Unternehmen Delphin
Station, passierte ohne Aufenthalt die Kontrolle, denn an der Windschutzscheibe klebte ja das Erkennungsschild der Forschungsgruppe, und erreichte die Straße zum Highway. Der Weg, den die Kolonne bis San Diego nehmen würde, war ihr klar. Es war auch ihr Weg – nur immer drei Stunden zurück.
Ich werde euer langer Schatten sein, dachte sie. Wenn ihr denkt, eine Helen Morero könnt ihr zurücklassen, dann kennt ihr sie noch nicht gut genug!
Wie werdet ihr staunen, wenn ich in San Diego am Bassin stehe und mit John spiele! Auf eure Gesichter freue ich mich. Und du, James, du liebes Rindvieh, wirst dann vielleicht endlich deine Hemmungen verlieren. Nein, so emanzipiert bin ich noch nicht, um dir zuerst um den Hals zu fallen! Da mußt du schon was tun, und wenn's nur ein Wink ist …
Aber ich bin da, und das ist die Hauptsache.
Fahrt schön langsam, Jungs! Jedes Schlagloch ist gefährlich.
Ich bin drei Stunden hinter euch … Ich lass' euch doch nicht allein in dieses große Abenteuer ziehen …
Hinter Fort Myers drehte sie das Autoradio an. Musik vom Broadway. Das Musical Oklahoma.
Helen legte den Kopf zurück und sang mit. Eine verzweifelte Freude war in ihr; und der Stolz, so mutig zu sein, hinter ihren Delphinen herzufahren und nicht aufzugeben …
Eine halbe Stunde nach Abmarsch der Kolonne von Biscayne Bay läutete bei Oberst Ischlinski in der sowjetischen Botschaft von Washington das Telefon. Jurij Valentinowitsch hatte gerade seine Arbeit vollendet und freute sich auf den Abend, der mit einem Dinner im Restaurant ›Luculi français‹ beginnen und im Bett einer Villa am Potomac enden sollte. Er hatte sich mit einer Dame verabredet, die als reiche Witwe in der Washingtoner Gesellschaft eine angesehene Rolle spielte. Sie galt als sehr prüde; aber das konnte Jurij Valentinowitsch nicht bestätigen – ihm war es nämlich gelungen, die schöne, etwas üppige Maureen schon am zweiten Abend davon zu überzeugen, daß Witwe sein nicht bedeutete, an den kleinen und großen Freuden des Lebens vorbeizugehen. Hinzu kam, daß der bissige Ischlinski in gewissen Situationen auch einen Charme versprühen konnte, der zusammen mit der immer durchscheinenden moskowiter Barschheit ausgesprochen verführerisch wirkte und Frauen anscheinend so ans Gemüt ging, daß sie ohne Zögern Moral zu einem unverständlichen Fremdwort erklärten. Bei Maureen wirkte sich die seelische Verwirrung so aus, daß sie Ischlinski ihre schloßartige Villa als sein Eigentum anbot, sobald seine bärenhafte Liebe nur ihr allein gelten werde.
Jurij Valentinowitsch wollte gerade das Zimmer verlassen und war schon an der Tür, als ihn das Telefon zurückholte.
»Sie fahren«, sagte eine tiefe Baßstimme, »Richtung Tampa. Ganz langsam und vorsichtig bewegen sie sich. An der Spitze fährt ein Patrolwagen. Sie haben tatsächlich Delphine an Bord.«
»Und dann die Polizei voraus!« schnaubte Ischlinski. »Hält man uns für Hohlköpfe? Seit wann begleitet die Polizei Delphine, na? Da schaukelt etwas anderes durch die Gegend.«
»Was sollen wir tun?« fragte die Stimme.
»Dranbleiben!« Ischlinski dachte an Maureen und ihre weißhäutige Üppigkeit und fügte hinzu: »Nicht locker lassen. Festhalten!« Er schnaufte, schüttelte über sich selbst den Kopf und sagte hart: »Sie erhalten weitere Anweisungen. Melden Sie sich morgen früh wieder.«
»Um welche Zeit?«
»Um zehn. Nein, um elf!« Ischlinski kannte Maureen. Nach dem Morgenkaffee wurde sie nochmal zärtlich. Bis um zehn war das nicht zu schaffen. »Ende!«
Jurij Valentinowitsch blickte düster vor sich hin. Dreißig Spezialwagen mit unbekannter Ladung, getarnt durch Delphine, waren auf dem Weg. Wohin? Was transportierten sie? Was hatte Fisher gewußt und warum mußte er sterben? Wer hatte ihn umgebracht, wenn nicht das CIA? Wie heiß war das alles?!
Ischlinski seufzte, schloß sein Büro ab und verließ die Botschaft durch den Hintereingang. Die Freude auf Maureen war etwas säuerlich geworden. Auch das vortreffliche Dinner heiterte ihn nicht auf, und Maureens verzehrende Leidenschaft empfand er an diesem Abend als eine Belästigung. Etwas brüsk verabschiedete er sich von ihr, ließ eine fassungslose Geliebte im breiten italienischen Renaissancebett zurück und fuhr zur sowjetischen Botschaft.
Auf dem Tonband, das alle für ihn bestimmte Gespräche speicherte, waren inzwischen drei Meldungen aus Florida angekommen.
Die geheimnisvolle Transportkolonne bewegte sich demnach über
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