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Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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sich fortan um die Daueraufträge an Ihre Vermieter keine Gedanken mehr zu machen brauchen. Ist das nichts?«
    DeBorre stöhnte erstickt. »Bodenlose Infamie!« zischte er. »Wollen mich wohl lächerlich machen, wie? Marcel deBorre degeneriert zum Werbeheini! Was werden meine Fans von mir denken?«
    »Aber Marcel! Bitte keine Vertraulichkeiten!«
    »Streike! Weigere mich! Meine Anwälte …«
    »Ich bitte Sie, Marcel! Sie haben nichts damit zu tun! Das ist einzig und allein Roberts Angelegenheit! Er ist der Regisseur und …«
    »Moment mal!« mischte sich Trusk ein. Sein Doppelkinn bebte empört. »In meinem Vertrag steht nichts davon, daß ich auch Werbespots …«
    »Keine Werbespots, Robert«, beruhigte ihn Fletcher eilig. »Die Rechtsabteilung war der Meinung, daß Sensiwerbespots unter das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb fallen. Auch irgendein Artikel der Verfassung – Menschenwürde oder so etwas – spräche dagegen. Tja, die Paragraphenreiter müssen es wissen. Nein, wir machen etwas völlig anderes. Viel subtiler! Sie werden sehen, es gefällt Ihnen!«
    »Aber was muß ich tun?« Trusk beugte sich über den Schreibtisch. »Ich habe da von einer Methode gehört, die besonders im Fernsehen …«
    »Genau, Robert!« Fletcher nickte bedeutsam. »Ein alter Hut zwar, wenn man pedantisch ist – das gab es bereits Mitte der siebziger Jahre, natürlich noch ziemlich unvollkommen –, aber die Massenpsychologen sind fest davon überzeugt, daß das Sensiprinzip für diese Art Public Relations geradezu ideal ist!« Er griff nach einem dünnen Aktenordner. »Hier, Robert, schauen Sie sich das gründlich an und sprechen Sie anschließend mit Ernest Caminski. Er wird Sie bei allen Problemen beraten und dafür sorgen, daß Sie Ihren Vertrag nicht zu verletzen brauchen.«
    Trusk seufzte und nahm den Ordner entgegen. »Ist damit alles geklärt? Ich meine, können wir danach die Szene abschließen?«
    »Da bin ich überfragt«, gestand Fletcher. »Pain hat das letzte Wort.«
     
    *
     
    ORT: New York City; ein verräucherter Partykeller.
    ZEIT: 21. September; kurz nach Mitternacht.
    PERSONEN: Pete »Porni« Splash (Kurzfilmproduzent); William L. M. Jefferson (Direktor einer Vertriebsgesellschaft).
     
    »Ich weiß wirklich nicht, warum du dir derartige Sorgen machst, Bill! Du hast keine Phantasie. Das ist dein Fehler.«
    »Phantasie? Phantasie, ha! Ich brauche nicht viel Phantasie, um mir auszumalen, wie wir enden werden. Ich sehe schon die Lagerhallen! Oh, Gott! Unzählige, riesige Lagerhallen mit Tausenden und Abertausenden von Filmspulen, vermodert, fleckig, vergilbt, von Mäusen zerfressen, vom Smog brüchig gesäuert; jede Spule gut ihre zwanzig bis fünfzig Dollar wert, alle unverkäuflich. Sogar geschenkt will sie niemand mehr!
    Und dann – Gerichtsvollzieher! Ganze Schwärme von schmallippigen, stechend blickenden Gerichtsvollziehern! Und Rechnungen, Mahnungen, Drohbriefe! Tonnen von Mahnungen und Zahlungsbefehlen, die uns zermalmen! Gläubiger, Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter, Gefängniswärter, Friedhofsgärtner! Furchtbar! Armageddon ist nichts dagegen! – Pete, was macht der Whisky?«
    »Zum Wohl, Bill! Und ich sage dir noch einmal, du hast keine Phantasie! Und wenn du doch welche hast, dann benutzt du sie nur zum Schwarzmalen. Das Sensiprinzip ist das Beste, was uns passieren konnte!«
    »Pete?«
    »Ja?«
    »Was meint dein Psychiater?«
    »Hör auf mit dem Unsinn, trink dein Glas leer und konzentriere dich.«
    »Wie du willst, wie du willst! Was schlägst du vor? Schlaftabletten? Ja, vielleicht sollte ich wirklich Schlaftabletten …«
    »Zum Wohl! – Bill, bleiben wir sachlich und führen uns noch einmal vor Augen, was wir bisher gemacht haben.«
    »Ade, du schöne Zeit …«
    »Pro Monat haben wir vier neue, erstklassige und teilweise künstlerisch wertvolle Colorpornos auf den Markt geworfen, jeder Streifen zehn Minuten lang, mit Auflagen und Produktionskosten, die uns ein paar hundert Prozent Gewinn brachten. Nichts Perverses, sondern biedere, normale Pornos; Gruppensex, Lesbo, Homo, Bi, und die Dinger gingen weg wie warme Semmeln.«
    »Pete, Whisky!«
    »Zum Wohl! – Und unsere Kundschaft? Wer waren unsere Kunden, Bill? Ah, genau! Eine Handvoll gelangweilter älterer Ehepaare, Männergesellschaften, Privatclubs und – Alleinstehende! Zum größten Teil frustrierte alte Spießer, die vor der Leinwand schweißtriefende Onanierorgien veranstalteten. War es nicht so, Bill?«
    »Pete, sie laufen

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