Unter uns Pastorentoechtern
Androkles anzuspringen — bis er ihn als den barmherzigen Samariter erkennt, der ihm den Dorn aus der Pranke gezogen hat. Ich stellte gebückt stehend mit ausgestreckten Armen den Löwen dar.
Die Toilettentür ging mit einem Krachen auf. Matthew kam heraus, und alle Köpfe drehten sich von mir zu ihm um. „He“, rief er. „In dieser Toilette gibt es kein Papier. Das ist ein hoffnungsloser Laden hier.“
Eine der Sonntagsschullehrerinnen war rasch mit etwas Notizpapier bei der Tür. Matthew riß es ihr aus der Hand und knallte die Tür wieder hinter sich zu.
Meine Ansprache war ruiniert. Ich brach sie ab und kündigte das letzte Lied an. Noch bevor es zu Ende war, hatten Matthew und Ben die Kirche verlassen. Sie kamen nicht mehr wieder.
Als ich die Kirche abschloß, erschien Idris der Milchmann.
„Ich habe über eine Bude für den neuen Vikar nachgedacht“, sagte er. „Moelwyn, der Obsthändler, und seine Frau haben noch Zimmer frei.“
„Alle großen Geister denken gleich“, erwiderte ich. „Genau das war auch Mrs. Richards’ Vorschlag. Dann muß das wohl der richtige Ort für Charles Wentworth-Baxter sein. Ich glaube, ich gehe gleich hin und rede noch vor dem Tee mit ihnen.“
„Aber bedenken Sie“, sagte Idris, „ich glaube kaum, daß dem Pfarrer all diese Machenschaften hinter seinem Rücken recht sein werden. Sie wissen ja, wie er ist.“
„Bisher sind die einzigen Leute, die wissen, daß Charles umziehen möchte, Sie, ich und Mrs. Richards. Mit ein bißchen Glück und günstigem Wind wird sich vielleicht etwas ergeben, das den Pfarrer überzeugt, daß eine sofortige Änderung notwendig ist.“ Nach diesen Worten eilte ich zum Laden des Obsthändlers.
Moelwyns militärischer Schnurrbart zuckte bei meiner Frage nach Unterkunft für meinen Kollegen ebensosehr wie vor einigen Wochen, als er auf dem Polizeirevier dem Arm des Gesetzes gegenübergestanden hatte.
„Tja, wir haben zwar Zimmer hier, aber ich weiß nicht, ob es für einen Vikar angemessen wäre, über einem Obst- und Gemüseladen zu wohnen. Allerdings haben wir einen Nebeneingang, den die Leute benutzen könnten, wenn sie ihn besuchen wollen.“ Moelwyn wandte sich an seine Frau. „Was meinst du dazu, Schatz?“
Myfanwy Howells, grauhaarig und dicklich, war eine fröhliche Frau, die immer lächelte. „Von mir aus, Moelwyn“, sagte sie, „kann er gerne kommen. Das einzige Problem ist, daß ich nicht in der Kirche bin, aber ich glaube nicht, daß das für ihn ein Grund sein muß, nicht zu kommen.“
„Dann sind Sie sich einig, daß er kommen kann, falls wir die Erlaubnis des Pfarrers bekommen?“ fragte ich.
Wieder zuckte der Schnurrbart. Moelwyn sah seine Frau an, die schweigend ihre Zustimmung signalisierte, und sah mich dann an, als ob er zu einer spontanen Entscheidung gekommen sei.
„Abgemacht“, verkündete er und schüttelte mir fest die Hand.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nichts darüber sagen würden, bis wir herausgefunden haben, ob mein Freund die Erlaubnis bekommt, seine Unterkunft zu wechseln“, sagte ich.
„Kein Wort zu niemandem“, erwiderte Moelwyn. „Nehmen Sie einen Schluck von meinem Pastinakenwein, bevor Sie gehen.“
Er schenkte mir ein Gläschen ein. Ich saß zehn Minuten lang da und ließ mir die köstliche Flüssigkeit über die Zunge rollen; dann machte ich mich auf und trat hinaus in die späte Nachmittagssonne.
Die frische Luft hatte eine seltsame Wirkung auf meine Beine. Sie schienen in einen Wettstreit miteinander getreten zu sein. Plötzlich läutete in meinem Kopf eine Alarmglocke. Ich erinnerte mich an eine Geschichte, wie der Pastinakenwein meines Großvaters den örtlichen Vikar betrunken und dienstunfähig gemacht hatte. Und jetzt stand ich da — und mußte in etwa einer Stunde den Gottesdienst in St. Padarn’s halten.
„Zumindest ist mein Kopf klar, selbst wenn meine Beine nicht zusammenarbeiten wollen“, sagte ich mir.
Ich erreichte die Mount Pleasant View Nummer dreizehn, ohne zu fallen — eine beachtliche Leistung, da meine Beine ständig miteinander zusammenzustoßen schienen.
Als ich die Tür öffnete, kam mir eine besorgte Mrs. Richards entgegen. „In Ihrem Zimmer wartet ein Mann auf Sie. Nennt sich Hauptmann Eynon“, flüsterte sie. „Er ist sehr gereizt.“
„Das bin ich auch“, sagte ich. „Ich habe etwas Pastinakenwein getrunken; er soll sich also lieber in acht nehmen.“
Hauptmann Eynon war ein kleiner, schmerbäuchiger Mann mit schwarzem
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