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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sondern vermutlich auch unter den allgegenwärtigen Repräsentanten des Feindes. Vom Sicherheitsstandpunkt aus war es überdies ein Nachteil, wenn sie sich trennten, zumal sie einen widerstrebenden Gast mitschleppen mußten.
    Sie nahmen ihre kalte Mahlzeit ein, während sie überlegten. Ihr Gast verweigerte die Nahrungsaufnahme, als sie ihn zu drängen versuchten. Schließlich einigten sie sich darauf, daß ihnen kaum eine Wahl blieb.
    »Jetzt hör mal zu, du Arschloch«, sagte Carl freundlich zu dem Gefangenen. »Mein Kollege hier sagt, daß du Englisch sprichst. Es ist sowohl für dich wie für uns wichtig, daß du verstehst, was ich jetzt sage. Du sprichst also Englisch?«
    »Ich verstehe, was du sagst, aber erwarte bloß nicht, daß ich singe«, erwiderte der Gefangene mürrisch.
    »Nein, das tue ich vorerst nicht«, fuhr Carl fort. Er war erleichtert, das Gespräch in Gang gebracht zu haben. »Ich will nur, daß du verstehst, was ich sage. Dein Partner ist tot, und ich habe es allmählich satt, ständig Leute wie dich auf den Fersen zu haben. Wir haben uns deshalb gedacht, daß wir dich an Don Tommaso zurückgeben. Als diplomatische Geste, oder wie man das nennen soll. Was hältst du von dem Vorschlag?«
    Carl und Luigi betrachteten ihren Gefangenen freundlich und amüsiert. Natürlich stimmte es, daß sie versuchen würden, den Killer an Don Tommaso zurückzugeben, obwohl Carl vorsichtshalber nicht gesagt hatte, in welchem Zustand.
    »Mit Don Tommaso treibt man keine Scherze. Er gerät außer sich, wenn man ihm Streiche spielt«, murmelte der Gangster.
    »Ja, ich kann mir schon vorstellen, daß du es nicht für sehr angenehm hältst, dich Don Tommaso erklären zu müssen. Aber mal ehrlich: Das ist doch immer noch besser, als so behandelt zu werden, wie du es mit mir vorhattest? Wir haben ja immer noch die Bombe und sind durchaus in der Lage, mit solchen Dingern umzugehen. Die Bombe könnte euch beispielsweise in eurem Zimmer unter den Händen explodieren. Aber das wäre doch unangenehm? Ist es nicht besser, daß du dich jetzt wie ein lieber Junge verhältst und mitkommst, ohne Widerstand zu leisten?«
    Der Gangster zuckte die Achseln und sah zu Boden. Er erweckte nicht den Eindruck, als ob dies die bessere Alternative für ihn sei.
    Luigi räumte auf, verstaute seine weiße Kellnerjacke und zog sich eine dünne Wildlederjacke an, um Revolver und Schulterholster tragen zu können. Er nickte, als er bereit war.
    Die erste Etappe des Transports führte in Carls Zimmer und erwies sich als völlig problemlos. Carl steckte die unschädlich gemachte Bombe in eine Aktentasche und zog ebenfalls eine Jacke über. Dann ging er den Korridor hinaus zum Personalfahrstuhl und steckte ein Streichholzbriefchen des Hotels in die Türspalte, damit der Fahrstuhl dablieb, kehrte ins Zimmer zurück, trat ans Fenster und blickte auf den Hof hinunter. Dort waren nur zwei Katzen zu sehen. Im übrigen war alles ruhig.
    »Okay, dann versuchen wir es«, sagte er.
    Sie gingen schnell in den Korridor hinaus und begaben sich zum Fahrstuhl. Luigi zog seinen Revolver und hielt ihn in der rechten Hand, den Lauf nach oben gerichtet, während er den Gefangenen mit der linken Hand an den gefesselten Händen packte. Carl drückte den Knopf zum Kellergeschoß. Im Stockwerk darunter sahen sie durch die Glasscheibe einen Kellner, aber als sie an ihm vorbeikamen, sah dieser gerade in eine andere Richtung.
    Kaum hatten sie den Fahrstuhl im Keller verlassen, verschwand er nach oben. Der Kellner würde bald nachkommen.
    Sie hatten keinen Grund, auf eine bessere Lage zu warten, sondern gingen zum Kellerausgang und auf den Hof. Dort mußten sie an einigen Küchenfenstern vorbei. Nicht einmal die Katzen waren mehr zu sehen, aber aus der Küchenregion war immer noch Musik zu hören.
    Sie gelangten ohne Probleme bis zur Hintertür aus grauem Stahlblech. Doch als Carl sie öffnen wollte, erschien aus einer Seitentür eine Frau, die einen großen Wäschekorb hinter sich her zog.
    Sie blieb abrupt stehen, als sie die drei Männer entdeckte, und sah aus, als wollte sie gleich losschreien, legte sich statt dessen aber die Hand auf den Mund, als wollte sie sich demonstrativ oder zumindest instinktiv zum Schweigen bringen.
    Luigi ließ seinen nach oben gerichteten Revolver langsam sinken, richtete ihn auf sie und spannte den Hahn. Carl traute seinen Augen nicht.
    Luigi flüsterte leise etwas auf italienisch. Es endete mit einem »verstanden« oder etwas ähnlichem.

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