Unter Verdacht
clevere Art und Weise unterschlagen zu haben. Findet man das Geld, weil man dessen Fluss verfolgen kann, stehen Sie natürlich ebenso unter Verdacht.«
Karen sah Sylvia überrascht an. Ja, sicher. Aber wenn sie die Betriebsprüfung nicht zuließ, machte sie sich erst recht verdächtig!
Es fiel Sylvia nicht schwer, Karens Gedanken zu erraten, und deshalb erklärte sie: »Die Herren würden Ihr Entgegenkommen nicht honorieren. Sie erreichen mit Ihrer Zustimmung nicht, dass man Sie unvoreingenommener bewertet. Es ist gerade erst eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt erfolgt, offenbar ohne belastende Beweise gegen Sie!« Sylvia betonte diesen Satz besonders. »Die falschen Gutachten sind nur Indizien, der Kreditbetrug eine reine Vermutung! Im Moment haben die Herren keine Handhabe gegen Sie. Denn dann würden sie nicht um Erlaubnis bitten, sondern hätten einen Durchsuchungsbefehl.«
Das leuchtete Karen ein. Dankbar nickte sie Sylvia zu.
»Sie haben es gehört, meine Herren.«
Holzner betrachtete Sylvia stirnrunzelnd. Wenn Sylvia Mehring, wie sie vor wenigen Tagen gesagt hatte, Karen erst seit kurzer Zeit kannte und ihre Beziehung rein beruflicher Natur war, warum ergriff sie dann so stark Partei für die Candela? Er würde das nachprüfen. Laut sagte er: »Nun, wir werden ohnehin in Kürze die richterliche Erlaubnis haben.«
»Dann können Sie ja den Moment auch noch warten«, erwiderte Sylvia trocken.
Holzner erhob sich und gab seinem Kollegen ein Zeichen. Keller sprang auf. Die beiden Kriminalbeamten verabschiedeten sich. Die Tür schloss sich hinter ihnen. Karen blieb regungslos sitzen.
»Karen?« Sylvia blickte sie fragend an.
Karen lächelte matt. »Bloß gut, dass ich auf das Ganze vorbereitet war. Sonst . . .« Resigniert brach sie ab.
Sylvia strich Karen sanft über den Rücken. »Ich schlage vor, wir gehen etwas essen. Ich kann mir nicht denken, dass Ihnen jetzt der Sinn danach steht, Entwürfe zu diskutieren. Sie brauchen eine Pause, etwas Ruhe.«
Karen lächelte schwach. »Möchten Sie mir die sprichwörtliche Schulter zum Ausheulen hinhalten?«
»Warum nicht?« sagte Sylvia sanft.
Das Restaurant war nur mäßig gefüllt. Sylvia und Karen wählten einen Tisch im hinteren Teil des Lokals und bestellten.
Sylvia schwieg. Sie wollte Karen Zeit lassen, ihre Gedanken zu sortieren. Mit dem Besuch der Beamten in Karens Büro änderte sich die Situation grundlegend. Bereits vorher stand Karen unter großem Druck. Nun wurde die Bedrängnis noch größer. Wenn sie nicht in kürzester Zeit ihre Unschuld beweisen konnte, drohte ihr ein Prozess.
Karen schien in ihren Überlegungen zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen zu sein, denn sie runzelte die Stirn.
»Das Verrückte daran ist, ich würde an Holzners Stelle dieselben Schlüsse ziehen«, stellte sie resigniert fest.
»Karen, Sie dürfen sich nicht wirr machen lassen«, sagte Sylvia eindringlich. »Stellen Sie die Informationen für Holzner zusammen, die er gefordert hat. Dann hat er etwas, woran er sich festbeißen kann.«
»Holzner hat sich bereits an mir festgebissen. Den interessieren meine Informationen nicht.«
»Aber er braucht mehr als ein paar fehlerhafte Berechnungen. Dass die Gutachten absichtlich gefälscht wurden, lässt sich nur durch erneute Gutachten feststellen. Das beansprucht Zeit. Kostbare Zeit, die wir nutzen müssen, Ihre Unschuld zu beweisen. Ich werde für Sie prüfen, in welchem Umfang die Gutachten manipuliert wurden, indem ich mir die Baustellen ansehe. Außerdem wird wohl jemand zu finden sein, der die Person gesehen hat, welche die jeweiligen Bestandsaufnahmen vor Ort gemacht hat. Sie dagegen verfolgen mit Hilfe von Reimann und Endrich die Spuren, die Sie in den Unterlagen der Buchhaltung finden. Was halten Sie davon?«
Karen zuckte hilflos mit den Schultern.
»Die Gutachten allein sind kein ausreichender Beweis gegen Sie. Schon gar nicht, da nicht Sie selbst es waren, die sie erstellt hat«, versuchte Sylvia Karen zu beruhigen. »Erst der Entzug des Geldes aus der Firma erfüllt letztendlich einen Strafbestand. Und zu diesem Punkt haben die Beamten bisher nichts gegen Sie in der Hand.«
»Nett, dass Sie mich aufmuntern wollen. Ihr Vorschlag ist im Grunde genommen auch sehr gut, hat aber einen Haken. Sie sind schon wieder mittendrin in der Geschichte! Sie kennen meine Meinung dazu. Ich möchte Sie aus der Sache heraushalten. Zu Ihrem eigenen Schutz«, betonte Karen.
»Und Sie kennen meinen Standpunkt. Im
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