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Untergrundkrieg

Titel: Untergrundkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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als Erstes zwei Tabletten, und wenn die Schmerzen dann nachlassen, nehme ich keine mehr. Heute morgen habe ich auch eine genommen, damit wir reden können …
    Murakami: Schaffen Sie es denn? Es tut mir leid …
    Nein, nein, das macht nichts. Die Schmerzen sind chronisch, ich bin daran gewöhnt. Sie breiten sich von irgendeinem Punkt in der Mitte meines Kopfes aus. Jetzt ist es auf der linken Seite, aber an manchen Tagen wandern die Schmerzen von links nach rechts oder über den ganzen Schädel …
    In diesem Jahr habe ich ein Datenverarbeitungsprogramm für Kostenvoranschläge eingerichtet, das auf meiner zwanzigjährigen Erfahrung basiert. Wenn der Computerbildschirm grün ist, geht es. Es gibt drei, vier Farben, die meinen Augen wehtun. Richtig fixieren kann ich auch immer noch nicht. Wenn ich in eine Richtung schaue, plötzlich gerufen werde und mich umdrehe, haut mich der Schmerz fast um. Das passiert andauernd. Es ist seltsam, wenn ich nach links sehe, ist der stechende Schmerz im linken Auge, schaue ich nach rechts, ist er im rechten. Als ob es durchbohrt würde. Wenn es sehr schlimm ist, würde ich mich am liebsten umbringen. Der Tod wäre eine Erleichterung.
    Ich war bei mehreren Augenspezialisten, aber sie konnten die Ursache nicht finden. Sie haben mich kurz angeguckt und gesagt, alles sei in Ordnung. Das war’s. Mehr wurde nicht geredet. Nur einer hat gesagt, Bauern hätten häufig die gleichen Symptome. Anscheinend greift der Umgang mit Düngemitteln die Nerven an und ruft die gleichen Symptome hervor.
    Nun ist der Sommer vorbei, und ich habe noch immer diese Kopfschmerzen, von denen ich Ihnen schon damals erzählt habe. Ich komme bloß noch pro forma ins Büro. Sie beschäftigen mich zwar, aber trotz meiner zehn Dienstjahre bin ich all meiner Aufgaben als leitender Angestellter enthoben. Mein Chef sagt, zu viel Stress am Arbeitsplatz sei schlecht für meine Gesundheit. Aber das Ergebnis dieser Fürsorge ist natürlich, dass ich kein vollwertiger Angestellter mehr bin.
    Natürlich bin ich dankbar, dass sie mich schonen wollen, und nach dem Anschlag habe ich ja auch härter gearbeitet als sonst. Um der Firma Unannehmlichkeiten zu ersparen, habe ich meine Kopfschmerzen verschwiegen, auch wenn das Unsinn war.
    Ehrlich gesagt, ich fühle mich im Moment nicht ausgefüllt. Um es deutlicher zu sagen, man hat mich aufs Abstellgleis geschoben. Sogar mein Schreibtisch wurde umgestellt. Ich gehe zwar ins Büro, aber es gibt nichts Richtiges für mich zu tun. Ich sitze allein da und sortiere Quittungen. Jeder könnte das machen. Meine jahrelangen Erfahrungen kann ich dabei nicht einsetzen.
    Oft mache ich irgendwelche Pläne– »wie wäre es, wenn du dies und jenes tätest?« Aufs ganze Leben gesehen, macht ein verlorenes Jahr nicht viel aus, oder? Immerhin habe ich schon zwanzig Jahre engagiert gearbeitet. Für einen Einundvierzigjährigen habe ich viel erreicht, also könnte ich mir eine Pause leisten, versuche ich jedenfalls, mir einzureden. Aber wenn ich realistisch bin, muss ich damit rechnen, noch lange so leben zu müssen. Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Im Moment arbeite ich von morgens bis zwölf Uhr mittags und bin schon völlig erledigt.
    Wegen der Auszahlung meiner Unfallversicherung wurde mein Jahresbonus auf 250.000 Yen gekürzt. Finanziell ist es jetzt ziemlich eng. Der Bonus ist für einen Angestellten lebenswichtig, er reicht ja kaum für das, was im Monat fehlt. Ich habe gerade erst ein Haus gebaut und muss noch dreißig Jahre abbezahlen. Dann bin ich siebzig.
    Auch wenn ich rasende Kopfschmerzen habe, sieht man mir das nicht an. Was das bedeutet, weiß nur ich. Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten Tag für Tag einen unheimlich schweren Helm aus Stein auf dem Kopf tragen. Aber wahrscheinlich kann niemand meinen Zustand nachvollziehen. Ich fühle mich völlig isoliert. Wäre ich nur damals gleich gestorben, wie viel einfacher wäre alles gewesen. Aber ich muss an meine Familie denken und weitermachen.

»Ausgerechnet an dem Tag bin ich zufällig in die erste Tür eingestiegen«
Soichi Inagawa (64)
    Herrn Inagawas graues Haar wird schon etwas schütter, aber es ist sorgfältig frisiert. Er hat ein rundes, rosiges Gesicht, obwohl er nicht besonders füllig ist. Seit über zehn Jahren ist er Diabetiker und muss daher eine Diät einhalten. Dennoch ist er einem Schälchen Sake mit Freunden nicht abgeneigt.
    Er trägt einen gut gebügelten dunkelgrauen Anzug mit Weste. Er spricht sehr präzise;

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