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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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haben?«
    Leidy sah ihn überdrüssig an. »Sie wissen, was wir finden werden. Spinelto-Perovskische Phasenverschiebung. Und wir haben es selbst ausgelöst. Wir haben mit einer kalten Nadel einen Ballon mit heißem Gestein angepiekst.«
    »Reine Spekulation, Leidy«, sagte Gregor fröhlich. »Bevor wir nicht die chemische Zusammensetzung vor uns haben.«
    »Ich freue mich für Sie, Gregor. Sie und Ihre Leute haben etwas zum Spekulieren. In der Zwischenzeit hoffe ich, den verdammten Bohrer wieder flott zu kriegen.«
    »Sie leisten hier exzellente Arbeit«, sagte Gregor. »Ihr wunderbares Team. Ich gehe jetzt. Josie, schön, dich gesehen zu haben. Wir müssen bald wieder miteinander reden.«
    Leidy murmelte etwas. Für Josie klang es wie »verpiß dich, Gregor.« .
    Josie sah zum Globus, der ruhig in der Mitte des Kontrollraums hing, so ruhig wie der Planet, dem er nachgebildet war. Seine farbigen Lagen wurden heller und deutlicher, während Informationen über das Tiefenbeben aus dem weltweiten seismischen Netz eintrafen …
     
    In diesem satten farbenprächtigen Glanz standen alte Theorien, alte wissenschaftliche Dispute auf dem Spiel. Leidy hätte die Themen seinem Sohn erklären können, wenn er weniger abgelenkt gewesen wäre; er hätte Josie erläutern können, warum seine Ideen über die tiefen kontinentalen Wurzeln wichtig waren und wie die neuen Daten seine Theorien beeinflußten.
    In diesem Moment aber konnte Leidy nicht der Lehrer seines Sohnes sein. Er war abgelenkt; abgelenkt durch die sich ausbreitenden Wellen farbigen Lichts, die er im transparenten Globus sah. In den blühenden Lichtmustern waren für ihn Möglichkeiten enthalten, die über das bloße Wissen hinausgingen. Möglichkeiten, die er klar vor Augen sah, und dunkle, noch verborgene. Er hatte das Erdbeben vorausgesagt, hatte erwartet, daß es durch das Eindringen der relativ kalten Bohrspitze in diese Diskontinuität ausgelöst werde. Aber er hatte nicht in Betracht gezogen, was er einfach nicht erwartet hatte.
    Um wieviel Mal größer müßte das Erdbeben sein, wenn sie wirklich vorhatten, ein Erdbeben zu erzeugen? Um wieviel Mal größer als eine thermonukleare Bombe mußte die Wirkung sein, wenn sie absichtlich eine Phasenänderung hervorriefen?
    Man konnte also Berge bewegen, sowohl an der Oberfläche als auch tief unten, wie Leidy einmal vorschnell dem wissenschaftlichen Berater des Präsidenten vorgeschlagen hatte; man konnte sich in der Tat vorstellen, einen großen Stein in das flüssige Eisenmeer des Kerns fallen zu lassen. Man könnte dadurch das Magnetfeld ändern und damit die Evolution des Lebens auf der Erde.
     
    Sein Vater schien ganz von der Arbeit eingenommen zu sein; Josie verabschiedete sich, was nur am Rande wahrgenommen wurde, und verließ dann den Kontrollraum. Er ging alleine nach Hause.
    Er ging nicht zu Bett; statt dessen holte er sich aus der Garage eine Taschenlampe und marschierte in die Wüste, die hinter dem Rasengrundstück anfing. Was ihm am besten an den Besuchen bei seinem Vater gefiel, war das leere Land, das sich um das Haus erstreckte; und er hatte viel Zeit, es zu erkunden. Vor allem in der Nacht.
    Dort draußen fand er Taranteln, Skorpione und Vinagróns – große, seltsame Skorpione, die ziemlich fett waren und nach Essig rochen – und andere Tiere, die aus ihren Löchern unter den Steinen hervorkamen, wenn die Sonne unterging. Er traf auf Geckos, die nach kleinen Insekten Ausschau hielten. Er sah viele Mäuse und Kaninchen, einmal hatte er im Strahl seiner Taschenlampe ein größeres Pelztier gesehen, das aussah wie ein magerer Waschbär. Er mußte es später in seinem Buch nachschlagen und fand heraus, daß es sich um einen Bassarisk handelte, eine Ringelschwanzkatze, die eigentlich gar keine Katze war. Jeden Abend flogen Fledermausschwärme aus ihren Höhlen in den Kalksteinhügeln, und jeden Morgen flogen sie wieder zurück. Ein wildes Land, aber es war alles andere als leer.
     
    Die Morgendämmerung setzte bereits ein, als Leidy nach Hause zurückkehrte. Die erste Nacht, in der Josie da war – er hatte ihm kein Abendessen gemacht, er hatte ihm nicht gute Nacht gesagt, er wußte nicht einmal, ob in der Küche noch etwas für das Frühstück vorhanden war.
    Josie war nicht in seinem Bett.
    Leidy war nicht unbedingt beunruhigt, er war unglücklich. Was er tat, war nicht richtig. Sein Bestes zu geben reichte nicht aus. Irgendwie mußte ein Gleichgewicht hergestellt werden. Sonst müßte jeder,

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