber Robert!« Fletcher nippte an seinem Glas, in dem gefärbtes Mineralwasser sprudelte. »Warum so empfindlich? Hat Steve Ihnen nicht gesagt, daß diese Szene als Werbespot vor der Uraufführung des ganzen Sensifilms laufen soll?«
    »Das schon, aber was hat das …«
    »Public Relations ist teuer, Robert«, erinnerte ihn Fletcher mit weicher Stimme. »Lassen Sie sich das von einem in Ehren ergrauten Branchenkenner sagen! Ganz davon abgesehen hat die Lizenz des Sensiprojektors die Firma fast … nun, sehr, sehr viele Dollars gekostet. Und diese Gelder mußten erst besorgt werden! Wissen Sie, wie teuer Kredite heutzutage sind? Und ahnen Sie, welche Mittel es erfordert, überall im Land Sensikinos zu errichten oder normale Lichtspielhäuser auf das Sensisystem umzurüsten? Dann die

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