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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nichts ausmachte, von allen Frauen beschimpft zu werden, die Taschendiebe, die überall herumwieselten - unter anderem sah er, wie zwei Handtaschen von Jungen leergemacht wurden, die kaum älter als zehn oder zwölf sein konnten -, die Mopeds, die überall durchkamen, die fast allgegenwärtige Musik, die aus den Fenstern der Gassen mit den Blumenkästen davor strömte, so daß Carl ein Gefühl von Fest und Beerdigung zugleich hatte, von Leben und Tod, und er lachte fröhlich überrascht auf, als einer der Taschendiebe an seine Pistole heranwollte. Er packte den Jungen an den Handgelenken und hielt ihn fest, ohne sich umzudrehen. Dann zog er ihn zu sich herum und sah ihm in die erschreckten schwarzen Augen, hob die andere Hand und verwarnte ihn mit dem Zeigefinger. Zu seiner Freude fiel ihm etwas Italienisches ein, was jedenfalls absolut verständlich klang: molto pericoloso. Die Bedeutung von sehr gefährlich war offenbar kristallklar. Und dann ließ er den Dieb laufen, so wie man einen kleinen Fisch aus dem Kescher kippt, und lachte leise über eine Kultur, in der kleine Taschendiebe nicht einmal davon zurückscheuen, sich an bewaffnete Männer heranzumachen, die doppelt so groß sind wie sie selbst. Vielleicht sollte ich es lieber für erschreckend halten, überlegte er, als er in der Via Roma weiterging. Möglicherweise würde der ängstliche kleine Junge in vier oder fünf Jahren schon ein Mörder sein, doch das brachte Carl jetzt nicht im mindesten aus seiner guten Stimmung. Vielleicht betrachtete er diese Stunden unbewußt als eine Art Urlaub, bevor es ernst wurde.
    Fast zu seinem Verdruß begann der Ernst schneller, als er erwartet hatte. Im Hotel lag ein messaggio, das er zusammen mit seinem Zimmerschlüssel erhielt. Der Inhalt war behutsam formuliert, aber nicht sehr geheimnisvoll. Oberst Da Piemonte habe ein Paket abzuliefern und bitte um Kontaktaufnahme.
    Carl rief an, sowie er in seinem Zimmer war, und bekam den Obersten sofort an den Apparat. Dem folgenden Gespräch war zu entnehmen, daß die Ware abholbereit sei, daß es jedoch unpassend wäre, die Sache weiter am Telefon zu besprechen. Sie verabredeten, sich in einer halben Stunde zu treffen. Carl sah auf die Uhr. Es war drei Minuten vor vier. Noch drei Minuten bis zur vollen Stunde. Es gab keinen Grund, jetzt etwas zu verzögern. Das Essen im Lo Scudiero mußte warten.
    Er rief Don Tommaso unter dessen vermutlich höchst privater und höchst geheimer Nummer an, denn am anderen Ende wurde sofort abgenommen. Carl hörte ein kurzes Grunzen, das wohl bezweckte, jedem Untergebenen gleich zu zeigen, wer der Herr war.
    »Guten Tag, Don Tommaso, hier Fregattenkapitän Hamilton.
    Ich bin wieder in Palermo, um unsere Verhandlungen wiederaufzunehmen«, begann er in dem liebenswürdigsten Ton, den er aufbieten konnte.
    Am anderen Ende blieb es lange Zeit still.
    »Ich bedaure aufrichtig den Tod Ihres jungen Freundes«, erwiderte Don Tommaso nach einiger Zeit. Carl sagte nichts, sondern wartete nur auf eine Fortsetzung.
    »Ich kann mir denken, daß Sie in der Zwischenzeit in Schweden gewesen sind, um über die Lage zu sprechen«, fuhr Don Tommaso mit einer Spur von Unsicherheit in der Stimme fort, die Carl erfreute.
    »Ja«, erwiderte er. »Ich bin in Schweden gewesen und habe völlig neue Anweisungen erhalten. Ich besuche Sie morgen um die Mittagszeit und hoffe, daß wir uns dann sehen können.«
    »Das geht ausgezeichnet. Sie sind in meinem Haus immer sehr willkommen«, erwiderte Don Tommaso und legte auf.
    Carl sah eine Zeitlang triumphierend auf den Hörer in der Hand. Das Spiel war also noch nicht zu Ende. Der Gangster glaubte immer noch an eine Gewinnchance. Die Schweden waren noch am Leben. Jetzt konnte das wirkliche Spiel beginnen.
    Carl sah erneut auf die Uhr, nahm sein Funkgerät und wartete ein paar Sekunden, bis er das Anrufsignal eingab.
    Beide antworteten sofort.
    »Trident an Orca und Triton. Achtung, eine Mitteilung«, begann er. »Das Signal ist kodiert, daher Klartext. Wir können unser Paket eventuell heute abend abholen. Steht der Verschiffungshafen schon fest? Orca, antworten!«
    Carl erhielt den Namen des vorgesehenen Orts, San Andrea Bonnavia, und suchte eine Weile auf der Karte, bis er ihn fand. Er erkundigte sich bei Luigi, ob das Gebiet erkundet sei, was bejaht wurde, und befahl Luigi, sich nach Einbruch der Dunkelheit nach Palermo zu begeben. Åke solle sich gleich nach dem Dunkelwerden mit dem großen Boot zu dem vorgesehenen Ort

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