Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)

Behälter mit elektrischen Steckverbindern sowie verschiedenen Werkzeugen. Alles kaum als Verteidigungswaffe geeignet, dachte Giordino. Dann entdeckte er ein kleines Bündel Leitungsrohre. Gewöhnlich als Schutz für frei liegende Kabelsegmente verwendet, waren die knapp anderthalb Meter langen Abschnitte aus galvanisiertem Stahl an den Enden mit Gewinden versehen. Giordino runzelte nachdenklich die Stirn, als er auch noch einen Eimer voller Verbindungsstücke fand. Er rief Pitt zu: »Ich glaube, hier hab ich etwas Geeignetes.«
    Eine Minute später schoss der Kombiwagen an der Auffahrt zur Schnellstraße vorbei und rollte weiter in Richtung City. Der Pick-up bog zwei Blocks vor ihnen an einer Ampel nach rechts ab, und Pitt warnte Giordino: »Achtung! Halt dich bereit!«
    Er nahm den Fuß vom Gaspedal und erlaubte dem Polizeiwagen, dicht zu ihnen aufzuholen. Als sie nur noch wenige Wagenlängen von der Verkehrsampel entfernt waren, gab Pitt das Kommando: »Jetzt!«
    Giordino öffnete die Hecktüren mit einem Fußtritt und schob ein etwa drei Meter langes Rohrstück, das er zusammengeschraubt hatte, aus dem Laderaum. Ein Ende stemmte er gegen einen Holzklotz, den er vor den hinteren Radkästen verkeilt hatte, und stabilisierte es mit Draht, den er um die Türangeln wickelte. Pitt gab ihm ein paar Sekunden Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen, dann rammte er den Fuß aufs Bremspedal.
    Der Polizeibeamte hatte sich bereits zurückfallen lassen, als er das Rohr wie eine mittelalterliche Turnierlanze auftauchen sah, und bremste abrupt, als die Bremslichter des Vans aufleuchteten. Pitt war mit seinem leichteren Fahrzeug im Vorteil und steigerte die Wirkung seines Manövers, indem er in den Rückwärtsgang schaltete, sobald der Van zum Stillstand gekommen war.
    Der Polizeiwagen rammte die hintere Stoßstange des Kombiwagens, kurz nachdem er von Giordinos Behelfswaffe aufgespießt worden war. Das Leitungsrohr durchlöcherte den Kühlergrill und den Kühler des Chargers, ehe es den Motorblock traf und sich wie eine Ziehharmonika zusammenschob. Eine Dampfwolke wallte aus dem Motorraum, von der die Polizisten im Wageninnern jedoch nichts mitbekamen, da ihnen die Sicht nach draußen durch explodierende Airbags versperrt wurde.
    Pitt legte den ersten Gang ein und gab Gas. Ein knirschendes Geräusch erklang von hinten, als der Van wieder vorwärtsrollte. Die Stoßstange löste sich schließlich vom Charger, und der Van machte einen Satz. Giordino drehte sich um und sah, dass die Röhre wie der Schnabel eines Kolibris aus dem Kühlergrill des Polizeiwagens ragte, malerisch umwallt von einer dichten Dampfwolke.
    Giordino turnte wieder zurück auf den Beifahrersitz. »Jetzt wird es für die Monteure richtig teuer.«
    »Was nur beweist, dass die beiden Gringos wirklich verrückt waren.«
    Pitt ergriff das Lenkrad fester und nahm die Straße vor ihnen mit neuem Elan unter die Räder. Jeder Cop in Tijuana würde schon bald nach dem ramponierten Werkstattwagen der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Ausschau halten. Nachdem er den Wagen mit quietschenden Reifen um die nächste Kurve manövriert hatte, nagelte er das Gaspedal wieder aufs Bodenblech. Sie mussten Ann Bennett zu Hilfe kommen – und zwar schnellstens.

18
    »Ich sehe das Blaulicht der Polizei gar nicht mehr.« Der Fahrer des Pick-ups grinste Pablo triumphierend an. Jahre intensiven Drogengenusses hatten seinen Mund in eine Höhle voll braunen Zahnfleisches und verfaulter Zähne verwandelt. »Ich glaube, wir haben sie abgeschüttelt.«
    »Fahr nicht zu schnell, damit du nicht auffällst«, sagte Pablo, »aber bring uns sofort zum Flughafen.«
    Der Fahrer sah sich die Route auf dem Navigationsbildschirm des Trucks an: Sie verlief quer durch die Stadt zum Flughafen auf der nordöstlichen Seite der Stadt. Während er im Rückspiegel ständig Ausschau nach Polizeiwagen und rotierendem Blaulicht hielt, schenkte er dem kleinen Kombiwagen, der ihnen in kurzem Abstand folgte, nur wenig Beachtung.
    Je mehr sie sich dem Stadtzentrum näherten, desto dichter wurde der Verkehr. Der Fahrer des Pick-ups bog nach Osten in eine Straße namens Plaza El Toreo ein, wo es auf den schmuddeligen Bürgersteigen von Menschen wimmelte. Als er einigen Fußgängern auswich, die die Fahrbahn überquerten, ohne nach rechts oder links zu schauen, sackte der Pick-up in ein Schlagloch, woraufhin die Kiste auf der Ladefläche hochgeworfen wurde.
    Pitt und Giordino, die dichtauf folgten, verfolgten die