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Unternehmen Delphin

Unternehmen Delphin

Titel: Unternehmen Delphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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soll John überreden. Von mir aus kann sie dann hinterher eine Woche lang Mozart hören. James, versuch es …«
    Finley nickte, drehte sich um und ging. Im gleichen Augenblick schnellte sich John hoch aus dem Wasser und gab einen fast menschlichen, schrillen Schrei von sich. Sogar Clark und Rawlings zuckten bei diesem Ton zusammen. Finley zog den Kopf in die Schultern, als hagle es, und rannte hinüber zu Helens Bungalow.
    Schon unter der überdachten Veranda schlug ihm die Musik entgegen. Jetzt war es Beethoven. Die III. Sinfonie. Helen hatte auf volle Lautstärke gedreht. Drinnen im Zimmer mußte es fast unerträglich sein.
    Finley hieb mit beiden Fäusten gegen die Tür. Es ging nicht anders. Das Klingeln hätte Helen nie gehört. Trotzdem dauerte es noch lange Minuten, bis sie sich meldete.
    »Hör auf, James!« rief sie. Ohne zu fragen, wußte sie genau, wer da klopfte. In ihrer Stimme schwang größte Verzweiflung. »Fahrt doch endlich ab!«
    »Genau das geht nicht. John weigert sich. Du mußt kommen. Helen, ich bitte dich.«
    »Ich kann nicht mehr, James!«
    »Nur noch diese eine Hilfe! Helen, Steve ist stocksauer. Er kriegt es fertig, John und die ganze Kompanie hier zu lassen und nach Miami ins Marineland zu bringen. Als Zirkusdelphin! Helen!«
    »Ihr habt immer darüber hinweggesehen und bei der Arbeit fast vergessen, daß ich eine Frau bin«, sagte sie mit schwankender Stimme. »Jetzt bin ich eine! James, ihr verlangt zuviel von mir.« Die Tür öffnete sich einen Spalt, Helens Hand erschien und hielt Finley den goldenen Badeanzug hin, den sie immer getragen hatte, wenn sie mit John im Bassin geschwommen war. »Vielleicht hilft das. Versucht es …«
    »Ich soll deinen Badeanzug anziehen?«
    »Idiot! Du sollst ihn John zeigen, weiter nichts. Vielleicht wird er dann ruhiger.«
    Finley nahm ihr den Badeanzug ab, aber bevor er ihre Hand ergreifen konnte, warf sie die Tür wieder zu und drehte den Schlüssel herum.
    »Helen!« rief er verzweifelt. »Komm doch heraus!«
    Sie antwortete nicht mehr, und Finley wußte, daß es nur vergeudete Zeit sein würde, weiter auf sie einzureden. Er lief zum Bassin zurück und hatte den goldenen Badeanzug unter den Arm geklemmt. Rawlings starrte ihn entgeistert an.
    »James! Du solltest Helen nicht vergewaltigen, sondern hierher bringen.«
    »Das ist ihre einzige Hilfe.« Finley zog den zerknüllten Badeanzug auseinander. »Wenn John darauf reagiert, ist er menschlicher, als wir je gedacht haben. Die Mehrzahl der Menschen besteht – ohne daß sie es weiß – aus Fetischisten. Psychologisch gesehen ist ja jedes Foto, das man macht, ein Fetisch. Man fotografiert, was man gern hat, um es für alle Zeiten bei sich zu haben.«
    »Ich will keine psychologischen Vorträge«, schrie Rawlings, »ich will John im Transporter sehen!«
    Finley trat an das Bassin und hielt Helens Badeanzug hoch. John hob sofort den Kopf aus dem Wasser und musterte den goldenen, in der Abendsonne glitzernden Gegenstand. Er erkannte ihn sofort, gab pfeifende, zärtliche Laute von sich und schwamm nahe an Finley heran.
    »Ja, er ist es, alter Junge!« sagte Finley mit bebender Stimme. »Es ist Helens Badeanzug. Sie läßt dich grüßen. Du sollst vernünftig sein, sagt sie. Das Leben geht doch weiter, John …«
    John schwamm dreimal um die heruntergelassene Transportwanne herum, immer den Blick auf den goldenen Anzug gerichtet. Dann bog er ab und glitt langsam in die Mitte der Wanne.
    »Hoch!« rief Rawlings. Auch seine Stimme schwankte bedenklich. »Hoch mit der Wanne! Schlaft ihr denn?«
    Der Kran ruckte an. John blieb in der Wanne, schnellte sich nicht wieder mit einem mächtigen Satz heraus … er lag fast unbeweglich im Wasser, den Blick immer auf Finley gerichtet. Wären diese lebenden Augen nicht gewesen, man hätte meinen können, John sei plötzlich an einem Herzschlag gestorben.
    »Du sollst ihn immer bei dir haben«, sagte Finley und warf den goldenen Badeanzug in die Wanne. »Ich kann dir nachfühlen, wie dir zumute ist, alter Junge.«
    Sofort ergriff John den Badeanzug Helens mit der Schnauze, drückte ihn unter Wasser und lag dann wieder unbeweglich, den goldenen Stoff mit seinem großen, glänzenden schönen Leib schützend. So wurde er auch hinübergefahren zu seinem fahrbaren Bassin und dort heruntergelassen. Er rutschte ins Wasser, nahm den Badeanzug zwischen die Zähne und war so still wie nie in seinem Leben.
    Von da ab vollzog sich das Einladen seiner Kompanie ohne Schwierigkeiten.

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