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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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Choräle abkündigen.“
    Ich ging zurück zu meinem Chorgestühl. Charles trat zum Lesepult.
    Der Text war für ihn aufgeschlagen worden, damit er ihn gleich lesen konnte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund beschloß er, eine Seite umzuschlagen, um zu sehen, was sich auf der Rückseite befand.
    Mrs. Partridges Weintrauben auf der linken Seite verfingen sich in seinem Chorhemd. Bei seinem Versuch zu verhindern, daß sie in seinem Ärmel verschwanden, löste er sie aus ihrer Verankerung, und sie fielen in eine Korngarbe. Statt das Mißgeschick zu übergehen, schickte er sich an, die Empore zu verlassen. Der Choral vor der Lesung endete, und er hockte immer noch dort unter dem Lesepult und sammelte die Weintrauben auf.
    „Lassen Sie sie liegen und halten Sie die Lesung!“ rief ich von meinem Gestühl aus.
    Chor und Gemeinde krümmten sich vor Heiterkeit. Das hier war besser als jede Aufführung, die sie je im Gemeindesaal gesehen hatten.
    Ich hatte noch nie jemanden einen Text so schlecht vorlesen hören, wie er es mit dem achten Kapitel des fünften Buches Mose tat. Allerdings schaffte er es, das Lesepult zu verlassen, ohne lang hinzuschlagen.
    Dafür war ich zutiefst dankbar.
    Als das Glaubensbekenntnis begann, ging ich zum vierten Mal zu ihm hinüber, zur großen Erheiterung aller Anwesenden.
    Er sank auf die Knie; ob er um göttliche Leitung bei seiner Predigt oder um ein Ende all der Peinlichkeiten betete, weiß ich nicht. Was immer es war, sein Gebet wurde nicht erhört.
    Der Reverend Charles Wentworth-Baxter machte sich auf den Weg zur Kanzel. Er zog seine Predigt aus dem Talar und legte sie auf das kleine Lesepult der Kanzel.
    Der Vikar begann seine Predigt, indem er die ersten beiden Seiten ohne jedes Zeichen der Anteilnahme ablas. Auf Seite drei fühlte er sich gedrängt, seinen Gefühlen durch eine Geste Ausdruck zu verleihen. Er gebrauchte seine rechte Hand, um eine Aussage zu unterstreichen, und Bertie Owens’ Wasserglas wurde einem dritten, bisher nicht vorgesehenen Zweck zugeführt. Es ergoß sich über Mrs. Annie Jones und Mrs. Collier in der ersten Reihe und zersprang am Fuß der Kanzel in tausend Stücke.
    Das war das Signal für Bertie Owen, in die Sakristei zu rennen und mit einem Handtuch wieder zu erscheinen. Er eilte durch den Mittelgang den Damen zu Hilfe, und während sie sich die Gesichter abtrockneten, stand er an ihrer Seite und signalisierte mir durch Handzeichen, daß siebenundneunzig Personen an der Kommunion teilnehmen würden.
    In der Zwischenzeit hielt ein puterrot angelaufener Charles Wentworth-Baxter, den Kopf über sein Manuskript gebeugt, seine Predigt vor einer Gemeinde, die alle Mühe hatte, ihre Hysterie in Schach zu halten. Idris der Milchmann tat sein Bestes, um sich selbst wie auch die männlichen Mitglieder des Chores zu dämpfen, jedoch nur mit geringem Erfolg. Die einzigen, die das Ganze nicht amüsant fanden, waren Mrs. Jones und Mrs. Collier.
    Der Höhepunkt dieser Erntedankfarce kam, als Bertie, nachdem er das Handtuch zurück in die Sakristei gebracht hatte, mit einem Kehrbesen wieder zum Vorschein kam und den Mittelgang entlang ging, um die Glasscherben aufzukehren. Hätte der neue Vikar auch nur einen Funken gesunden Menschenverstand gehabt, so hätte er seine Predigt abrupt beendet und wäre von der Kanzel gestiegen. Da er jedoch leider über diese Gabe nicht verfügte, setzte er seine sehr gelehrte Ansprache fort, die besser in einen Hörsaal als in die St.-Padarn’s-Kirche gepaßt hätte.
    Mir wurde klar, daß der Zeitpunkt für ein Eingreifen meinerseits gekommen war. Ich verließ das Chorgestühl und trat Bertie unter der Kanzel entgegen.
    „Gehen Sie damit wieder zurück in die Sakristei“, flüsterte ich. Bertie blickte beleidigt drein.
    „Man kann doch nicht die Scherben hier liegenlassen, wenn die Leute zur Kommunion nach vorn kommen“, sagte er laut.
    „Aber man kann sie liegenlassen, bis die Predigt zu Ende ist“, beharrte ich.
    Er zog sich in die Sakristei zurück, während die Gemeinde ihm mit unverhohlener Heiterkeit nachsah, schon in Vorfreude auf die nächste Zirkusnummer.
    Charles Wentworth-Baxter leierte immer noch vor sich hin, die Nase nur ein paar Zentimeter von seinem Manuskript entfernt. Als ich schon mit mir rang, ob ich ihn von der Kanzel holen sollte, sagte der Prediger: „Ich kann nur hoffen, daß das Gesagte Ihnen die Begrenzungen des Pelagianismus vor Augen geführt und die Grenzenlosigkeit der göttlichen Vorsehung

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