Unternehmen Vendetta
inmitten einer Horde schwarzer Uniformen mit roten Revers fast schon durch die Hoteltür verschwunden.
In den folgenden Stunden lief für Åke Malm alles wie am Schnürchen. Er war als einziger schwedischer Journalist in Palermo, da die Konkurrenten, die gestern eingeflogen worden waren, sofort nach Rom gereist waren, um einen Restaurantbesitzer zu interviewen, der natürlich nichts von einem entführten schwedischen Obersten wissen würde.
Und er wurde von der palermitanischen Kriminalpolizei gut und fast übertrieben höflich behandelt, da deren Beamte ebenso wie die meisten anderen Menschen in Italien sich von seinen italienischen Sprachkenntnissen entzückt zeigten.
Insgesamt also keine schlechten Nachrichten. In dem Hotelzimmer im vierten Stock, in dem man nur einen Ermordeten gefunden hatte, hatten sich zwei Personen aufgehalten. Beide waren inzwischen identifiziert worden, da manche Dinge zwischen Palermo und New York blitzschnell geklärt werden konnten. Beide hatten einer der etabliertesten Mafia-Familien in New York angehört, die Geschäftsbeziehungen zu einem gewissen Don Tommaso unterhielt, der in der Nähe von Castellammare del Golfo wohnte.
Der eine von ihnen war also in seinem Hotelzimmer ermordet aufgefunden worden. Der Täter hatte ihn übrigens mit einer schwer begreiflichen artistischen Mordmethode umgebracht, die nicht als typisch sizilianisch gelten konnte.
Der zweite Mann war im Hafen vor Castellammare del Golfo angetrieben worden, also nicht weit von Don Tommasos Residenz entfernt. Ihm hatte der Kopf gefehlt, was schon sizilianischer wirkte. Doch der Grund, weshalb man ihn so schnell hatte identifizieren können, war einfach: Der Hotelzimmerschlüssel steckte noch in seiner Jackentasche.
Es sah also aus wie eine Vendetta zwischen zwei Mafia-Familien, zwischen Don Tommasos Cosca in Castellammare und Gaetano Mazzaras Bande aus Palermo. Es hatte den Anschein, als hätte inzwischen jede Seite zwei Morde zu verbuchen, womit sich die spannende Frage ergab, ob es damit aufhören würde oder ob ein neuer Gangsterkrieg bevorstand. Soviel man wußte, waren gerade die Verbindungen zwischen Mazzara und Don Tommaso bis jetzt sehr gut gewesen. Man hatte sie als Verbündete angesehen, als mögliche Gegenkraft zu den Corleonesen. Doch jetzt war alles möglich. Und ein Mafia-Krieg war etwas ganz Besonderes. Die Polizei brauchte sich nur zurückzulehnen, die Arme auf der Brust zu verschränken und zuzusehen, wie das Ungeziefer sich selbst vernichtete. Im besten Fall konnte es so werden wie vor zehn Jahren, als vierhundert Mafiosi in die ewigen Jagdgründe eingingen, bevor sich der Pulverdampf verzog. Die italienischen Kriminalbeamten schienen angesichts einer solchen Aussicht fast aus dem Häuschen zu sein. Vielleicht war dies auch der Grund dafür, weshalb sie bei Gesprächen mit dem bislang einzigen anwesenden schwedischen Journalisten so hilfsbereit und redselig waren.
Åke Malms großes, alles überschattendes Problem war der Versuch, das zu erhalten, was Journalisten einen schwedischen Blickwinkel nennen. Denn irgendwo inmitten all dieser Turbulenz befand sich ein schwedischer Berufskiller, der sich wahrlich nicht zufällig in Palermo aufhielt und der im übrigen persönlich mindestens zwei der bisher sieben gefallenen Mafiosi erschossen hatte.
Außerdem mußte Hamilton irgendwie mit den schwedischen Entführungen zu tun haben. Und diese Entführungen mußten etwas mit dem beginnenden Mafia-Krieg zu tun haben.
Im Augenblick war nur eins selbstverständlich. Palermo war der richtige Ort, nicht Rom. Und überdies schien es gerade erst angefangen zu haben. Die Frage war jetzt, wohin die Carabinieri Hamilton gebracht hatten?
Carl hatte darauf bestanden, irgendwo in der Stadt zu essen. Erstens war er wirklich an der Reihe, die Gastfreundschaft zu erwidern, zweitens herrschte jetzt vermutlich so etwas wie Waffenruhe, und drittens mußte Flagge gezeigt werden.
Oberst Da Piemonte ließ sich widerwillig überreden. Das dritte Argument überzeugte ihn am meisten, und sie zeigten wirklich reell Flagge, als sie zu dem Restaurant fuhren, das Carl vorgeschlagen hatte. Das Lo Scudiero lag in einer Querstraße neben dem Massimo-Theater. Carl erklärte, weshalb er das Restaurant gewählt habe. Es höre sich an wie das »Scud-Raketen-Restaurant«, und außerdem imponierte ihm das Restaurantschild, ein blau-weiß-roter Wappenschild mit einem Helmschmuck, über dem eine Krone prangte. Das deute darauf hin, daß der
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