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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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nicht, was du denkst. Mit dem Vater habe ich nichts zu tun. Die Einladung kam von der Tochter.«
    »Ach so.«
    Duftender Kaffeegeruch breitete sich aus. Waltraud Mehring kam mit zwei Tassen zum Tisch und setzte sich zu Sylvia.
    »Und wann gehst du mal wieder mit einem netten Mann aus?«
    Was diesen Punkt betraf, stand ihre Mutter Anne in nichts nach. Sylvia seufzte. Manchmal argwöhnte sie, die beiden hatten eine Wette laufen, wer es schaffen würde, sie unter die Haube zu bringen.
    »Wo ist Vater?«
    »In der Garage, wo sonst. Er bastelt an seinem neuesten Prunkstück. Chevrolet, Baujahr 1956.«
    Kurz vor Mittag lockte der Duft von Eisbein und Sauerkraut aber auch ihn ins Haus. »Hallo, Tochter. Was gibt’s Neues?« Er schnupperte geräuschvoll. Neugierig hob er den Deckel vom Topf hoch und steckte seine Nase hinein. Sylvia stand auf, um den Tisch zu decken.
    »Was soll es schon Neues geben? Und wie ist es bei dir? Machen deine Klienten vielleicht mal gerade keine Dummheiten?«
    »Gott bewahre mich vor einer harmoniesüchtigen Welt. Auch wenn ich natürlich grundsätzlich dafür bin, aber wovon sollte ich armer Rechtsanwalt dann leben?«
    »Du bist ein Zyniker.«
    »Natürlich. Wie könnte ich sonst Anwalt sein?«
    Nach dem üppigen Genuss des Mittagessens verschaffte Sylvia sich etwas Bewegung, ging in den Garten, mähte Rasen, hackte Unkraut. Sie wusste, ihre Mutter würde sie in den kommenden Stunden von einer Mahlzeit zur nächsten verwöhnen und, wenn es ging, auch zwischendurch. Um diese Fürsorge irgendwie zu überstehen, war aktiver Kalorienverbrauch der einzige Ausweg.
    Zum Kaffee gab es dann auch den unvermeidlichen Apfelkuchen. Sylvia stopfte ihn tapfer in sich hinein. Zum Abendbrot war sie kaum noch in der Lage, ein halbes Wurstbrot zu essen.
    »Ich kann nicht mehr, sonst platze ich«, schnaufte Sylvia.
    »Du wirst nicht gleich übergewichtig werden, nur weil du mal richtig isst«, widersprach ihre Mutter.
    »Davor habe ich keine Angst. Aber ein Magen hat irgendwo seine natürliche Grenze. Ich möchte vermeiden, demonstrieren zu müssen, was passieren kann, wenn diese überschritten wird.«
    »Kind!« rief Waltraud Mehring entsetzt. Werner Mehring lachte.
    Als Sylvia am nächsten Tag wieder nach Hause fuhr, befand sich im Kofferraum der obligatorische Esskorb voll mit Eingewecktem, Tiefgefrorenem und ein paar Flaschen selbstgemachten Obstweines. Ihre Mutter war scheinbar nicht von der Vorstellung abzubringen, dass ihre Tochter verhungerte, wenn sie es nicht verhinderte.

7.
    M ontag morgen. Sylvia betrat gerade ihr Büro, als auch schon das Telefon klingelte.
    »Nur zu deiner Information: Es war einfach köstlich beim Australier. Du hast was verpasst!« trompetete Anne durch das Telefon.
    »Meinst du das Essen?«
    »Was denn sonst?«
    »Nun, das lässt sich ja sicher nachholen.«
    Übergangslos platzte Anne jetzt hervor: »Sylvia, hast du schon gehört? Der Neue ist schwul!«
    »Ja und?«
    »Ja und?! Er soll etwas mit einem Studenten am Laufen gehabt haben.« Anne liebte Klatsch über alles.
    »Ich nehme an, der Student war mindestens einundzwanzig und damit volljährig.«
    »Du bist ja soooo naiv. Der Junge bekam gute Noten im Tausch gegen guten Sex!« deklarierte Anne wie selbstverständlich.
    »Wer sagt das?«
    »Das sagt niemand! Das ist so!« Es wurmte Anne merklich, dass Sylvia so gar nicht auf die Sensation einstieg. Die Nachricht, die wie eine Bombe hatte einschlagen sollen, war als Blindgänger lautlos verpufft.
    »Du meinst, eine solche Beziehung kann nicht um ihrer selbst willen bestehen?«
    »Natürlich kann sie. Aber in so einem Fall . . .«
    »Da vermutet man einfach Unmoral.«
    »Mein Gott, ich werde mich hüten, irgendein Urteil zu fällen!«
    »Das hat sich eben aber noch ganz anders angehört.«
    Sylvia hörte, wie Anne am anderen Ende der Leitung genervt die Luft ausstieß.
    »Ja, ja, du hast mal wieder Recht, du alte Besserwisserin.« Und dann setzte sie in resignierendem Ton hinzu: »Wie konnte ich nur auf die Idee kommen, du würdest dich mit mir an harmlosem Klatsch erfreuen. Sag mir noch mal, warum wir Freundinnen sind, manchmal will es mir einfach nicht einfallen.«
    »Weil ich fast fünf Jahre lang das Chaos in unserer Bude ertrug, dich im Leid deines häufig gebrochenen Herzens getröstet und vor allzu großen Dummheiten bewahrt habe?« entgegnete Sylvia belustigt. Sie verkniff sich mühevoll ein Kichern.
    »Ach ja.« Anne tat, als erinnerte sie sich jetzt. »Das könnte es

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