Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Tatsachen ins Gesicht, und behalte – stets dein Ziel vor Augen.“
„Ja, ich verspreche es dir“, antwortete Franziska mit Tränen in den Augen. Sie dachte sich: Was er nur für einen Quatsch redet, natürlich wird er wieder gesund. Als ich seekrank war, habe ich auch gedacht, ich müsste sterben. Aber der Gedanke an meine Familie gab mir Kraft. Sicher wird bei ihm eine Erkältung mit im Spiel sein, darum dauert es auch etwas länger, bis er die Seekrankheit überwunden hat.
Nach Tagen dauerte Martins eigenartige Seekrankheit immer noch an.
„Matrose Rainer weiß sich keinen Rat mehr.“ Kapitän Ignatz streifte gedankenvoll mit der Hand über seinen Bart. „Er weiß, dass ihr Mann eine schwere Lungenentzündung hat. Aber er hat hier nicht die richtigen Möglichkeiten, diese zu behandeln. Er möchte in Kapstadt einen Arzt zu Rate ziehen. Bis dahin müssen wir uns gedulden, und ich hoffe, dass wir rechtzeitig dort ankommen.“
Mit Martins Gesundheit ging es mal bergauf und die nächste Stunde wieder bergab. Mal schöpften alle Hoffnungen und plötzlich lag er wieder in Fieberkrämpfen. Durch das Fieber magerte er immer mehr ab und verlor Haare. Die Kopfhaut konnte man an einigen Stellen durchsehen. Es war schlimm, das Leid mit anzusehen, und keiner konnte wirklich helfen. Jeder war bemüht, ihm das Leben so erträglich wie möglich zu machen.
Inzwischen hatte das Schiff den Äquator passiert. In den Morgen und Abendstunden, wenn es nicht zu heiß war, brachte man Martin auf das Freideck und bettete ihn in einen Liegestuhl. Allerdings nur in den Phasen, wo es ihm besser ging. In solchen Momenten war es vor allem Sabrina, die ihm viel Freude bereitete. Sie kletterte auf seinen Schoß und erzählte ihm, was sie schon alles von dem Kapitän gelernt hatte. Franziska beobachtete die beiden und hoffte, dass doch noch ein Wunder geschehen würde und sich alles zum Guten wendete. Aber auch sie sah, dass Martin immer schwächer wurde.
Sabrina wurde in der Nacht wach und bemerkte, dass ihre Eltern nicht im Bett waren. Sie hörte über sich mehrere Menschen laufen und ruhige Stimmen, die erzählten. Sie hörte auch jemand weinen. Wer ist da so traurig? dachte sie. Sabrina gab sich alle Mühe, die Stimmen zu erkennen. Die vom Kapitän erkannte sie. Aber durch das anstrengende Lauschen schlief sie schließlich wieder ein.
Franziska war glücklich an diesem Tag gewesen. Ihre Gebete wurden erhört, denn Martin ging es schon lange nicht mehr so gut wie heute. Er stand alleine auf und nahm Franziska in den Arm, küsste sie zärtlich. Franziska sehnte sich nach mehr. Es würde ihn zu sehr anstrengen, dachte sie und gab sich mit dem Kuss zufrieden. Beide gingen auf das Deck, um die frische Luft zu genießen. Das erste Mal seit Bremerhaven stand sie mit ihm an der Reling und genoss den Wind, die Sonne und die Nähe ihres Mannes.
Martin spürte dagegen, wie ihm die Beine zitterten. „Komm, Liebling, lass uns hinsetzen, das Stehen ist sehr anstrengend für mich.“
Sie hatten einen wunderschönen Tag zu dritt. Am Abend schaffte Franziska ihre Tochter zu Bett.
„Du freust dich heute, Mami?“
„Ja, ich bin so glücklich, dass es Papi endlich besser geht. Nun wird sicherlich alles gut.“ Sie gab ihre Tochter einem Gutenachtkuss und ging dann wieder zu ihrem Mann.
Als sie auf das Deck kam, erstarrte sie vor Schreck. Martin lag im Liegestuhl und hatte furchtbare Fieberkrämpfe. Da auf dem Deck ein angenehmer Wind wehte, ließ man ihn dort liegen. Der Kapitän saß bei ihm.
Martin sprach mit ihm unter hohem Fieber: „Sorgen – Sie – dafür, dass – dass meine Frau und – Sabrina – in – Bris – bane ankommen. Machen Sie ihr bitte – Mut, durchzu – halten.“
„Ja, das verspreche ich Ihnen, Herr Winter.“ Der Kapitän sah Franziska, die soeben gekommen war, ernst in die Augen, die mit Tränen gefüllt waren.
„Martin, bitte. Martin, ich liebe dich, ich brauche dich!“ Sie hielt seine Hand umklammert und küsste diese. Ein letzter Fieberkrampf durchzuckte Martins Körper. Franziska wollte ihn nicht loslassen, doch er war schon nicht mehr bei ihr.
Der Kapitän schloss Martins Augen.
Als man sie mit ihrem Mann für ein Weilchen alleine ließ, dachte sie an Martins Worte, die er immer wiederholt hatte, nämlich, die Reise, wie geplant fortzusetzen. Sie dachte schmerzvoll an die Hoffnung, die sie noch vor einer Stunde hatte. Es ging ihm doch heute so gut. Der Kapitän meinte, dass es ein letztes Aufflackern
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