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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Treppenstufen vor dem Kloster hinunter - was die Sicherheitsbeamten nervös machte und zu irritierenden Positionswechseln veranlaßte -, traten an das steinerne Geländer und betrachteten eine Zeitlang die Aussicht auf Palermo.
    »Einmal im Jahr wallfahrtet das Volk dort unten hierher«, sagte Da Piemonte nachdenklich. »Bemerkenswert, daß jemand es über sich gebracht hat, Santa Rosalia zu bestehlen. Nun, wenn wir wegen der Morde nach Carini fahnden, ist das gleichbedeutend mit seinem Todesurteil, denn dann ist er ein Verräter.«
    Carl zuckte die Achseln. Da Piemonte hatte durch seine Feststellung gezeigt, daß er alles verstanden hatte, und es auf ebenso intelligente wie diskrete Weise getan.
    »Ich glaube, es würde unserer Sache nützen, wenn es uns gelingt, in den Reihen der Gangster etwas Zwietracht zu säen«, erwiderte er trocken. »Bewegen Sie sich immer so ungezwungen unter Menschen, Oberst? Ich nehme an, daß Sie schon seit langem Palermos begehrteste Zielscheibe sind?«
    Da Piemonte sah zu ihm hoch, als wäre er aus tiefen Gedanken gerissen worden.
    »Wissen Sie, Comandante, auf Sizilien herrschen folgende Regeln. Erste Regel. Man muß sich als Mann erweisen. Ich habe aber noch eine andere Regel. Vor etwa einem Monat wurde ein junger Hauptmann von dem örtlichen Boß in einer kleinen Stadt oben in den Bergen mit dem Tod bedroht. Der Ort heißt Giardinelli und ist nicht weit von Corleone entfernt. Man hatte ihm gesagt, es könne dieses oder jenes eintreffen, wenn er in dieser oder jener Frage nicht beide Augen zudrücke. Er schrieb mir und bat mich um meinen Rat. Ich fuhr eines Nachmittags zu ihm ins Dorf. Es war später Nachmittag, kurz vor der Zeit für den üblichen Spaziergang auf der Dorfstraße. Unser junger Hauptmann befehligt drei Mann. Das ist die ganze Garnison in diesem Dorf. Ich ging in sein Büro, holte ihn ab, nahm ihn unter den Arm und spazierte mit ihm auf der Dorfstraße auf und ab. Schließlich blieben wir vor dem Haus des lokalen Bosses stehen, plauderten eine Zeitlang miteinander, wobei ich den jungen Hauptmann immer noch beim Arm hielt. Dann stieg ich in meinen Wagen und fuhr nach Palermo zurück. Verstehen Sie die Geschichte, Comandante?«
    »Vielleicht«, erwiderte Carl zögernd. »Lassen Sie mich mal sehen. Sie haben damit eine bestimmte Botschaft übermittelt. Wer diesen Hauptmann anrührt, greift mich an, und dann werden sich die Schlünde der Hölle unter euch auftun. Ungefähr so?«
    »Sehr gut, Comandante. Ungefähr so. Sie verstehen, hier auf Sizilien braucht man jemanden, der einen unter seine Fittiche nimmt. Ich nehme Sie jetzt auch beim Arm, jetzt zum Beispiel. Ich tue es gern. Das Problem ist nur, daß mich niemand beim Arm nimmt.«
    Carl stellte keine weiteren Fragen. Sie gingen zögernd zu ihrem Wagen zurück, während die Sicherheitsbeamten sich nervös umgruppierten und in ihren Walkie-Talkies Mitteilungen austauschten. Sie fuhren ziemlich lange auf den Serpentinen der Straße hinunter, ohne etwas zu sagen.
    »Wer sollte Sie denn unter seine Fittiche nehmen, Herr Oberst?« fragte Carl schließlich.
    »Il Palazzo, Rom«, erwiderte Da Piemonte kurz. »Das tun sie aber nicht, und ich verstehe nicht, warum. Vielleicht können Sie mir etwas erklären. Eine ganze Menge scheint mit Ihnen zusammenzuhängen.«
    »Ja«, erwiderte Carl, »einiges könnte ich vielleicht erklären. Doch zunächst müssen wir gewinnen, und wenn wir nicht gewinnen, spielen weder Erklärungen noch Santa Rosalia eine Rolle.«
    Åke Malm war am Vormittag nicht untätig gewesen. Über die kleine Fotoagentur hatte er das schwedische Exklusivrecht an allen Bildern der zwei erschossenen Mafiosi gekauft, die am Vorabend vor der Pizzeria 59 an der Piazza Verdi fotografiert worden waren. Es hatte den Anschein, als könnte die Agentur noch Fotos von zwei weiteren Leichen beschaffen, nämlich den beiden, die im Keller des Grand Hotel et Des Palmes mit Geldscheinen im Mund gefunden worden waren.
    Die beiden sizilianischen Zeitungen hatten den Namen des Schweden, der sich freigeschossen hatte, nicht genannt, da die Polizei sie gebeten hatte, davon abzusehen, und da die sizilianische Presse sich nur selten mit der organisierten Kriminalität oder der Polizei anlegt.
    Es war zunächst jedoch gar nicht so schwer gewesen zu erraten, um welchen Schweden es sich handelte, da sich Hamilton nachweislich in der Stadt aufhielt. Außer Åke Malm ahnte jedoch kein anderer schwedischer Journalist etwas davon, denn er würde

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