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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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niemals eine Ölbohranlage in Betrieb gesehen.
    »Kein Öl, kein Schlamm hier. Ich muß dich mal mit zu einer Bohrstelle nehmen. Dann kannst du sehen, wo wir angefangen haben und wie weit wir mittlerweile sind.« Leidy breitete weit die Arme aus. »Eine Bohranlage ist eine laute und dreckige Angelegenheit. Die Bohrleitungen klappern, die Kabel sausen rauf und runter und die Dieselmotoren machen einen höllischen Lärm. Wenn das eine Ölbohrstelle wäre, würden die Leute hier Helme tragen und zerschlissene Overalls und wie verrückt arbeiten und darauf achten, daß ihre Hände nicht zerschmettert oder die Arme abgerissen werden.« Im Kontrollraum trugen die CORE-Controller Schlappen und T-Shirts und saßen in bequemen Stühlen vor den großen Grafik-Monitoren. »Trotzdem haben sie die alten Namen. Jeder nennt den Leiter der Bohroperationen den Pusher und den Aufsichtsführenden den Driller. Und das ist der Maschinist und das der Turmmann.«
    »Aber das sind Frauen«, sagte Josie.
    »Technisch gesehen, ja«, sagte Leidy. »Die anderen Männer und Frauen sind die Bohrschlamm-Ingenieure. Dort drüben überwachen sie die Ausschachtung. Sie sind verantwortlich für das Verlegen der Kabel, und die dort sind verantwortlich für die Energieversorgung durch das geothermische Kraftwerk, die für das Recyceln des Gesteins, das aus dem Loch kommt – da es im geschmolzenen Zustand ankommt, muß es aufbereitet und vermischt werden.«
    Er beschrieb die anderen Stationen und ihre Aufgaben. Die Kommunikations-Controller überwachten geophysikalische Einrichtungen, die über die gesamte Welt verteilt waren. Das seismische Netzwerk übertrug das Signal des CORE-Bohrers, der den dichten Mantel durchdrang – seine Signatur konnte, wenngleich schwach, Hunderte, sogar Tausende Meilen entfernt identifiziert werden, wenn es nicht von den Eigenerschütterungen der Erde verschluckt wurde. Instrumente, die in die Bohrfaser integriert waren, sandten Aufzeichnungen über Temperatur, Druck, radioaktive Änderungen, elektrische Leitfähigkeit, Neutronenabsorption an die Oberfläche; das Material des Mantels selbst wurde für chemische Analysen vom Grund des Lochs nach oben gebracht, und die Resultate waren auf den Monitoren abzulesen.
    Josie blickte im fahlen Licht zu seinem Vater; es war komisch, einen Typen, der so alt wie sein Vater war, so aufgeregt zu sehen; es beeindruckte ihn. Er mochte es.
    Für Josie stellten die Arbeitsstationen der Controller, ihre Tabellen und Grafiken, keineswegs das Zentrum seiner Faszination dar. Das Auditorium, in dem er als privilegierter Zuschauer saß, erschien wie die Brücke eines interstellaren Raumschiffs, nur war der Fokus aller Aufmerksamkeit das Erdinnere, nicht die Sterne, und seine Ikone war der fünf Meter große Globus, der in der Dunkelheit hing, unsichtbar aufgehängt wie ein glühender Mikroorganismus im Meer.
    Durch die transparente Haut des großen Globus war der innere Kern zu sehen, der ziegelrot pulsierte, ein Miniaturplanet innerhalb eines Planeten – der innere Kern, so wußte Josie, hatte zwei Drittel des Monddurchmessers. Der flüssige äußere Kern umhüllte den inneren, ein tiefer Ozean geschmolzener Metalle, der die Größe des Planeten Mars besaß, glühend in einem durchscheinenden Rot. Die Kern-Mantel-Zone, eine komplexe, fleckige Sphäre, trennte den äußeren Kern vom festen Mantel, der aussah wie ein wirbelndes Sorbet aus kühlem versinkenden Blau und warmem aufsteigenden Pink und Orange. Blaßgelbe Platten der kontinentalen Krusten schwammen auf der geronnenen Haut.
    Die Farben waren Phantasiefarben, ausgesucht wegen ihrer Wirkung, da sie gut zu erkennen und leicht zu verstehen waren – das Innere der Erde, welche Farbe es auch immer haben mag, hatte bestimmt nicht diese Farben –, aber die Informationen waren wirklichkeitsgetreu; je weiter sich der CORE-Bohrer, dessen Vorankommen durch einen geraden weißen Lichtfaden angezeigt wurde, von der Oberfläche (CORE City im westlichen Texas) langsam nach unten bewegte, umso schärfer wurde die Auflösung des Bildes. Nirgendwo auf der Erde, hatte sein Vater ihm versichert, konnte ein Wissenschaftler ein besseres Bild von der gesamten Erde bekommen als hier.
    »Josie! Du bist früh hier.« Gregor Mattasow ließ sich schwer in den Sitz neben Leidy fallen und beugte sich hinüber, um Josie die Hand zu geben.
    »Ist das nicht ein tolles Bild, Dr. Mattasow?«
    »Das Teleskop deines Vaters in die Erde. Und sind wir nicht schlau? Haben

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