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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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Stöhnen. Ich kniete neben ihr nieder. Der Geruch war so übel, daß Eau de Schlußspieler Jones dagegen wie ein Strauß Veilchen gewirkt hätte. Sie hatte die Augen geschlossen.
    „Sind Sie in Ordnung?“ fragte ich.
    Keine Antwort.
    „Du Idiot“, sagte ich zu mir selbst.
    Dann beschloß ich, ihren Puls zu fühlen. Etwa fünf Jahre zuvor hatte ich als Student einen Erste-Hilfe-Schein gemacht. Ich bekam ihn von einem nachsichtigen Prüfer, der die ganze Gruppe bestehen ließ.
    Entweder hielt ich ihr Handgelenk falsch, oder sie war tot. Da sie noch atmete, kam ich zu dem Schluß, daß ich ihr Handgelenk falsch hielt.
    „Der nächste Schritt ist“, belehrte ich mich selbst, „Hilfe zu holen.“
    Ich rannte aus dem Haus und klopfte an die Tür des Nachbarhauses. Eine ältere Dame öffnete. Sie trug einen schmutzigen alten Regenmantel und eine Männerschiebermütze. Zwei geweitete Augen starrten mich unverhohlen aus einem kohlegeschwärzten Gesicht heraus an.
    „Es ist Miss Bradshaw“, platzte ich heraus. „Sie ist zusammengebrochen. Würden Sie bei ihr bleiben, während ich die Ärztin hole?“
    Ich wartete nicht auf eine Antwort, sondern ließ die erschrockene Hausbewohnerin glotzend auf ihrer Schwelle stehen.
    Die Arztpraxis befand sich drei Straßen weit weg. Ich rannte wie von der Tarantel gestochen. Als ich um die Ecke bog, sah ich Eleanors Wagen vor dem Haus stehen.
    Ich sprang die Stufen empor, immer zwei auf einmal. Bevor ich auf den Klingelknopf drücken konnte, öffnete meine Geliebte die Tür.
    „Was ist los?“ fragte sie besorgt. „Sie sehen schrecklich aus und keuchen wie ein Nilpferd.“
    „Es ist Miss Bradshaw!“ japste ich.
    „Wer bitte ist Miss Bradshaw?“ fragte sie. „Und was ist mit ihr los?“
    „Sie ist — eine alte Dame, die zusammengebrochen ist“, brachte ich zwischen den Atemzügen hervor.
    „Springen Sie in den Wagen“, befahl sie, „und warten Sie, während ich meine Tasche hole. Sie haben Glück. Ich wollte gerade nach Hause fahren.“
    Immer noch keuchend, stieg ich ein. Sekunden später saß Eleanor neben mir.
    „Sie sehen aus, als würden Sie auch gleich zusammenbrechen, mein Lieber“, sagte sie, während sie ihre Tasche auf den Rücksitz warf. „Jetzt erzählen Sie mal Muttern die ganze Geschichte.“
    Während der Wagen davonrollte, berichtete ich ihr die Fallgeschichte.
    „Miss Bradshaw wohnt in einem Slum...“
    „Das fängt ja gut an“, warf sie ein.
    „Außerdem“, fuhr ich fort, „ist sie von Katzen umgeben. Sie muß mindestens zwanzig Katzen haben.“
    „Vergessen Sie die Katzen“, sagte sie ungeduldig. „Kommen Sie zur Sache, Frederick.“
    „Kurz gesagt“, erwiderte ich mit aufflammendem Zorn, „ich wollte sie heute nachmittag besuchen und fand sie bewußtlos am Boden. Ich habe die Nachbarin bei ihr zurückgelassen.“
    „Demnach atmet sie?“ fragte Eleanor.
    „O ja!“ antwortete ich. „Ich dachte schon, ich müßte ihr den Lebenskuß geben, aber sie stöhnte, als ich näher kam.“
    „Was für eine verheerende Wirkung Sie auf alte Damen haben“, sagte sie. „Überhaupt müssen Sie sich all Ihre Küsse für mich aufheben.“
    Mein Zorn verflog mit Lichtgeschwindigkeit.
    „Hier ist es“, sagte ich, als wir in die Bevan’s Row einbogen.
    „Da wären wir wieder einmal“, kommentierte Eleanor. „Hand in Hand, Kirche und Medizin. Ich hoffe, diesmal ist kein Wahnsinniger hinter Ihnen her.“
    Die Vordertür stand offen, wie ich sie zurückgelassen hatte.
    „Puh! Was für eine Höhle!“ sagte sie. „Dieser Flur sieht aus wie ein Schützengraben im Ersten Weltkrieg.“
    Drinnen saß die Nachbarin mit dem geschwärzten Gesicht, immer noch mit Mütze und Regenmantel bekleidet, in einem Sessel und bewachte die liegende Miss Bradshaw.
    „Ich glaube, sie atmet noch, Frau Doktor“, flüsterte die Nachbarin.
    „Schaffen Sie diese Viecher hier raus“, befahl Eleanor mit einer Stimme, die einem Hauptfeldwebel Ehre gemacht hätte, „und versuchen Sie, dieses Fenster zu öffnen, wenn Sie können.“
    Die „Viecher“ verstanden die Botschaft, bevor ich etwas unternehmen konnte. Sie stürzten sich in heilloser Flucht zur Hintertür. Ich bahnte mir einen Weg durch den Teppich aus Katzenleibern und öffnete die Tür. Die Katzen flohen wie ein Rudel Lemminge in der Selbstmordsaison.
    Als ich ins mittlere Zimmer zurückkehrte, kniete die junge Ärztin neben der alten Dame, das Stethoskop im Anschlag.
    „Lassen Sie das Fenster erst einmal“,

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