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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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wir nicht die besten Plätze, wir drei? Ich erinnere mich, als er und Dr. McDougal dieses Ding vorschlugen, da sagte jeder, daß es Geldverschwendung wäre.« Gregor zog seine Brille aus der Hemdtasche und fingerte an dem Klebeband, das den rechten Bügel an seinem Platz hielt. »Und jetzt, jetzt sehen wir Dinge, die wir niemals auf Karten oder Monitoren gesehen hätten.« Gregor balancierte die geflickte Brille auf seine Nase. »Vielleicht hatten wir Theoretiker deswegen soviel Angst davor. Endlich zu sehen, was wir vorhergesagt haben.«
    Leidy lächelte seinem Freund zu. »Setzen Sie sich hier fest, oder kommen Sie nur vorbei, um hallo zu sagen?«
    »Was denken Sie? Sollte ich mir das entgehen lassen?«
    »Dr. Mattasow«, sagte Josie, »glauben Sie, daß ein Erdbeben passiert, wenn der Bohrer die sechshundertsiebzig Kilometer durchbricht?«
    »Willst du eine Erdbebenvorhersage?« Gregor runzelte die Stirn. »Bei fünfundsiebzig Kilometer war es ein wenig heikel. Etwas aufregender war es bei vierhundert Kilometer. Trotz alledem haben wir gelernt, daß die sechshundertsiebzig Kilometer-Diskontinuität ein Gegenstand ist, von dem wir fast provozierend wenig wissen.« Er hielt inne und sah zu Leidy. »Dieses Mal, mein Freund, haben Sie die Erdbebenwarnung selbst ausgesprochen.«
    »Vielleicht bin ich zu aufgeregt«, murmelte Leidy.
    Gregor ging das Thema von einer anderen Seite an. »Haben Sie die Memoiren von Andrej Sacharow gelesen? Er liefert interessante Kommentare zum Thema der Kontrolle von Erdbebenschäden.«
    »Verdammt, Gregor, das entging mir.«
    »Zufällig kann ich es zitieren – ich hatte einige Gründe, mich ausführlich damit zu beschäftigen. Professor Sacharow schrieb: ›Mein Interesse fiel auf die Möglichkeit, Erdbebenschäden zu reduzieren, indem man thermonukleare Ladungen in seismologisch aktiven Gebieten, tief im Erdinneren, zündet und so den Spannungsaufbau verhindert, wenn Verformungen im Erdkern den kritischen Punkt erreichen …‹«
    »Spannungen im Erdkern? Ich werde Ihnen ein Geheimnis erzählen.«
    Gregor rutschte in seinem Sitz und zwinkerte Josie zu. »Ein Geheimnis«, flüsterte er.
    »Ich habe mich zufällig selbst mit dem Thema beschäftigt«, fuhr Leidy fort. »In den sechziger Jahren wurden einige A-Bomben in tiefen Gasschichten gezündet. Die geniale Idee Edward Tellers. Mehr Arbeit als Nutzen. Und was eine H-Bombe in dreitausend Kilometer Tiefe angeht … nichts. Null Effekt.«
    Gregor tat so, als schmollte er. »Andrej Dimitriewitsch meinte nicht den Kern; das war eine Redewendung. Er meinte aktive Falten, die etwa in zwei Kilometer Tiefe liegen, in denen die H-Bomben plaziert werden sollten.«
    »Ach ja.« Leidy strich mit der Zunge über seine Zähne. »H-Bomben sind problematisch.«
    Doch Gregor blieb hartnäckig. »›Sollte sich das als durchführbar herausstellen‹, schrieb Sacharow, ›dann wäre zumindest der Zeitpunkt von Erdbeben kontrollierbar; Menschen und ihr Gut könnten rechtzeitig evakuiert werden …‹«
    »Gregor, hören Sie auf, sich über Erdbeben Sorgen zu machen.«
    »Sorgen? Nicht im geringsten. Wollen wir denn nicht die Dinge ins Wanken bringen?«
    »Das ist ein Geheimnis.«
    »Vor mir? Das Thema fasziniert mich.«
    »Dann tun Sie einfach so, als wäre es ein Geheimnis.«
     
    Aus allen Abteilungen kamen die Leute, während die Nacht fortschritt – ausgewählte Besucher, Wissenschaftsjournalisten und TV-Mannschaften fütterten die ihnen angeschlossenen Netze und eine Menge von Opportunisten, die auf ein Erdbeben hofften. Um zehn Uhr dreißig war das Auditorium gefüllt.
    Marta betrat den Saal von der gegenüberliegenden Seite. Zwei Angestellte opferten ihre Sitze in der ersten Reihe; sie saß da und diktierte ihrem Assistenten gelegentlich einige Notizen. Sie sah zu Josie und Leidy herüber und winkte verhalten, ihr Lächeln aber war kühl. Josie sah seinen Vater sich in den Sitz kauern.
    Josie las ein Buch über die Wüste, das er mitgebracht hatte, und verschwand hin und wieder aus dem Auditorium, um zur Toilette oder den Süßigkeitsautomaten zu gehen. Die meisten Zuschauer in der gefüllten Galerie starrten auf den großen Globus und diskutierten, was sie dort sahen: kalte blaue Schatten, die unter den gelben Kontinenten gerannen, blaue Tiefen, die scharf reliefartig Hunderte von Kilometern absanken.
    Es gab anderes im Kontrollraum zu beobachten. Die flachen Schirme an den runden Wänden des Amphitheaters zeigten computergenerierte Bilder –

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