Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
erneut das Gesicht und den Nacken.
    »Dann lassen Sie mich laut und deutlich folgendes sagen«, fuhr Carl fort und warf gleichzeitig einen Blick auf die leere Villa, in der weder Wachposten noch Heckenschützen zu sehen waren. »Lassen Sie mich folgendes sagen. Ich bin es gewesen, der den Kopf Ihres Patensohns heute nacht in Ihr Bett gelegt hat. Ich bin es gewesen, der dem Wachposten oben auf der Terrasse den Hals durchschnitten hat. Ich bin es gewesen, der die beiden anderen Männer erschossen hat, einen mit zwei Schuß in den Rücken, einen in Brust und Herz, ebenfalls mit zwei Schuß. Ich habe die Musik ausgewählt, also diese Macbeth-Oper von Verdi. Etwas Passenderes konnte ich nicht finden. Nun. Wie man die Sache auch dreht und wendet, kann ich wohl kaum für etwas die Verantwortung übernehmen, was unsere Freunde, die Hüter des Gesetzes und ihre Staatsanwälte, als verbrecherisch ansehen müssen. Folglich kann es nicht sein, daß wir abgehört werden. Sofern Sie dieses Gespräch nicht selbst mitschneiden lassen, um das Band der Polizei zu übergeben.«
    »Das wäre in meinen Augen höchst unpassend und vor allem respektlos«, grunzte Don Tommaso und ließ dabei ein schnelles Lächeln ahnen. »Ich akzeptiere also Ihre Versicherung. Wir haben somit keine Mithörer.«
    »Sehr schön. Dann möchte ich Ihnen unseren Vorschlag unterbreiten«, sagte Carl und breitete die Arme aus, als wollte er einen Tisch decken.
    »Lassen Sie hören«, erwiderte Don Tommaso und stützte das Kinn auf die Hände, die auf seinem Stock ruhten. Er blickte starr geradeaus und sah Carl dabei nicht an.
    »Sie erhalten Ihre Madonna zurück. Das ist schon geschehen. Ich schenke Ihnen das Leben, Don Tommaso, obwohl Sie meinen besten Freund getötet haben. Ihnen bleiben weitere Verluste erspart. Bisher haben Sie einen angemessenen Preis bezahlen müssen, aber wir können ihn für Sie auch unerträglich hoch machen. Wenn wir unsere vier Schweden nicht zurückerhalten.«
    »Und wenn wir nicht auf Ihren Vorschlag eingehen?« sagte Don Tommaso, ohne mit seiner Stimme auch nur eine Andeutung von Begeisterung, Ablehnung oder einem anderen Gefühl zu zeigen.
    »Dann werden wir den Krieg gegen Sie eskalieren lassen. Denken Sie nach, Don Tommaso. Überlegen Sie, daß Sie bisher nur den Anfang erlebt haben. Sie wissen nicht, wie viele wir sind, und Sie wissen auch nicht, wo Sie uns finden können. Sie wissen nur eins: daß die hiesigen Behörden uns gewähren lassen und daß wir in Ihr Schlafzimmer eindringen können, wenn wir wollen. Wir können zu jeder Zeit jedes beliebige Mitglied Ihrer Cosca töten. Wir können es tun, wenn Sie es am wenigsten ahnen. Wir können es aus großer Entfernung oder aus der Nähe tun. Sie können nur eins tun: mich jagen. Doch nach diesem Gespräch werde ich aufhören, für Sie die lebende Zielscheibe zu spielen. Wie ich es sehe, haben Sie kaum eine Wahl, Don Tommaso. Zumindest dann nicht, wenn Sie sich eher von der Vernunft als von Gefühlen lenken lassen.«
    »Sind Sie fertig, Comandante?« fragte Don Tommaso in dem gleichen völlig neutralen Tonfall wie zuvor.
    »Ja«, entgegnete Carl, der sich anstrengen mußte, überzeugend zu klingen. »Das ist mein Vorschlag.«
    Don Tommaso schnaufte vor Anstrengung, als er sich von seiner Ruhestellung auf dem Stock erhob und sich langsam zu Carl umdrehte. Er sah Carl forschend in die Augen, als wollte er sich vergewissern, daß dort nicht mehr zu sehen war, als er gehört hatte.
    »Und wenn wir die Geiseln töten?« fragte er sanft. »Wenn wir die Sache vernünftig betrachten, genau wie Sie vorschlagen, Comandante, könnte man ja etwa folgendes sagen. Das Ganze ist schon zu weit gegangen. Es hat schon zuviel Publizität und Aufregung gegeben, und damit ist das Geschäft unmöglich geworden. Wenn diese verfluchten Raketen von Schweden nach Italien geschickt werden sollen, werden sie bewacht wie die Kronjuwelen und so weiter. Und dann? Wir haben das Geschäft folglich verloren, nicht wahr? Was wäre da logischer, als alles zu beenden, die Geiseln zu vergessen, sie dem weißen Tod zu überantworten? Stellen Sie sich doch nur vor, wie beschwerlich das alles noch wird, Austausch, Übergabe und all das. Also…?«
    Don Tommaso endete, indem er die Arme zu einer fragenden Geste ausbreitete. Carl entschloß sich, den gleichen Gesprächston zu wahren, den er von Anfang an beim Umgang mit Don Tommaso angeschlagen hatte. Er durfte keinen Schritt vor ihm zurückweichen. Schon das wäre eine

Weitere Kostenlose Bücher