Unternehmen Vendetta
Zimmernummer vergessen.
Er erhielt die Auskunft, Colonnello Sandgren habe offenbar in einer eiligen Angelegenheit abreisen müssen, denn er habe das Hotel schon gestern verlassen.
Bingo, dachte Åke Malm, dem sofort und gleichzeitig viele Fragen einfielen. Er fühlte sich wie ein blitzschnell aufgeblasener und fast abhebender Wasserstoffgasballon. Ein schwedischer Militär. Befand sich in Palermo. Im selben Hotel wie Hamilton. Eilige Abreise nach Rom. Entführt und verschwunden.
Rom war nicht der Ort, wo die Fortsetzung zu erwarten war. Dorthin konnten die Kollegen fliegen, je schneller, um so besser.
Der im Grunde selbstverständliche Entschluß hatte im Verlauf des Morgens und der frühen Nachmittagsstunden gute und reichliche Frucht getragen. Erstens hatte man den »Schlächter von Trapani«, einen der berüchtigtsten Berufskiller Siziliens, unten im Hafen im Kofferraum eines Wagens gefunden. Die Leiche wies einige sehr sizilianische Charakteristika auf. Man hatte ihn mit seiner eigenen Pistole erschossen, die man ihm überdies in die Tasche gesteckt hatte. Man hatte ihn gefoltert, seine Geschlechtsteile auf traditionelle Weise abgeschnitten und ihm in den Mund gestopft. Die Fotos waren großartig, doch es war sehr fraglich, ob man solche Bilder zu Hause in Schweden bringen konnte. Auch in Italien war man ein wenig etepetete, was Geschlechtsteile im Mund von Leichen anging, doch ein Mann wie Salvatore Carini hatte bei seinen Nachrufen keinen Respekt zu erwarten.
Der Mann, den offenbar Hamilton denunziert hatte, hatte also die traditionelle Strafe des Verräters erhalten. Wenn Hamilton aber über derart detaillierte Informationen verfügte, mußte dies auch bedeuten, daß er über das, was jetzt im Gange war, genauestens Bescheid wußte. Und da Hamilton sich kaum in Palermo aufhielt, um einen Urlaub zu genießen oder sich gar in irgendwelche sizilianische Gangsterfehden einzumischen, mußte es eine Verbindung zu den Entführungen der Schweden geben. »Die Spannung steigt«, kicherte Åke Malm auf dem Rückweg von der Fotoagentur zum Hotel. Man weiß zwar nicht genau, was passiert, ahnt aber, daß es etwas Großes ist, dachte Åke Malm.
Und schon am Hoteleingang wurde alles noch rätselhafter. Am Hotel war die Hölle los. Überall blitzendes Blaulicht, und die ganze Straße war von Polizeiwagen und Carabinieri abgeriegelt. Er mußte sich zwischen Doppelreihen von Wachposten hindurchdrängen, indem er versicherte, er wohne im Hotel. In der Halle wimmelte es von Uniformen. Er wandte sich schnell an den Empfang und fragte, was geschehen sei, und erhielt die fast resignierte Antwort, man habe schon wieder eine Leiche gefunden, nämlich im vierten Stock. Auch diesmal ein Gangster, der auf rätselhafte Weise ermordet worden sei.
Während er den Portier auszuquetschen versuchte, kam Carl Hamilton mit ein paar Reisetaschen in den Händen die Treppe herunter. Er war von Carabinieri mit Maschinenpistolen in den Händen umgeben. Hamilton schien das recht gelassen hinzunehmen und schlenderte zum Empfang. Er nickte Åke Malm erstaunt zu und bat um seine Rechnung.
»Willst du Palermo verlassen? Weißt du etwas über die neuen Morde?« fragte Åke Malm so eifrig, daß er fast über die schwedischen Wörter stolperte. Die Umgebung sah der unbegreiflichen Unterhaltung erstaunt und mißbilligend zu, als Carl ironisch und fast aufreizend sagte, er habe keineswegs die Absicht, Palermo zu verlassen. Im Hotel sei es ihm jedoch allmählich zu unruhig. Es gebe zu viele Leichen und zu wenig Schlaf.
»Weißt du etwas über den neuen Mord?« beharrte Åke Malm und schaltete sein kleines Tonbandgerät ein.
»Natürlich nicht«, erwiderte Carl und blickte demonstrativ feindselig auf das Aufnahmegerät. »Wie soll ich auseinanderhalten können, welche Mafiosi sich gegenseitig umbringen, statt mich zu töten. Man darf schon dankbar sein, daß sie sich untereinander so sehr streiten, daß sie nie zum Schuß kommen.«
»Du glaubst also, daß sie schon wieder hinter dir her gewesen sind?« folgerte Åke Malm.
»Nein, das glaube ich nicht. Ich weiß es. Aber es ist ihnen auch diesmal wieder nicht gelungen, aber ich kann natürlich nicht sagen, weshalb.«
»Werden die schwedischen Geiseln gerettet werden können?«
versuchte Åke Malm desperat, als Carl gerade seine unterschriebene Hotelrechnung zurückerhielt und sich offenbar bereit machte, mit seiner Eskorte zu gehen.
»Das hoffe ich«, lächelte Carl und war im nächsten Augenblick
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