Unternehmen Vendetta
sowjetische U-Boote vor den schwedischen Küsten aufgetaucht. Von einer Abnahme des Verkehrs war überhaupt nichts zu spüren. Irgendwo im Osten schien sich jemand darauf vorzubereiten, daß es eines Tages mit der Perestroika vorbei sein würde, was eine Rückkehr zum militärischen Normalzustand ermöglichte.
Es war also die falsche Jahreszeit, um Marine und Nachrichtendienst zu entvölkern. Doch die Korridore oben im OP 5 waren schon jetzt halb leer, und die Telefone verstummten zunehmend. Der Feind war so rücksichtslos, aus diesen grundlegenden schwedischen Umständen Vorteil zu ziehen.
Das Letzte, was Samuel Ulfsson an seinem letzten Arbeitstag vor dem Segelurlaub erwartete, war ein wütender Politiker am Telefon.
Doch Staatssekretär Peter Sorman war ohne Zweifel wütend.
»Was zum Teufel treibt dieser Hamilton eigentlich? Hallo, hier Sorman vom Außenministerium!« bellte er zur Begrüßung.
»Tja, wer das wüßte«, erwiderte Samuel Ulfsson erstaunt. Soviel er wußte, segelte Carl ebenfalls irgendwo in den Schären, doch darauf schien der Berater des Außenministers jetzt nicht abzuzielen.
»Kannst du dich ein bißchen deutlicher erklären?« fuhr er sanft fort.
»Er hat in Palermo zwei Mafiosi erschossen, verdammt noch mal. Jetzt ruft mich das Aftonbladet an und will einen Kommentar von mir. Ich glaube, es ist am besten, du kommst zu mir rauf.«
»Ich komme sofort«, erwiderte Samuel Ulfsson und legte auf. Er erkannte, daß er dabei war, wütend zu werden, und erkannte ebenfalls, daß er diese Regung beherrschen mußte.
Sorman hatte Carl also hinter dem Rücken der eigenen Organisation und der eigenen Chefs wieder nach Palermo geschickt. Zwar war die Regierung der höchste Chef der Firma, aber sie pflegte sich nicht so zu verhalten, und für das normale Vorgehen gab es noch wichtigere Gründe als nur die Etikette.
Als Samuel Ulfsson zwanzig Minuten später Peter Sormans Zimmer oben im Außenministerium betrat, sah er sofort, daß etwas nicht stimmte. Sorman war nämlich immer noch außer sich vor Wut.
»Warum hast du mir nichts davon gesagt, daß Hamilton mit seinem Auftrag in Palermo weitermacht?« eröffnete Sorman das Gespräch ohne weitere Präliminarien.
»Weil ich ihm einen solchen Auftrag nicht erteilt habe«, entgegnete Samuel Ulfsson ruhig und setzte sich. »Ich dachte, du hättest ihn beauftragt.«
»Das habe ich nicht, was dir inzwischen vielleicht klargeworden sein dürfte!«
»Aha. Ich habe es jedenfalls auch nicht getan. Was ist passiert?«
»Hamilton befand sich gestern abend in einem Restaurant irgendwo in Palermo. Er wurde offenbar von zwei Gangstern auf einem Motorrad überfallen. Er schoß sie nieder, hat einen getötet und einen verwundet. Es steht heute in der italienischen Presse und kommt morgen im Aftonbladet, sogar mit Hamiltons Namen.«
»Teufel auch.«
»Ja, das kann man wohl sagen. Hamilton macht also hinter deinem Rücken weiter?«
»Das ist eine philosophische Frage«, erwiderte Samuel Ulfsson vorsichtig. »Hamilton hat innerhalb der Abteilung bestimmte Chefbefugnisse, er kann beispielsweise selbständige Entscheidungen treffen.«
»Aber doch nicht dann, wenn es darum geht, nach Sizilien zu fliegen, um Gangster zu erschießen, oder irre ich mich da?«
»Nun ja. Wir haben in Übereinstimmung mit den Italienern dort eine Operation begonnen… Haben die sich vielleicht beschwert?«
»Nein, mit keinem Wort.«
»Für sie ist demnach alles durchaus in Ordnung? Ist Hamilton festgenommen worden?«
»Nein. Die polizeilichen Ermittlungen sind offenbar schon beendet. Er befindet sich auf freiem Fuß und wird nicht wegen eines Verbrechens angeklagt werden. Zumindest jetzt noch nicht.«
»Das nenne ich schnelle Arbeit. Er hat zwei Personen erschossen und ist schon wieder auf freiem Fuß?«
»Ja.«
»Wo ist er?«
»Ich dachte, du wüßtest das!«
»Dann werde ich ihn wohl ausfindig machen und fragen müssen, was er eigentlich treibt.«
»Das scheint mir das mindeste zu sein. Hol ihn nach Hause und mach diesen Dummheiten ein Ende!«
»Wie du weißt, sind da unten jetzt schon drei Schweden entführt worden. Wäre es nicht am besten, zunächst zu untersuchen, was da unten vorgeht? Wir sollten uns danach erkundigen, wie unsere italienischen Partner die Sache sehen, und so weiter.«
»Und wie sollen wir uns den Medien gegenüber verhalten?
Wer übernimmt die Verantwortung, du oder ich?«
»Keiner von uns. Unter uns übernehme ich die Verantwortung, wenn irgend was
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