Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Sabrina das ältere Kind, Shirley, da diese am meisten zappelte. Aber dafür hatte Bradley Pech mit Randy, denn er hatte etwas mehr in der Windel und rümpfte die Nase. Er nahm es wie ein Mann, beklagte sich nicht und machte seine Aufgabe gut.
Kevin und Franziska störten die beiden nicht. Sie setzten sich auf die Veranda.
„Hast du dich mit dem Anwalt in Verbindung gesetzt, Franziska?“
„Ja, aber wie immer wusste er noch nichts.“
D u n g l o e – Kleine Küstenstadt im Norden von Irland
1958
Mr. Marc McCloud war nun schon mehr als zwei Jahre in Dungloe. Die Menschen hier sind Fremden gegenüber sehr misstrauisch und verschlossen. Um seinen Auftrag zufriedenstellend erfüllen zu können, hatte er die Idee, sich in Dungloe niederzulassen. Er mietete sich ein Zimmer über der Gastwirtschaft und stellte sich als schreibender Gelehrter vor. Er dachte, da würde es nicht auffallen, wenn er öfters über das Land und die Leute Geschichten hören wollte. Und so war es auch. Ganz allmählich fassten die Menschen in der Kleinstadt Dungloe Vertrauen zu ihm.
Marc McCloud saß wie immer an seinem kleinen Tisch in der Ecke der Gastsstube und schrieb. Manchmal gesellten sich andere Gäste zu ihm. Sie schwatzten über dies und das. Marc wollte hin und wieder etwas über die Leute von Dungloe wissen. So war es auch heute.
„Stammt die Agnes Hardwick aus Dungloe oder ist sie zugezogen?“, wollte Marc von Okke wissen.
„Hast wohl ein Auge auf die Agnes geworfen? Jungchen, da gibt es aber bessere Weiber. An der ist doch nichts dran, und außerdem wirst du mit ihr nur Ärger haben, die hat Haare auf den Zähnen. Bei ihr hat es noch keiner länger als vier Wochen ausgehalten.“
Okke lachte und erzählte weiter. „Tja, die Agnes hatte es schwer. Kein Wunder, warum sie so hinterlistig geworden ist.“
Marc unterbrach ihn nicht, aber er befürchtete, dass Okke vom Thema abkam. Doch endlich kam er wieder zur Sache. „… Sie stammt nicht von hier. Ihre Eltern waren bereits sehr alt, als sie geboren wurde. Die Mutter starb bei der Geburt, und der Vater verunglückte, als die Agnes noch ein Baby war. Der Neffe ihres Vaters nahm sie auf. Aber als dieser mit seiner Frau nach Australien auswanderte, – da war Agnes drei Jahre – übernahm sein jüngerer Bruder die Erziehung des Kindes. Er und seine Frau starben später an Schwindsucht, und so wurde die Agnes in einem staatlichen Heim erzogen. Später, als sie erwachsen war, hat sie das Anwesen ihrer Pflegeeltern übernommen. Es war in den Jahren sehr verwahrlost gewesen. Sie hatte viel Arbeit damit, aber brachte es wieder in Schuss.“
„Weiß die Agnes, was mit ihren leiblichen Eltern geschehen ist?“, wollte Marc wissen.
„Klar, die weiß über alles genau Bescheid. Übrigens erzählt sie überall, dass sie bald ein großes Erbe in Australien antritt und bald eine reiche Frau sein wird. Aber keiner glaubt es wirklich. Die spinnt sich immer viel zusammen.“
Das war für Marc der Beweis. Nun musste er nur noch nach Belfast reisen und im Register die betreffenden Urkunden heraussuchen, damit sein Auftraggeber etwas Schriftliches in den Händen hatte.
Am Abend, bevor er auf sein Zimmer ging, klopfte er bei Aimée – der Wirtin an. „Bei mir ist etwas Dringendes dazwischen gekommen, ich muss morgen früh nach Belfast abreisen. Machst du mir bitte die Rechnung fertig, Aimée?“
„Na, hoffentlich ist es nichts Unangenehmes!“
Marc überhörte diese Frage, was sollte er auch darauf antworten. Diese Fragerei hätte dann kein Ende genommen. Er kannte Aimée inzwischen gut.
„Kannst du mein Zeug auf der Bodenkammer abstellen? Ich hole es irgendwann ab.“
Er nahm den Bus und musste zweimal umsteigen. Aber ansonsten verlief die Fahrt ruhig. Er hing seinen Gedanken nach, und keiner störte ihn dabei. Er rechnete sich den Verdienst aus, da er den Auftrag nun endlich abschließen konnte. Die vielen Auslagen die er hatte, wenn man nur an die Monate in Dungloe denkt – die Miete für das Zimmer, das Essen und, und, und.
In der katholischen Kirche in Belfast wurde er im Kirchenregister fündig. Nach einigem Suchen fand er die Geburtsurkunde von Agnes Hardwick und auch die Eheschließung ihrer leiblichen Eltern. Marc staunte über die Übersichtlichkeit, mit der alle Urkunden archiviert worden waren.
„Darf ich diese Originale mit in die Staatskanzlei von Sydney nehmen? Sobald die Sache abgeschlossen ist, bringe ich sie wieder zurück.“
„Natürlich,
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