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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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stichhaltige Beweise, unabhängige Gerichte, und so weiter. Was Sie da über Demokratie gesagt haben, bietet ideologische Vorteile. Darin bin ich übrigens Ihrer Meinung. Die Nachteile sind sozusagen rein operativ.«
    »Sie geben mir recht?« sagte Da Piemonte und hob erstaunt die Augenbrauen. »Sie sind wirklich meiner Meinung? Dann würden Sie diese Information ja gar nicht brauchen.«
    Er machte eine vielsagende Geste und zeigte auf das Material auf dem Schreibtisch.
    »Die westliche Demokratie scheint manchmal eigentümliche Methoden zu bevorzugen, wenn es gilt, die Überlegenheit des Systems zu beweisen«, sagte Carl düster. Er empfand plötzlich so etwas wie Trauer. Es war kein unkompliziertes Dilemma, mit dem Da Piemonte ihn konfrontiert hatte.
    »Aber«, fuhr Carl fort. »Gangster haben vier schwedische Mitbürger von mir gefangengenommen. Mein Auftrag lautet, sie zu befreien. Die Methoden sollen hinterher andere beurteilen. Ich soll nur das Problem lösen, und wir sind der Lösung des Problems schon recht nahe.«
    »Das ist eine Ausflucht«, bemerkte Da Piemonte trocken.
    »Ich weiß nicht, was Sie von der Auslöschung des Irak halten, um ein Beispiel in etwas größerem Maßstab zu nehmen, aber dabei ging es ja nicht nur um eine rein operative Frage. Wir haben immer die technische Möglichkeit, sie auszurotten, nicht wahr? Stellen Sie die Frage en miniature, und sehen Sie sich dann Ihre eigenen Wahlmöglichkeiten an.«
    »Das ist eine deprimierende Perspektive«, gestand Carl fast beschämt ein. »Ich habe es schon immer für eine Illusion gehalten, daß es möglich sein soll, die Dritte Welt zur Demokratie zu bomben. Die Parallele kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Wenn wir alles losschicken, was wir an Jaguar und F 16, F 18, F 117 und F 14 haben, alle Tornados, Raketenkreuzer, Cobras und alles andere, und es etwa gegen Damaskus oder Tripoli einsetzen, das wahrscheinlich das nächste Ziel sein wird, oder vielleicht Kairo oder ein anderer Ort, der unsere Anforderungen an gute Demokratie nicht erfüllt, werden alle sterben, Schuldige wie Unschuldige, Anhänger wie Oppositionelle, alle. Das Material, das hier auf dem Schreibtisch liegt, betrifft nur Schuldige.«
    Carl spürte, daß seine Argumentation nicht stichhaltig war, und es war dem Gesicht Da Piemonte anzusehen, daß er sich nicht im mindesten überzeugt fühlte.
    »Dann kann ich also annehmen, daß Sie auch für die Todesstrafe sind, Comandante?« fragte Da Piemonte sanft.
    »Nein, natürlich nicht«, seufzte Carl.
    »Auch nicht für kollektive Bestrafungen?« fuhr Da Piemonte unerbittlich fort.
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte Carl mit defensiv gesenkter Stimme.
    »Ich weiß nicht, warum die Führung unserer Streitkräfte so unbeirrt danach strebt, Don Tommaso und seine Bande auszulöschen. Ich weiß nur, daß Sie um jeden Preis diese Informationen erhalten sollten, die jetzt hier auf dem Tisch liegen. Aber wie Sie sehen, entzückt mich die Situation nicht gerade«, stellte Da Piemonte in einem Tonfall fest, der das Ende der Diskussion signalisierte.
    »Nun, dann wollen wir hoffen, daß Don Tommaso sich morgen um zwölf Uhr für die einfache Lösung entscheidet«, sagte Carl und sah zu Boden. Er wußte selbst nicht, was er hoffte oder was er realistischerweise überhaupt hoffen konnte.
    »Dann sollten wir uns jetzt vielleicht den taktischen Überlegungen zuwenden«, fuhr Da Piemonte in einem völlig anderen Gesprächston fort. »Wie haben Sie sich das Ende der Geschichte gedacht?«
    »Ein Gebiet nicht allzu weit von Castellammare entfernt. Weite Felder, weiter Blick. Wagen von zwei Seiten, wir in dem einen, ich und zwei Mitarbeiter, der Mob in dem zweiten. Austausch oder Übergabe, beide Parteien bewaffnet. Unsere Feuerkraft und Präzision dürften absolut überlegen sein. Ungefähr so, nichts Kompliziertes«, faßte Carl schnell zusammen.
    Da Piemonte nickte nachdenklich. Er beschloß, nicht weiter nachzufragen; ob nun die Geiseln gegen Geld getauscht werden würden, worauf das Arrangement unleugbar hindeutete, oder nicht, es war am besten, wenn er nichts davon wußte. Die im Augenblick alles überschattende Frage lautete, wie die Geschichte beendet werden konnte.
    Carl bat für ein paar Stunden um Zugang zu einem Telex und einer Rechenmaschine. Er wolle einen Schlußbericht nach Hause schicken. Er lehnte ein weiteres Zusammentreffen am Abend mit der Erklärung ab, er müsse allein sein und sich auf seine Vorbereitungen

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