Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Glückwünsche überbringen würdest. Darum habe ich Alina geschrieben und auch dass ich mit einem Viehtrieb unterwegs war. Ich gab den Brief in Alice Springs auf. Man sagte mir dort, dass er nicht pünktlich ankommen wird, sie rechneten mit zwei bis drei Tagen nach eurer Einschulungsfeier.“
Franziska nahm ein Taschentuch aus ihrer Tasche und putzte sich die Nase. Sie überlegte, wann der Brief angekommen sein könnte. „Ja“, sagte sie plötzlich „kurz bevor Alina starb, kam das Postflugzeug und brachte den Arzt und den Notar mit. Bei dem Trubel ist er sicher ungeöffnet irgendwo liegen geblieben. Und dann zündete Robin im Suff das Haus an, weil Sabrina alles geerbt hatte. Nichts konnte gerettet werden, dabei ist sicher auch der Brief verbrannt.“
„Oh, Franziska, was habe ich nur angestellt. Was habe ich euch für Leid zugefügt. Wenn ich das geahnt hätte, dann ...“
Die Tür wurde geöffnet und der Wärter sagte zu Kevin: „Die Besuchszeit ist zu Ende.“
Franziska stand von ihrem Stuhl auf. „Ich komme wieder Kevin, darauf kannst du dich hundertprozentig verlassen.“
Auch Kevin sprang auf, der Stuhl kippte polternd um. „Franziska, liebe...“, er ging mit seinem Mund an die Glasscheibe, aber Franziska wurde schon hinausgeführt. Bis in die Seele aufgewühlt, ging Kevin zurück in seine Zelle. An den zwei folgenden Tagen verweigerte er das Essen als Strafe für sein idiotisches Benehmen.
Die Bürgschaft
Franziskas Weg führte sie sofort zu ihrem Anwalt. Als sie ihm alles erzählt und ihren Redefluss beendet hatte, bekam er auch einmal Gelegenheit, etwas zu sagen.
„Unter der Bedingung, dass das erste Gespräch positiv verlief, habe ich Ihnen eine Neuigkeit zu überbringen.“
Nickend sagte Sie: „Es war positiv.“
„Da er sich kooperativ zeigte, wird er für eine Woche beurlaubt.“
Ein Freudenschrei entwich ihrem Mund.
„Aber nur, wenn Sie persönlich dafür bürgen, dass er nach Ablauf dieser Frist wieder hier erscheint.“
„Das werde ich, ganz bestimmt werde ich das.“ Dabei fiel sie ihrem Anwalt um den Hals und küsste ihn auf die Wange. „Danke, Mr. Williams, vielen, vielen Dank.“
„Das war ein schweres Stück Arbeit und war nur zu erreichen, weil Sie so einen guten Leumund haben. Auch von Ihrem Auftritt bei der Polizei habe ich erfahren, wobei Ihr Verhalten positiv gewertet wurde.“
„Kann man überhaupt zwei Bürgschaften gleichzeitig laufen haben?“
„Wenn eine Person eine so kämpferische Natur ist wie Sie, dann kann wohl keiner etwas dagegen haben.“
Erleichtert sagte sie: „Das habe ich gelernt, weiß Gott. Ich war auch einmal eine kleine graue Maus, die sich nichts zu sagen wagte.“
„Dann Hut ab vor Ihrem Lehrmeister.“
Stolz sagte sie: „Mein Lehrmeister war das Leben selbst, kein anderer.“
Er nickte, als hätte er ähnliche Erfahrungen gemacht.
„Ich weiß, dass es Ihnen schwer fallen wird, aber ich möchte Sie trotzdem bitten, ihrem Kevin noch nichts von der Beurlaubung zu sagen. Erfahrungsgemäß ändern dann die Inhaftierten ihr Verhalten. Es kam in solchen Fällen schon hin und wieder vor, dass aus diesem Grund die Beurlaubung zurückgenommen werden musste.“
„Wenn Sie es wünschen, werde ich schweigen wie ein Grab.“ Dabei hob sie ihre rechte Hand zum Schwur.
Wohin mit Cecilia
Franziska war froh, mit Cecilia über alles reden zu können, es gibt nichts Schlimmeres für sie, mit Problemen allein gelassen zu werden.
„Cecilia, bei allem, was mich in der letzten Zeit beschäftigte, habe ich ein großes Problem übersehen.“ Sie setzte sich Cecilia gegenüber.
„Wir können wohl doch nicht mit auf die Farm, wo du nun deinen Kevin gefunden hast?“
„Darum geht es nicht“, wehrte Franziska mit einer Handbewegung ab. „Ich wollte nur verhindern, dass du vor der gleichen Enttäuschung stehst, wie ich damals. Ich freute mich, endlich Unterkunft und Arbeit gefunden zu haben, als Alina feststellen musste, dass sie gar kein richtiges Dach über meinem Kopf hatte. Ich übernachtete mit meiner Tochter in einer Gemeinschaftsunterkunft für ledige Frauen, vorwiegend Schwarze. Zum Glück hatte sie schnell eine brillante Idee, die wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in die Tat umsetzten. Aber davon erzähle ich dir später, falls es dich interessiert. Als nach Alinas Tod das große Haus abbrannte, haben wir es nicht wieder aufgebaut, weil mir mein kleines Cottage ausreichte. Ich habe auch gar nicht die Absicht, dort auszuziehen.
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