Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
Vom Netzwerk:
mich besser in mein Labor ein. Ich habe dir niemals versprochen, daß ich nicht versuchen werde zu fliehen.«
    »Nur für die nächste Zeit. Für ein oder zwei Tage.« Nervös schritt Edward im Wohnzimmer von Cyrus’ Bungalow auf und ab; hin und wieder sah er durch die Rolläden auf das Fahrzeug der Wachen, das draußen im Spätnachmittagslicht wartete.
    »Du zwingst mich dazu, einen Transmitter statt einer Armbanduhr zu tragen. Ich kann ihn nicht abnehmen, ohne daß die Wachhunde über mich herfallen. Worüber machst du dir Sorgen?«
    »Was du nicht weißt, hält dich am Leben.«
    »Verdammter Blödsinn.«
    Edward blieb stehen. »Du hast immer gesagt, daß du mich wirklich kennenlernen willst.«
    »Was kommt jetzt, die neueste Version?«
    »Die wahre Version. Die Vorfahren meines Vaters lebten in Palästina – ungezählte Generationen, bevor sie von den Zionisten vertrieben wurden. Sie wurden von den Zionisten bedroht und terrorisiert. Reine Fiktion, daß sie uns gleiche Rechte zusprachen! Ich wurde als Kind von Flüchtlingen geboren. Das Lager, wo ich aufgewachsen bin, existiert nicht mehr; es wurde von den Zionisten zerstört, von der Luft aus zerbombt. Nur ein paar unserer Kämpfer starben, nehme ich an, vor allem aber waren es Mütter, Kinder und alte Leute, die unter den Bomben und Raketen getötet wurden. Diese Technik hatten sie von den Nazis gelernt – als Vergeltung für die Taten von Widerstandskämpfern gegen Zivilisten vorzugehen. Ich wurde ein Widerstandskämpfer, bevor ich zwölf Jahre alt war.«
    »Ich muß zugeben, Edward, du treibst mich in den Irrsinn; ich dachte, du interessiert dich überhaupt nicht für Politik. Das wäre vielleicht für mich nur natürlich gewesen. Aber nicht für dich.« Cyrus strich sich über seinen steifen grauen Bart. »Aber warum erzählst du mir das jetzt? So viele Jahre lang hast du einen falschen Anschein aufrechterhalten.«
    »Ich bin ausgelaugt. Ich habe mir selbst so viele Namen gegeben, daß es mir Mühe macht, mich an den Namen meines Vaters zu erinnern. Ich hatte viele Freunde und niemals eine enge Freundschaft. Ich kannte viele Frauen und habe niemals geheiratet. Keine Kinder großgezogen.« Edward beschied den von Cyrus unausgesprochenen Einwand mit einem wütenden Blick. »Ja, ich verletze die Gebote des Propheten; es wird dich nicht schockieren, wenn ich dir sage, daß ich den Worten des Propheten weniger vertraue … als ich sollte. Vielleicht fühle ich mich in der Arbeit, die ich mache, zu geborgen. Ich kaufe Dinge, ja – du hast das bemerkt, ich habe dich darüber lächeln sehen – aber ich brauche sie auf oder verschenke sie; ich habe kein Heim, in dem ich sie aufheben könnte. Und ich muß zugeben, daß es mich nicht sonderlich beunruhigt, Appartementhäuser in Tel Aviv zum Einstürzen zu bringen.«
    »Ein Erdbeben ist eine gefährliche Waffe«, sagte Cyrus.
    »Ja.« Edward nickte.
    »Und Amman …«
    »Eine Stadt voller Verräter. Aber ich versichere dir, die meisten, die dort leben, sind unschuldig. Und glaube nicht, daß ich es liebe, die Menschen in den Dörfern umzubringen. Mein eigenes Volk.«
    Cyrus erwähnte nicht das tote Kind, das er im französischen Fernsehen gesehen hatte, oder seine verzweifelte Mutter. Edward wußte darüber und über vieles andere Bescheid. »Du tust das, was du tust, nicht gerne. Warum tust du es dann?«
    »Vielleicht, weil ich Palästinenser bin«, sagte Edward. Sein Lachen war bitter und kurz, so kurz, daß es beinahe einem Husten glich. »Wir sind berühmt für unser Timing. Immer wieder, genau zum rechten, wichtigsten Augenblick, schließen wir uns der falschen Seite an.«
    »Erzähl mir den Rest«, sagte Cyrus.
    »Welchen Rest, alter Mann?«
    »Ich glaube nicht, daß du für die Palästinenser arbeitest. Wer organisierte dieses gewaltige Unternehmen?«
    »Ich habe genug erzählt.«
    »Sag mir, wie der seismische Apparat funktioniert. Ist es wirklich nur ein mit Wasser gefülltes Fischgerät? Bitte. Befriedige meine Neugierde.«
    »Ich muß nun gehen. Ich muß in den Kontrollraum.«
    Edward hielt an der Tür inne, schneuzte und hustete erneut. »Ist das dein Ernst?«
    »Warum nicht?« Cyrus richtete sich im Schatten auf. »Ich habe all das möglich gemacht. Den Bohrer, das Bohrloch, die Geräte, die ihr hinuntergelassen habt. Soll ich leugnen, was ich geschaffen habe?«
    »Habe ich vergessen zu sagen, daß ich dich mag, Cyrus? Trotz deiner Bestechlichkeit. Trotz deinem völligen Mangel an Moral.« Edward

Weitere Kostenlose Bücher