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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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Spaß.«
    Sylvia winkte ab. »Anne versucht mich ständig mit einer Kopie ihres Freundes zu verkuppeln. Sie ist überzeugt, das müsste auch mein Traumtyp sein.«
    »Und – ist er es?«
    »Ach was. Aber das kann ich ihr schlecht sagen.«
    »Und wie sieht er aus, Ihr Traumtyp?«
    »Eine gute Frage. Ehrlich gesagt, ich habe nicht die geringste Ahnung. Was empfehlen Sie mir?«
    Karen lächelte in sich hinein. Das sage ich dir lieber nicht. Laut sagte sie: »In jedem Fall rate ich Ihnen, genau in sich hineinzuhören.« Ihre Augen blickten dabei sehr ernst.
    Verwirrt vom abrupten Wechsel in Karens Stimmung spürte Sylvia wieder die starke Irritation in ihrer Gegenwart, für die sie keine Erklärung hatte. »Ein guter Rat«, bedankte sie sich.
    Wenigstens hatte Anne nicht wieder zu dick aufgetragen. Torsten Arndt war nett. Er überschüttete sie nicht mit plumpen Komplimenten und war sogar angenehm unterhaltend. Um seine Augen entstanden kleine Fältchen, wenn er lächelte, und er lächelte oft.
    Das Restaurant, das er ausgesucht hatte, war eine Art Musikcafé. Sylvia fand es sehr gemütlich. Sie fühlte sich wirklich wohl.
    »Normalerweise verabrede ich mich nicht mit Frauen, die ich zuvor noch nie gesehen habe. Anne hat mir praktisch die Pistole auf die Brust gesetzt«, gestand Torsten ihr jetzt.
    »Was, Ihnen auch?« staunte Sylvia.
    »Das sieht ihr ähnlich«, sagten sie dann wie aus einem Mund. Es stellte sich heraus, dass Anne ihnen beide dieselbe Geschichte erzählt hatte, in leicht abgewandelter Form.
    Torsten war Lehrer, also »artverwandt«, stellte er grinsend fest. Es folgten ein paar amüsante Schüler-Lehrer-Geschichten. »Und nun stellen Sie sich vor, Sie müssen bei einem Hausbesuch einem Elternpaar beibringen, dass sich ihr zartes Kind, ihr Engel, ihr Ein und Alles, an der Schule wie ein Neandertaler benimmt. Kinder, erst recht Teenager, können ja solche Verwandlungskünstler sein. Der Kuss der Mutter zum Abschied leitet die Metamorphose ein. Wie die Prinzessin, die den Frosch küsst und damit den Prinzen zum Vorschein bringt, nur umgekehrt. Eine solche Mutter bringt sie glatt um, wenn Sie – herzloser Schulpädagoge, Eindringling – Muttis Herzblatt Übles wollen.«
    »Sie sind sehr mutig, dass Sie sich ohne Bodyguard in die Höhle solcher Löwinnen trauen«, sagte Sylvia lachend.
    »Oh, ich trainiere hart«, meinte Torsten salopp. »Ich laufe hundert Meter in 12,2 Sekunden. Das hat bisher immer gereicht.«
    »Auch bei den Vätern?«
    »Autsch, da haben Sie mich aber erwischt. Ehrlich gesagt, mache ich Termine nur, wenn ich weiß, dass der Herr Vater, gemäß seinem Urinstinkt, für die Sorge des Unterhaltes seiner Familie außerhäuslich unterwegs ist.«
    »Und? Ging es bis jetzt gut?«
    »Außer einmal. Da kam Papi vorzeitig von einem Coaching für Manager nach Hause. Das war beim besten Willen völlig unvorhersehbar. Er ließ die frisch erlittene Persönlichkeitsspaltung in Form von widersprüchlicher Autoritätspräsentation an mir aus. Er lud mich zu einem Kognak ein, redete von übergeordneten Zielen, angemessenem Verständnis, akribischem Controlling – eine ganze Stunde! Es war grauenhaft und trug nicht im entferntesten zum Thema bei.«
    »Hören Sie auf. Sie sind ja ein neuer Baron Münchhausen.«
    »Sie glauben mir nicht?«
    »Die Metamorphose – ja. Aber den Manager – niemals.«
    »Und doch war es so.« Er hob zwei Finger zum Schwur.
    Zum Glück hatte Sylvia den Wein, den sie eben noch nippte, schon hinuntergeschluckt. Sie prustete los.
    »Kann es sein, dass Ihre Umgebung auf Sie abfärbt und Sie sich selbst wie ein Schuljunge verhalten?«
    »Manchmal«, gab Torsten zu. »Ist das schlimm?«
    »Oh nein. Ich finde es steht Ihnen.«
    »Danke. Das ist nicht gerade ein Kompliment, das aufbaut, aber ich will nicht zu anspruchsvoll sein«, sagte er trocken. Seine Augen sprühten dabei tausend kleine Blitze.
    Es war Torsten, der schließlich vorschlug, den Abend zu beenden. Sylvia bedauerte es sogar ein wenig. Sie hätte gerne noch weiter mit ihm geplaudert. Aber im Grunde genommen war sie auch müde. Sie verabschiedeten sich vor dem Restaurant.
    »Danke. Es war nett mit Ihnen«, bedankte sich Sylvia herzlich.
    »Dito«, erwiderte Torsten. Wieder bildeten sich Lachfältchen um seine Augen.

8.
    A nne schob einen Stapel Papier beiseite, setzte sich auf die so freigeräumte Kante von Sylvias Schreibtisch, ein Bein in der Luft baumelnd.
    »Na? Wie war’s?« Sie platzte vor

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